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Welche Berufe es gibt: Kino machen

Was Schauspieler und Regisseure treiben, ist oft bekannt. Aber was steckt eigentlich hinter den vielen Jobtiteln, die im Abspann eines Films auftauchen? Das Team des Berlinale-Streifens „Die Helden aus der Nachbarschaft“ berichtet.

Wenn „Die Helden aus der Nachbarschaft“ demnächst auf der Berlinale Premiere feiert, wird Nikolai Hartmann nicht über den Roten Teppich schreiten, obwohl er monatelang an dem Film gearbeitet hat. Hartmann ist Cutter und hat die einzelnen Szenen zum Film zusammengeschnitten. Sein Name wird dafür im Abspann auftauchen, in der langen Liste, in der alle die aufgeführt sind, die an dem Film mitgearbeitet haben, vom Maskenbildner über den Aufnahmeleiter bis zum Caterer. Was aber verbirgt sich hinter den zahlreichen Berufen? Wie wird man Cutter oder Produktionsleiter? Und wie sieht der Arbeitsalltag der Filmemacher aus? Der Einstieg in die Branche jedenfalls ist nicht so schwer. Eine Ausbildung ist nicht unbedingt erforderlich – Talent und Einsatzbereitschaft schon. Das Team des Berlinale-Films berichtet von seiner Arbeit.

Kostümbildner

Christian Röhrs ist Autodidakt. Früher schuf er als bildender Künstler Installationen, heute arbeitet er als Kostümbildner. „Schon beim Lesen eines Drehbuchs entwickle ich erste Ideen für Kostüme“, erklärt Röhrs. Dann recherchiert er im Internet und in Archiven oder fährt zu den Filmorten und schaut sich die Menschen an, die dort leben. Bei „Die Helden aus der Nachbarschaft“ war das nicht nötig – der Streifen spielt im Prenzlauer Berg, da kennt er sich aus. Seine Ideen hält er auf Fotos und Zeichnungen fest und bespricht sie zunächst mit dem Regisseur, dann mit den Schauspielern. Das Kostüm muss nämlich nicht nur zur Rolle, sondern auch zu dem Menschen passen, der sie spielt. Kostümbildner brauchen Einfühlungsvermögen, sagt er.

Maskenbildnerin

Auch Christina Wagner braucht viel Einfühlungsvermögen. Sie ist Maskenbildnerin. Ihr Job sind das Make-up und die Frisur der Schauspieler. Dabei kommt sie den Darstellern sehr nah. Nach ihrer Friseurausbildung suchte sie einen abwechslungsreicheren Beruf und schrieb sich bei der Maskenbildnerschule Mephisto in Berlin ein. Inzwischen arbeitet sie freiberuflich beim Film. Über das Drehbuch macht sie sich ein Bild von den Rollen und bespricht mit dem Regisseur, wie die Figuren aussehen sollen. Ihre Arbeitstage sind lang: Die Maskenbildnerin ist immer eine der ersten am Set und eine der letzten, die nach Hause gehen. „Die Helden aus der Nachbarschaft“ wurde an 26 Tagen gedreht. „Eine anstrengende Zeit“, sagt sie. Für Familie und Freunde blieb kaum Zeit.

Set-Aufnahmeleiter

Als Set-Aufnahmeleiter arbeitet man an der Schnittstelle zwischen Produktion und Dreh, sagt Manuel Liebscher. Er kümmert sich um die Organisation während des Drehs und sorgt dafür, dass die Schauspieler pünktlich in der Maske sind und rechtzeitig vor der Kamera stehen. Wenn das Drehteam am Set ankommt, hat er schon die ersten Aufgaben erledigt, Parkplätze freigeräumt und den Frühstückstisch aufgebaut. Während der Dreharbeiten muss er ständig präsent sein und den Ablauf überwachen. Erst beim so genannten Warm-Up, am Tag vor Drehbeginn, hat er die Kollegen von „Die Helden aus der Nachbarschaft“ kennengelernt. Sie wurden für ihn schnell zur Familie. „Das ist auch wichtig“, sagt er, denn der Job sei stressig und so manche Probleme müssten miteinander gelöst werden.

Produktionsassistentin

Alexandra Bisterfeld weiß, was Stress am Set bedeutet. Als Produktionsassistentin ist sie Mädchen für alles. Für „Die Helden aus der Nachbarschaft“ castete und betreute sie Komparsen, chauffierte Schauspieler, verwaltete die Handkasse – und stand zudem auch selbst als Statistin vor der Kamera. Schon Wochen vor dem Dreh beginnt sie mit der Organisation, kümmert sich um Drehgenehmigungen, sucht Sponsoren, besorgt günstige Leihwagen oder kopiert Drehbücher. Auch Bisterfeld ist Quereinsteigerin. Sie hat zunächst Theaterwissenschaften studiert, landete dann jedoch über ein Studentenprojekt beim Film. Von Dreh zu Dreh wurde sie weiterempfohlen. Sie hat ihren Traumjob gefunden, sagt sie. Zumindest erst einmal.

Requisiteurin

Antonia Joseph stieß auf Empfehlung zur Crew. Sie ist freiberufliche Szenen- und Bühnenbildnerin beim Film und studiert außerdem Film- und Theaterwissenschaft. Als Requisiteurin gestaltet sie die Drehorte, achtet darauf, dass Requisiten zur Filmfigur passen und sorgt dafür, dass jede Vase an ihrem Platz steht. Um die richtigen Accessoires zu finden, stöbert sie im Fundus oder sucht in Geschäften nach passenden Gegenständen. Immer wieder muss sich die Requisiteurin neue Filmwelten und Figuren erarbeiten. Und immer wieder steht sie vor neuen Herausforderungen. Für den Prenzlauer- Berg-Film etwa galt es eine Riesen-Pfanne zu organisieren (siehe Foto). Requisiteure müssen Organisations- und Planungsvermögen, Teamfähigkeit und handwerkliches Geschick mitbringen, sagt Antonia Joseph. Sie sollten außerdem in der Lage sein, auch mal schnell ein Regal zusammenzubauen oder Farbe an die Wand zu bringen.

Produktionsleiter

Als Praktikant hat er in einer Filmproduktion angefangen. Heute arbeitet Niklas Hlawatsch als Produktionsleiter. In seinem Job muss er nicht nur das Drehbuch und die Finanzen kennen und gegeneinander abwägen. Er muss auch über den Produktionsprozess genau Bescheid wissen, größere Probleme sofort erkennen und mit dem Team lösen. „Organisationstalent sollte man für den Job haben“, sagt Hlawatsch. Auch kaufmännische und rechtliche Kenntnisse sind wichtig, etwa wenn Kalkulationen erstellt oder Verträge geprüft werden – im Zweifelsfall kann der Produktionsleiter haftbar gemacht werden. „Von der Arbeit kann man durchaus leben“, sagt er. Wer bei interessanten Produktionen dabei sein wolle, müsse aber eine große Portion Motivation und Idealismus mitbringen.

Cutter

Nur selten am Set ist Cutter Nikolai Hartmann – auch wenn er gern als Statist durchs Bild läuft. Bei dem Berlinale-Film saß er bereits am ersten Drehtag im Schneideraum und bearbeitete das abgedrehte Material. Auch Hartmann kam über ein Praktikum zum Film, sein Pharmaziestudium hat er dafür abgebrochen. Nach vielen Assistenzen arbeitet er nun selbst als Cutter. Eng am Drehbuch orientiert schneidet er die Szenen. Die erste Fassung ist recht grob, mit viel Vor- und Nachlauf: Aus einem zuletzt 90-minütigen Film wird erst einmal eine dreistündige Schnittfassung. Sind die Dreharbeiten vorbei, setzt er sich für den Feinschliff mit dem Regisseur zusammen, bis die Dramaturgie stimmt. Drei Monate hat das bei „Die Helden aus der Nachbarschaft“ gedauert. Wie seine Arbeit beim Publikum ankommt, wird sich auf der Berlinale zeigen.

„Die Helden aus der Nachbarschaft“ von Jovan Arsenic, Perspektive Deutsches Kino, Premiere am 12. Februar um 19 Uhr im Cinemaxx 3, Wiederholung am 13. Februar um 13 Uhr im Colosseum und um 20.30 Uhr im Cinemaxx 1.

Sandra Schipp

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