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Wirtschaft: Jeder zweiten Bankfiliale droht die Schließung

Kreditinstitute erwarten höchstens 0,75 Prozent Wachstum

Berlin (dr). Tief greifende Veränderungen in der deutschen Bankenlandschaft hat der Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken, Rolf E. Breuer, angekündigt. In fünf bis zehn Jahren werde es rund die Hälfte weniger Filialen geben, sagte Breuer am Montag vor der Presse in Berlin. Parallel dazu stehe der deutschen Kreditwirtschaft ein weiterer Personalabbau bevor.

Es komme jetzt in erster Linie darauf an, dass die Banken wieder Geld verdienten. Die Kosten müssten gesenkt, die Ertragssituation müsste verbessert werden, sagte Breuer weiter. Der Bankenpräsident räumte ein, dass es das private Bankgewerbe in den guten Jahren versäumt habe, den Strukturwandel entschlossen einzuleiten.

In Deutschland vollziehe sich damit nur eine Entwicklung, wie sie in den Nachbarländern bereits im Gange sei, und er habe nicht den Eindruck, dass die Menschen dort mit Banken oder Bahndienstleistungen unterversorgt seien. Zwar hätten alle drei Bankengruppen in Deutschland – vor allem Sparkassen und Genossenschaftsbanken – ihre Filialnetze spürbar ausgedünnt. Dennoch: Im internationalen Vergleich sei der deutsche Bankenmarkt nachwievor hoffnungslos overbanked. Derzeit kommen laut Bankenverband 1600 Bürger auf jede Filiale. Im EUSchnitt seien es aber rund 2500. Wünschenswert sei für Deutschland ein Verhältnis von 3000 bis 3500 Bürgern pro Filiale.

Breuer beruhigte aber auch die Sparer. „Niemand verliert seine Einlagen. Niemand muss um sein Sparguthaben fürchten.“ Der Bankenverband sehe die Kreditinstitute nicht akut in der Krise. Die privaten Banken seien fähig, aus eigener Kraft Not leidenden Instituten aus dem eigenen Sektor zu helfen.

Breuer forderte, privaten Investoren die Möglichkeit zu eröffnen, sich gleichberechtigt und ohne Einschränkungen an Sparkassen und Landesbanken zu beteiligen. Gleiches sollte auch für Kooperationen über die Institutsgruppen hinweg gelten. Es wäre fatal, wenn es nicht gelingen würde, die starren Grenzen innerhalb der deutschen Kreditwirtschaft endlich aufzubrechen. Die europäischen Nachbarn seien Deutschland auch in dieser Frage deutlich voraus. In Italien beispielsweise spiele die Aufteilung der Bankwirtschaft in Sektoren keine Rolle mehr. Ähnliche Entwicklungen seien auch in Frankreich und Spanien zu beobachten. Damit seien diese Länder besser gerüstet als Deutschland.

Nicht nur die Konsolidierung im deutschen Bankgewerbe ist nach den Worten Breuers nur mit Unterstützung der Politik möglich. Der Bankenpräsident forderte die Regierung auf, nicht wie im vergangenen Jahr viel zu spät auf die Wachstumsflaute zu reagieren. Bei seiner Reformrede sei Schröder einen „klaren Kurs für die Zukunft“ schuldig geblieben. Die Gewerbesteuer müsse abgeschafft und eine andere Form der Gemeindefinanzierung eingeführt werden. Bei der geplanten Abgeltungssteuer appellierte Breuer an die Regierung, auf die „überflüssigen Kontrollmitteilungen zu verzichten“.

Die Wachstumsaussichten für Deutschland beurteilt der Bankenverband deutlich pessimistischer als die Bundesregierung. Für das laufende Jahr hält er lediglich eine Wachstumsrate von 0,5 bis 0,75 Prozent für erreichbar. Die Regierung rechnet mit einem Wachstum von einem Prozent. Zudem rechnet der Verband mit deutlich über 4,3 Millionen Arbeitslosen im Jahresdurchschnitt 2003. Das sind rund 150000 mehr, als die Bundesregierung veranschlagt hat. Die Weltwirtschaft wird sich laut Verband auch im Fall einer schnellen Überwindung des Irak-Konflikts in diesem Jahr nur wenig erholen.

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