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KARRIERE Frage: An Anja Mengel Fachanwältin für Arbeitsrecht

Kann mein Gehalt gekürzt werden?

Als Grafikdesigner arbeite ich in einer Medienagentur, die in den vergangenen zwei Jahren deutlich weniger Umsatz gemacht hat. Jetzt habe ich gehört, dass mein Chef bald weniger Gehalt zahlen will, um die Firma vor einer Krise zu bewahren. Hat er dazu das Recht?

Grundsätzlich nein, aber die Antwort bedarf der Analyse des Einzelfalls. Die Gehaltsvereinbarung gehört zu den Kernfragen des Arbeitsverhältnisses und als Hauptleistungspflicht des Arbeitsgebers zu den wenig flexiblen Regelungsbereichen des Arbeitsrechts. Daher kann der Arbeitgeber eine arbeitsvertragliche Vergütungsregel nicht einseitig ändern. Auch eine Änderungskündigung des Arbeitgebers zur Reduzierung des Gehalts ist praktisch nie wirksam.

Auch wenn Unternehmen Flexibilisierungsklauseln zu Vergütungsleistungen entwickelt haben, zum Beispiel Freiwilligkeitsvorbehalte zu Sonderzahlungen oder Widerrufsvorbehalte zu Zulagen, können diese nicht für die laufenden Gehälter eingesetzt werden: Für die monatlichen Festgehälter ist auch in Krisenzeiten eine Kürzung nur dann denkbar, wenn es tarifvertragliche Vereinbarungen zur Flexibilisierung von Gehältern gibt. Diese Vereinbarungen erstrecken sich aber in der Praxis vor allem darauf, Öffnungsklauseln für Betriebsvereinbarungen zu Sanierungszwecken zu schaffen.

Um Krisen zu bewältigen, sind auch die in den letzten Jahren weit verbreiteten Betriebsvereinbarungen zur Kurzarbeit denkbar, die sich aber wie sonstige „Sanierungsvereinbarungen“ auf eine vorübergehende Gehaltsreduzierung, bei der Kurzarbeit vorrangig auch auf verkürzte Wochenarbeitszeit, richten.

Eine Verkürzung der Vergütung ist aber fast immer nur mit Zustimmung der Arbeitnehmer oder der Beteiligung der Arbeitnehmervertreter zulässig. Ausnahmen kann es selten dort geben, wo der Arbeitsvertrag sehr vorausschauend bereits eine Sanierungsklausel enthält, die die vorübergehende Absenkung der Arbeitszeit und/oder der Vergütung erlaubt. Um wirksam zu sein und der arbeitsgerichtlichen Inhaltskontrolle standzuhalten, müssen diese Klauseln aber an bestimmte konkrete Krisenvoraussetzungen anknüpfen und dürfen auch nur die zeitlich befristete Reduzierung vorsehen.

Im Zweifel müssen Arbeitgeber daher mit den Arbeitnehmern zu deren Sanierungsbeiträgen verhandeln. Droht eine Insolvenz oder Betriebsschließung, kann die Gehaltskürzung das kleinere Übel sein und (theoretisch) auch eine Änderungskündigung wirksam sein. Daher haben sich für viele Unternehmen in den letzten Jahren derartige Verhandlungen auch als sinnvoll erwiesen. Foto: Promo

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An Anja Mengel

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