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Wirtschaft: Insolvenz: Immer mehr Privatleute melden Konkurs an

Die Zahl der Pleiten ist nach Inkrafttreten der neuen Insolvenzordnung deutlich gestiegen. Das Statistische Bundesamt zählte im ersten Halbjahr 2000 rund 19 500 Insolvenzfälle, rund 25 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.

Die Zahl der Pleiten ist nach Inkrafttreten der neuen Insolvenzordnung deutlich gestiegen. Das Statistische Bundesamt zählte im ersten Halbjahr 2000 rund 19 500 Insolvenzfälle, rund 25 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Der Anstieg sei vor allem darauf zurückzuführen, dass nach neuem Recht auch Privatleute Konkurs anmelden können. Verbraucherverbände forderten Nachbesserungen der erst vor 22 Monaten in Kraft getreteten Insolvenzordnung. Die Prozesskosten seien zu hoch, das Verfahren zu kompliziert.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wird inzwischen jede vierte Insolvenz von Privathaushalten beantragt. Rund 13 500 der insgesamt 19 500 Insolvenzfälle entfällt auf Unternehmen, das sind rund fünf Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Die Zahlen beruhen nach Angaben der Statistiker auf Schätzungen, da bislang nur 13 der 16 Bundesländer Angaben gemacht hätten. Aufgrund der neu geschaffenen Möglichkeit der Verbraucherinsolvenzen seien die Zahlen zudem nur begrenzt vergleichbar.

Der Anteil der Insolvenzen, die wegen ungedeckter Verfahrenskosten nicht eröffnet werden konnten, ist im ersten Halbjahr 2000 im Vergleich zu Vorjahreszeiträume zurückgegangen. Dies war eines der Ziele des am 1.1.1999 in Kraft getreteten Insolvenzrechts gewesen. In den ersten sechs Monaten 1998 mussten noch drei Viertel der Verfahren mangels Masse abgewiesen werden. Im ersten Halbjahr 2000 lag der Anteil nur noch bei 61 Prozent.

Die Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände (AgV) in Bonn hält weitere Nachbesserungen bei den Verbraucherinsolvenzen für unerlässlich. "Das Verfahren insgesamt ist noch zu kompliziert", sagte AgV-Sprecherin Helga Kuhn. Schuldner seien gezwungen, professionelle Hilfe in Anspruch nehmen, um Konkurs anmelden zu können. Schuldnerberatungsstellen seien aber "hoffnungslos überlastet", Wartezeiten bis zu einem Jahr keine Seltenheit. Eine weitere Schwachstelle der geltenden Insolvenzordnung seien die hohen Verfahrenskosten. Das Gesetz schreibt für alle Insolvenzverfahren vor, dass Anträge abgewiesen werden, wenn die Verfahrenskosten nicht vom vorhandenen Vermögen des Schuldners gedeckt werden können. Die Verbraucherschützerin forderte den Gesetzgeber auf, jedem Schuldner einen gesetzlichen Anspruch auf Prozesskostenhilfe einzuräumen. Bisher lehnten die Länder diese Forderung ab, weil sie zu hohe Kosten befürchteten.

Das Bundesjustizministerium hat bereits Reformbereitschaft signalisiert und im August einen Referentenentwurf zur Änderung der Insolvenzordnung vorgelegt. Danach kann das Gericht die Verfahrenskosten stunden, wenn das Vermögen des Schuldners voraussichtlich nicht ausreicht, um die Verfahrenskosten abzudecken. Die Stundung soll auch völlig mittellosen Personen den Zugang zum Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnen. Darüberhinaus will das Bundesjustizministerium das komplizierte Verfahren entschlacken. Künftig soll es ausreichen, wenn Schuldner 20 Gläubiger benennen. Nach geltendem Recht müssen sie alle Gläubiger auflisten.

Der Referentenentwurf wird zurzeit in den Ländern diskutiert. Ein Gesetzentwurf wird im kommenden Frühjahr erwartet.

pet

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