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Wirtschaft: In Deutschland, Frankreich und Italien wird zu schleppend dereguliert

Deutschland, Frankreich und Italien gehören in der Arbeitsmarktpolitik zu den schlechten Schülern der OECD. Gute Noten erhalten demgegenüber die Niederlande und Irland.

Deutschland, Frankreich und Italien gehören in der Arbeitsmarktpolitik zu den schlechten Schülern der OECD. Gute Noten erhalten demgegenüber die Niederlande und Irland. Dies geht aus einer Arbeitsmarktstudie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in Paris hervor. Am besten hätten jene Länder abgeschnitten, die Arbeitsmarktreformen mit einer stabilitäts- und wachstumsorientierten Wirtschaftspolitik kombiniert haben, konstatieren die OECD-Experten.

"Ein Cocktail verschiedener Maßnahmen an mehreren Fronten verspricht den größten Erfolg", sagte OECD-Chefökonom Ignazio Visco zu den Ergebnissen der Studie. Allerdings dürfe man keine Wunder erwarten: "Die nötigen Reformen brauchen Zeit." Den größten Erfolg am Arbeitsmarkt feierten derzeit jene Länder, die Reformen schon in den 80er Jahren eingeleitet hätten. Als Beispiele nennt der OECD-Report England, Dänemark, Irland und die Niederlande. Allerdings hätten auch Nachzügler wie Deutschland gute Chancen, "es in Zukunft zu schaffen".

Den größten Erfolg bescheinigt sich freilich die OECD selbst: Die 1992 vom Club der reichsten Industrienationen lancierte "Strategie für Beschäftigung" habe sich als richtig erwiesen. Jene Länder, die bei der Umsetzung der OECD-Strategie am weitesten gegangen sind, hätten auch eine "spürbare Verbesserung am Arbeitsmarkt" verzeichnet. Unter anderem hatte die OECD ihren 29 Mitgliedern flexiblere Arbeitszeiten, eine Lockerung des Kündigungsschutzes, Kürzungen beim Arbeitslosengeld und die steuerliche Entlastung von Niederiglohngruppen empfohlen.

In Deutschland wurden die Reformen zu rund 40 Prozent umgesetzt, heißt es in der OECD-Studie. Frankreich setzte nur 20 Prozent der länderspezifischen Arbeitsmarkt-Empfehlungen um und die USA sogar weniger als zehn Prozent. Dennoch konnten die USA die größten Erfolge auf dem Arbeitsmarkt verzeichnen, und auch Frankreich steht seit zwei Jahren besser da als Deutschland. Auf diesen Widerspruch gehen die OECD-Experten in ihrer Studie freilich nur unzureichend ein. In einer Fußnote heißt es lediglich, die Vereinigten Staaten seien aus der Betrachtung ausgeklammert worden, da sie sehr wenige Reformempfehlungen erhalten hätten.

Kritiker halten der OECD schon lange vor, dass ihre Empfehlungen sich zu stark am US-Modell orientieren und letztlich auf eine ungezügelte Liberalierung des Arbeitsmarkts und eine Entrechtung der Arbeitnehmer herauslaufen. Zwar hatte die OECD ihre Position in einem im Juni vorgelegten Bericht modifiziert. Flexibilisierung und Deregulierung reichten nicht aus, hieß es nun, einer aktiven Arbeitsmarktpolitik komme "entscheidende Bedeutung" zu. Selbst der bisher verpönte Mindestlohn wurde rehabilitiert, nachdem er auch in England eingeführt worden war. Kurz darauf kehrte die OECD aber wieder zu ihren ursprünglichen liberalen Positionen zurück - wenn auch mit Nuancen: So wird Deutschland im jüngsten Report ausdrücklich für sein duales Ausbildungssystem und die niedrige Jugendarbeitslosigkeit gelobt.

Auch mit der Senkung des Arbeitslosengeldes und der Förderung der Zeit- und Leiharbeit in der Bundesrepublik sind die OECD-Experten durchaus zufrieden. Negativ wird hingegen der Anstieg der strukturellen Arbeitslosigkeit vermerkt. Zwar sei dies zum Teil auf die Wiedervereinigung zurückzuführen, so die OECD, doch die Lage am deutschen Arbeitsmarkt sei insgesamt eher "mittelmäßig".

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