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Wirtschaft: Infineon gibt Produktionsstandort München auf

Chipwerk mit 800 Mitarbeitern soll geschlossen werden – ohne betriebsbedingte Kündigungen wird das nicht gehen

München - Der Chiphersteller Infineon wird seinen Produktionsstandort in München aufgeben. Bis Anfang 2007 soll die Produktion am Konzernsitz München beendet werden, teilte Infineon am Mittwoch nach einer außerordentlichen Aufsichtsratssitzung mit. Von der Werkschließung sind mindestens 800 Mitarbeiter betroffen. „Betriebsbedingte Kündigungen können aus heutiger Sicht nicht vermieden werden“, sagte ein Konzernsprecher. Man bemühe sich aber um sozialverträgliche Lösungen.

Infineon begründete die Werksschließung mit veralteten Produktionstechnologien am Standort München-Perlach. Außerdem sei die Nachfrage nach den dort gefertigten Spezial-Chips für die Telekommunikation und die Autoindustrie gesunken. In München werden noch Silizium-Scheiben, so genannte Wafer, mit einem Umfang von 150 Millimetern verarbeitet. Die Chipindustrie stellt aber mittlerweile schon auf die übernächste Generation von 300-Millimeter-Wafern um. Um den Standort an die veränderten internationalen Bedingungen anzupassen, wären hohe Investitionen erforderlich gewesen, die Infineon aber nicht tragen wollte, hieß es. Deshalb laufe die Produktion nun aus. Teile würden an die Standorte im bayerischen Regensburg und ins österreichische Villach verlagert.

Mit der Werksschließung will der neue InfineonVorstandschef Wolfgang Ziebart Kosten sparen. Die IG Metall kritisierte, in den vergangenen Jahren habe Infineon die Investitionen in München-Perlach systematisch heruntergefahren, während gleichzeitig in den USA und Malaysia Milliarden Euro investiert worden seien. In jedem Fall hätten für die Konzernspitze bei der Münchener Werksschließung „Arbeitsbedingungen und das deutsche Lohnniveau keine Rolle“ gespielt. Analyst Bernd Laux von der französischen Investmentgesellschaft Cheuvreux sagte zur Entscheidung der Infineon-Spitze: „Für mich kommt das nicht überraschend. Ich glaube, dass das nicht der letzte Schritt gewesen ist“. Bei Infineon sind in den vergangenen Jahren bereits Tausende von Arbeitsplätzen abgebaut worden. Ziebart hat im Januar angekündigt, den Sparkurs zu verschärfen, um den Konzern für die Halbleiterkrise zu rüsten. Das moderne Werk in Dresden, für das Infineon 300 Millionen Euro staatliche Beihilfen erhalten hat, wird aber weiter ausgebaut.

Ziebart, der im vergangenen Herbst sein Amt angetreten hat, will bei Infineon verstärkt auf Rendite achten und im laufenden Geschäftsjahr die Fixkosten um 200 Millionen Euro senken. Unprofitable Nebenbereiche wie etwa das Venture-Capital-Geschäft werden geschlossen oder abgestoßen. Das Glasfaser-Geschäft etwa wird an die US-Firma Finisar verkauft. Ziebart hatte auf der Hauptversammlung im Januar angekündigt, im Zuge der Sanierung dieses defizitären Teilbereichs auch Produktionsstandorte in München, Berlin und in Longmont(USA) schließen zu wollen.

Nicole Huss, HB

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