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Wirtschaft: Industrie dringt auf Sonderpreise beim Strom

Auch private Verbraucher können verhandeln

Berlin – Die deutsche Industrie schlägt Alarm. Während in Frankreich und Spanien an Modellen gearbeitet wird, die Strompreise, insbesondere für verbrauchsintensive Industriebereiche, zu verringern, kommt man in Deutschland nicht recht voran.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hat mehrfach darauf hingewiesen, dass nur Industriebetriebe in Italien und Irland höhere Strompreise als die deutschen Mitbewerber zahlen müssten. Betroffen sind vor allem die Chemieindustrie, aber auch die Stahl- und die Zementhersteller. Sie fürchten um ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit.

Verhandlungen mit den großen Stromkonzernen laufen, bestätigte jetzt der BDI. Die industriellen Abnehmer wollen Einkaufskartelle bilden, die mit den Stromlieferanten langfristige Versorgungsverträge schließen. Der Preis für die Kilowattstunde Strom soll künftig für diese „Einkaufsgenossenschaften“ zehn bis 20 Prozent geringer sein als beispielsweise die Notierung an der Strombörse in Leipzig.

Der BDI vermittelt. Ob man jedoch wie angestrebt noch bis zum Jahresende zu einem Ergebnis kommt, ist offen.

Beim Verband der Elektrizitätswirtschaft (VDEW), der an den Gesprächen nicht beteiligt ist, sieht man sich zu Unrecht an den Pranger gestellt. Der Strom für die Industrie sei heute nur rund zwei Prozent teurer als 1998, und Deutschland liege bei den Preisen im europäischen Mittelfeld, sagt der VDEW. Zudem verweist der VDEW auf den hohen Anteil der staatlich bedingten Mehrkosten. Dieser Anteil (ohne Stromsteuer) sei von zwei Prozent im Jahr 1998 auf jetzt rund neun Prozent gestiegen. Auch einer der größten Stromerzeuger, Vattenfall, argumentiert so. In Zeitungsanzeigen verweist der Konzern darauf, dass beim Haushaltsstrom 1998 rund 23 Prozent des Preises durch Steuern und Abgaben bestimmt wurden, heute seien es bereits 43 Prozent. Doch, auch dies räumen der VDEW und Vattenfall ein, für Großverbraucher gibt es bereits heute Sonderregelungen. Zu den laufenden Gesprächen mit der Industrie will sich ein Sprecher von Vattenfall allerdings nicht äußern.

Doch die Stromkonzerne geraten auch von anderer Seite unter Druck. Auch die privaten Haushalte fühlen sich „abgezockt“ und mobilisieren die Politiker. So hatte beispielsweise Hessens Wirtschaftsminister Alois Rhiel (CDU) allen hessischen Stromanbietern für dieses Jahr Preiserhöhungen verboten. Für das kommende Jahr werde er Erhöhungen von etwa vier Prozent der Nettopreise genehmigen müssen, befürchtet Rhiel.

Verbraucherschützer warnen vor der Gefahr, dass statt der Industrie die privaten Haushalte den Stromerzeugern die Gewinne bringen sollen. Auch Private sollten gegebenenfalls den Anbieter wechseln und Einkaufsgemeinschaften gründen, rät Holger Krawinkel vom Bundesverband der Verbraucherzentralen. Sein Verband werde solche Gemeinschaften sicherlich auch unterstützen. Denkbar sei, dass sich beispielsweise Mieter eines Hauses zusammenschlössen. dr

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