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Jobs & Karriere: Banker werden, nein danke?

Die angeschlagenen Kreditinstitute suchen wieder Nachwuchs – vor allem Akademiker

Solide, seriös und sicher. Das Image genossen deutsche Banken lange Jahre. Jetzt aber scheinen Pleiten, Pech und Pannen die Branche treffender zu charakterisieren. Immobilienblase, faule Kredite, insolvente Geldinstitute. Allein die Deutsche Bank und die Commerzbank verbuchten Verluste in Milliardenhöhe. Da stellt sich Berufseinsteigern die Frage, ob eine Karriere in der Finanzbranche – im wahrsten Sinne des Wortes – noch eine sichere Bank ist.

„Viele Interessenten für eine Bankausbildung sind durch die Situation verunsichert“, sagt Bernd Romann. Er ist Leiter des Berliner Oberstufenzentrums Banken und Versicherungen (OSZ), der einzigen Berufsschule Berlins, wo sich Azubis von Banken zum Bankkaufmann, Versicherungskaufmann oder Betriebswirt qualifizieren können. Bisher waren es in der Regel zwei bis drei Prozent der Bewerber, die nach dem Einstellungsverfahren einen Ausbildungsvertrag bei einer Bank ablehnten. In diesem Jahr wurde jedes fünfte Angebot nicht angenommen, erklärt der Schulleiter.

Dabei ist die große Jobkrise inzwischen vorbei. Laut einer Statistik der Bundesbank musste seit Beginn des Jahrtausends etwa jeder zehnte Mitarbeiter eines deutschen Kreditinstitutes seinen Arbeitsplatz räumen. Nach einer Konsolidierungsphase stocken nun aber viele Institute ihren Mitarbeiterstamm wieder auf, sagt Carsten Rogge-Strang vom Arbeitgeberverband Banken. Etwa jedes fünfte Kreditinstitut will in das Filialnetz investieren, heißt es in einem Branchenreport der internationalen Unternehmensberatung Steria Mummert Consulting.

„Wir stellen 2009 so viele Nachwuchskräfte ein wie nie zuvor“, bestätigt Marion Dreßler von der Deutsche Bank den positiven Trend. Das Kreditinstitut will im kommenden Jahr 250 Hochschulabsolventen rekrutieren, ein Viertel mehr als in diesem Jahr. Bis 2012 sollen 150 neue Filialen eröffnen und 1200 Stellen für Kundenberater geschaffen werden. Auch die Postbank Gruppe sucht Nachwuchs: „Wir übernehmen jeden Auszubildenen des Prüfungsjahrgangs 2009“, sagt Pressesprecher Hartmut Schlegel. Vor drei Jahren erhielt nur jeder zweite Azubi eine Stelle. Ebenso die Commerzbank, obwohl dort durch den Zusammenschluss mit der Dresdner Bank in Deutschland 6500 Jobs wegfallen.

„Allgemein gilt: verstärkt werden Akademiker gebraucht. Aber die Ausbildung zum Bankkaufmann eröffnet immer noch gute Chancen“, sagt Dirk W. Rudolph von der Frankfurt School of Finance and Management.

Hochschulabsolventen starten ihre Karriere häufig als Trainee. Alle Banken bieten solche im Schnitt etwa ein Jahr dauernden Programme an. Die Einsteiger spezialisieren sich etwa auf Risikomanagement. Das heißt, sie schätzen Risiken von Investitionen ab, erklärt Romann vom OSZ. „Bevor die Bank einen Kredit vergibt, will sie sichergehen, dass eine Fabrik nicht gerade in einem Erdbebengebiet gebaut wird“, erläutert er das Fachgebiet, in dem auch Hochschulexoten wie Bergbauingenieure Chancen haben. Trainees haben die Wahl, sich auf die Betreuung von privaten und Geschäftskunden zu konzentrieren, auf „Investment Banking“ oder die Analyse von Finanz- und Kapitalmärkten.

Personalchefs schätzen Bewerber, die bereits Erfahrungen im Unternehmen gesammelt haben, zum Beispiel über ein Praktikum. Gut positioniert sich auch, wer seine Diplom-, Bachelor- oder Masterarbeit auf die Praxis orientiert und bei einem Finanzinstitut schreibt. „Wir coachen Ihre Arbeit“, wirbt etwa die Commerzbank. Dort haben Studenten auch die Option, neben der Uni bei der Bank zu arbeiten und dadurch die Traineezeit zu verkürzen.

Optimale Voraussetzungen für eine Karriere bei der Bank bringen vor allem Betriebs- und Volkswirtschaftler mit Talent zur immer wichtigeren Kundenbetreuung mit. Oder Mathematiker und Informatiker mit Schwerpunkt Wirtschaft. Aber nicht nur. „Bei uns können auch Natur- oder Geisteswissenschaftler erfolgreich sein“, sagt die Deutsche Bank-Expertin Dreßler. Fremdsprachenkenntnisse sind in dem international agierenden Unternehmen inzwischen ein Muss.

Aber auch mit abgeschlossener Banklehre stehen die Türen zu einer Karriere weit offen. „Ich rate allen Auszubildenen: Macht eure Lehre zu Ende. Dann habt ihr eine erstklassige kaufmännische Grundausbildung“, sagt Schulleiter Romann vom OSZ. Gute Perspektiven gebe es nicht nur bei den Banken, sondern zum Beispiel auch bei Finanzberatungsunternehmen, die unabhängig von Kreditinstituten Ratschläge zur Absicherung im Alter oder der Finanzierung eines Hauses geben. Außerdem ist eine kaufmännische Ausbildung für viele Weiterbildungen oder Aufbaustudiengänge Voraussetzung.

Was die Verdienstmöglichkeiten angeht, gilt generell: Je höher der Einfluss eines Mitarbeiters auf den Geschäftserfolg ist, desto höher ist das Gehalt. So verdient ein Firmenkundenberater mehr als ein Kassierer. Einen Überblick gibt etwa die Gehalts-Analyse der Karriereportale jobpilot.de und monster.de. Demnach verdient ein Trainee im Bankgewerbe im Durchschnitt ein Brutto-Jahresgehalt von 32 302 Euro, ein Angestellter ohne Leitungsfunktion 43 282 Euro und ein Abteilungsleiter 69 260 Euro. Dazu kommen leistungsabhängige Boni. Damit verdient man in der Branche mehr als der Durchschnitt der Beschäftigten.

„Langfristig gehört die Finanzdienstleistungsindustrie zu den wachsenden Branchen“, gibt sich Dirk W. Rudolph von der Frankfurt School of Finance and Management optimistisch. Flexibilität ist allerdings gefragt: Berufsanfänger müssten sich darauf einstellen, mehrmals im Leben den Arbeitgeber zu wechseln.

Annette Leyssner

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