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Immobilien: Wohnen in der Wäscherei

Neubauprojekte sind in Schöneberg rar.

In Berlin werden immer mehr Wohnungen gebaut. Doch ausgerechnet an Schöneberg, einem der beliebtesten Stadtteile, geht dieser Trend weitgehend vorbei. Gerade einmal vier Neubau- und Sanierungsprojekte mit zusammen 85 Wohneinheiten hat das Beratungsunternehmen BulwienGesa in einer soeben erschienenen Marktstudie mit dem Titel „Eigentumswohnungsprojekte in den westlichen Innenstadtbezirken von Berlin“ ermittelt – viel weniger als beispielsweise in Kreuzberg (fünf Projekte mit 230 Wohnungen) oder gar Charlottenburg (14 Projekte mit 585 Wohnungen).

Dies liegt jedoch nicht an der fehlenden Attraktivität Schönebergs, wie André Adami, Berliner Niederlassungsleiter von BulwienGesa, sagt: „Die schwache Neubautätigkeit ist dem geringen Flächenangebot geschuldet.“ Dass es in Schöneberg weniger Baulücken als in anderen Teilen der Stadt gibt, bestätigt die Ziegert Bank- und Immobilienconsulting, ein großes Maklerunternehmen, das allein im ersten Quartal dieses Jahres 220 Wohnungen in ganz Berlin verkaufte: Da Projektentwickler in Schöneberg nur wenige Neubauvorhaben realisierten, konzentriere man sich bei der Vermarktung auf Bestandsentwicklungen, sagt Unternehmenssprecher André Schlüter.

In der Eisenacher Straße 56 zum Beispiel entstehen derzeit 15 Wohnlofts in einem ehemaligen Waschhaus – echte Lofts mit Wohnflächen zwischen 194 und 240 Quadratmetern und vier Meter Deckenhöhe. Obwohl so bei Quadratmeterpreisen zwischen 2150 und 3450 Euro ganz erhebliche Summen zusammenkommen, sind die Einheiten alle vergeben. Und wer leistet sich diese Wohnform? Genau: „Kreative, Theaterleute, Professoren“, wie Schlüter sagt. Auch ein Käufer aus London sei dabei.

Ähnlich teuer sind mit einem Durchschnittspreis von 3800 Euro pro Quadratmeter die 33 Eigentumswohnungen, die die Bauwert Investment Group in einem Neubau in der Vorbergstraße 4 errichtet. Hier gibt es im Unterschied zum ehemaligen Waschhaus noch freie Wohnungen - doch immerhin waren im März dieses Jahres und damit über ein Jahr vor der für Sommer 2013 angekündigten Fertigstellung schon zwei Drittel der Einheiten verkauft. "Der Großteil der Käufer stammt aus dem Bezirk oder gar aus dem Akazienkiez selbst", berichtet Bauwert-Sprecher Henning Hausmann. Darunter seien viele junge Familien, die Wohnungen mit zweieinhalb bis dreieinhalb Zimmern suchten. Und warum fühlen sich diese im Kiez wohl? "Schöneberg", antwortet Hausmann, "ist ein sehr lebendiger Ortsteil mit zahlreichen Geschäften und guter Infrastruktur, bietet aber auch ruhigen Lebensraum."

Kein Wunder, dass Projektentwickler nach weiteren Möglichkeiten suchen, die Nachfrage zu befriedigen. André Adami von BulwienGesa weiß von zwei großen Bauvorhaben, die in Vorbereitung sind: Am ehemaligen Lokdepot an der Bezirksgrenze zu Kreuzberg sowie am Barbarossaplatz sollen zusammen rund 300 Wohnungen entstehen. Allerdings werden beide Projekte von Anwohnerinitiativen heftig bekämpft. ch

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