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Kapitalmarkt: "Tiefgreifende Verwerfungen"

Die Europäische Zentralbank warnt vor neuen Milliarden-Risiken bei Krediten für Finanzinvestoren.

Frankfurt am Main - Mit kräftigen Geldspritze haben die Zentralbanken den Banken vorübergehend aus der Patsche geholfen. Während das Problem längst nicht ausgestanden ist, warnen die Experten der EZB bereits vor dem nächsten gravierenden Problem – bei durch Kredite finanzierte Übernahmen von Unternehmen. Auch hier werden wie am Hypothekenmarkt Kredite neu verpackt und weiter verkauft. Die mit fremden Geld finanzierten Übernahmen – im Bankerterminus so genannte Leveraged Buy Outs (LBO) – die vor allem von Private Equity-Fonds praktiziert werden, hatten nach Angaben der EZB 2006 weltweit ein Volumen von mehr als 650 Milliarden Dollar, rund ein Drittel davon in Europa. Kritischer Punkt ist nach Auffassung der EZB, dass solche Übernahmen immer mehr über Kredite finanziert werden. Bei großen Geschäften in Europa liege der Anteil des Eigenkapitals oft nur noch bei 20 Prozent, der Rest werde über Kredite aufgebracht. Mit anderen Worten: Die Käufer können ein immer größeres Rad drehen.

Das Geld für die Kredite kommt von den Banken. Die direkten Risiken für die Institute seien aber überschaubar, weil auch sie die Kredite wie im Hypothekengeschäft verbriefen und weiterverkaufen. Genau da beginnen aber die ernsthaften Sorgen der EZB. Es bleibe „sehr intransparent, von wem die weitergereichten Kreditrisiken aus LBO-Transaktionen letztlich gehalten werden“, schreiben die Währungshüter im jüngsten Monatsbericht. Die Banken fordern sie auf, auch bei einem Verkauf der Kredite, Aktivitäten und Bonität der Kreditnehmer und der Käufer der Forderungen laufend zu überwachen. Es gebe, so die EZB, in jedem Falle Ähnlichkeiten mit dem Markt für zweitrangige Hypotheken (Subprime) in den USA. Da der Wettbewerb unter den Banken bei LBO-Finanzierungen sehr scharf sei, „könnten die Kreditvergabestandards aufgeweicht werden“, warnt die EZB. Die Währungshüter jedenfalls fragen sich, ob betroffene Banken im Fall einer Krise über ausreichende finanzielle Puffer verfügten und damit „tief greifende Verwerfungen“ an den Finanzmärkte wirklich auszuschließen sind.

Ähnliche Hinweise hatte es im Frühjahr bereits von der Bank of England, aber auch aus den Geschäftsbanken selbst gegeben. Heike Munro, Expertin der Deutschen Bank für Kredithandel in London, hatte Ende April von einer „neuen Blase“ gesprochen. Sie führte dafür unter anderem die sehr einfache Kapitalaufnahme an, die rasant steigende Zahl von Hedgefonds und die große Liquidität von mehreren hundert Milliarden Euro an, die dort und bei Private Equity-Gesellschaften für Übernahmen zur Verfügung stünden.

Doch die inzwischen stockende Kreditfinanzierung, anziehende Zinsen und der wachsende Wettbewerb mit industriellen Käufern verderben den Finanzinvestoren zunehmend die Laune. Das „German Private Equity Barometer“ ist im zweiten Quartal gesunken und bewege sich jetzt etwa 20 Punkte unter seinem historischen Höchststand Ende 2006, teilten die KfW Bankengruppe und der Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK) am Montag mit. Damit hat die Branche ihren Zenit überschritten. Zuletzt hatten die Fonds von Blackstone, Goldman Sachs und Kohlberg, Kravis, Roberts (KKR) von ihren institutionellen Geldgebern hohe zweistellige Milliardenbeträge eingesammelt. Jetzt herrscht Flaute, und es wird wohl noch schlechter werden. ro/HB

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