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© ddp

Lernprogramme: Sprachlabor für unterwegs

Wie man mit mobilen Lernprogrammen seine Englischkenntnisse verbessern kann. Die Zugfahrt zu den Verwandten, das morgendliche Warten am Bushäuschen: Unser Alltag ist voller erzwungener Pausen. Warum diese nicht zum Sprachenlernen nutzen?

Viele Mobiltelefone sind technisch so weit, dass sie mit der richtigen Software als Sprachtrainer genutzt werden können. Der Funktionsumfang der Programme ist jedoch höchst unterschiedlich – und reicht vom Vokabeltrainer bis zur Phrasen-Konserve. „Englisch für die Reise“ von Mobilingua etwa, das für mehrere Mobilplattformen erhältlich ist, trainiert vorrangig Vokabeln und Sätze und vermittelt ganz nebenbei 1001 Redewendungen.

Einen anderen Weg geht „iTalk Business“ von Cornelsen, das sich an Menschen wendet, die ihr Englisch für den Job verbessern wollen. Das Programm wartet nicht nur mit einem Vokabeltrainer und einem Schatz an Phrasen für den Arbeitsalltag auf: „Tune your ears“ heißt die Funktion, die das Hörverstehen schulen soll. Nach kurzen Dialogen, die der Nutzer mittels Kopfhörer verfolgt, stellt das Programm eine Reihe von inhaltlichen und grammatikalischen Aufgaben – wie in einem mobilen Sprachlabor. Die Software ist derzeit nur für’s iPhone erhältlich, der Verlag bietet aber auf Anfrage Sprachtrainer für andere Plattformen wie etwa den Blackberry an.


SPIELEND LERNEN

Eines der ungewöhnlicheren Trainer unter den rund 20 Programmen für das iPhone ist „Vocab Mole“, was frei übersetzt „Vokabel-Maulwurf“ heißt. Das Programm fragt nach der Übersetzung eines deutschen oder englischen Wortes. Mit dem Finger tippt man auf die Antwortmöglichkeiten – und trifft man das richtige Wort, bekommt der Zeichentrick-Maulwurf eins auf die Mütze. Das ist so albern, wie es klingt. Doch das Spiel motiviert: Kaum hat man den ersten persönlichen Rekord aufgestellt, will man die Bestmarke knacken. Und dann wieder, und dann noch einmal.

Spielend lernen – das ist vielleicht die Zauberformel. Der japanische Konsolenhersteller Nintendo entdeckte schon vor Jahren Lernspiele. Auch in Sachen Sprache: 2006 ging für die Kleinkonsole „Nintendo DS“ ein Englisch-Sprachtrainer namens „English Training“ an den Start; ein Jahr später folgte „Practice English!“. Das Simulations-Spiel ist technisch vielen Lernprogrammen voraus: Anfangs lotet die Software die Kenntnisse des Nutzers aus und passt den Schwierigkeitsgrad an. Mittels eines in die Konsole eingebauten Mikrofons korrigiert das Gerät sogar die Aussprache des Spielers – auch wenn das laut Testberichten nicht immer einwandfrei funktionieren soll.

VOR- UND NACHTEILE

Der spielerische Ansatz solcher Lernsoftware ist nach Ansicht von Michael Cordes von Stiftung Warentest ein zweischneidiges Schwert. „Natürlich motiviert das spielerische Element ungemein“, sagt der Leiter der Gruppe Weiterbildungstests. „Aber es besteht immer die Gefahr, dass das Spiel dominiert und der Lerneffekt in den Hintergrund tritt und auf der Strecke bleibt.“ Der Nutzer müsse bereit sein, das Gelernte auch in der Praxis anzuwenden.

Dennoch ist Cordes überzeugt von den Vorteilen des Lernens an Computer, Konsole oder Handy. Etwa wegen der Interaktion zwischen Mensch und Maschine: „Viele Menschen, die Sprachen lernen, haben am Anfang mit anderen Personen eine soziale Hemmschwelle. Sie schämen sich für ihre Fehler.“ Das könne einem Gerät gegenüber nicht passieren.

Und noch einen Vorteil stellt Cordes heraus: Man sei nicht an Kurszeiten gebunden, könne lernen, wo und natürlich wann es einem passt. „Ob man allerdings die Disziplin aufbringt, allabendlich eine halbe Stunde Vokabeln am Bildschirm abzuarbeiten, steht auf einem anderen Blatt“, warnt Cordes. Die Flexibilität ist also zugleich die Schwäche der Lernsoftware: Anwender müssen sich selbst motivieren und am Ball bleiben. Das, so Cordes, sei neben dem Start eine der größten Hürden bei der Nutzung.

Grenzen erreichen die Lernprogramme auch, wenn es um den Satzbau geht. „Das Üben von freien Formulierungen ist nicht möglich“, so Cordes, „man kann immer nur zwischen definierten Antworten wählen, bestenfalls einen Satz um ein Wort ergänzen.“ Wirklich wortgewandt und geübt im freien Stil wird man durch Lernsoftware also nicht.


NICHTS FÜR EINSTEIGER

Menschen, die des Englischen bisher nicht mächtig sind, werden darüber hinaus wenig Freude an den Lernprogrammen haben. „Prinzipiell muss man Grundkenntnisse in der Fremdsprache mitbringen, um einen Nutzen aus der Software ziehen zu können“, sagt Cordes und betont: „Lernprogramme können immer nur eine Ergänzung zum Sprachunterricht sein.“ Alleine beim Zugfahren und in Warteschlangen lässt sich also keine Sprache lernen, immerhin aber Gelerntes verbessern und festigen. Cordes: „Alles andere wäre ein sehr gewagtes Versprechen.“

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