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NEUE MEDIEN: 1000 Euro am Tag

Technikfreaks und Gestalter gesucht: Im Bereich der Digitalen Kommunikation steht Berlin so gut da wie New York und Hamburg. Profis können hier richtig viel Geld verdienen.

Die Auftragslage ist gut. Für 20th Century Fox hat die Kreativagentur Neue Digitale ein interaktives Webspecial für den Film „Stirb langsam 4“ produziert. Das Unternehmen mit 100 festangestellten Mitarbeitern und Standorten in Berlin und Frankfurt am Main ist Leadagentur für Audi, betreut die Webseiten von brigitte.de und stellt Mode-Videos für Adidas ins Netz. Den Leiter des Berliner Büros Andreas Freitag aber beschäftigt vor allem eins: „Momentan fehlt es am Markt an gut qualifizierten, erfahrenen Spezialisten“, sagt er. Bewerber, die seit mehreren Jahren berufstätig sind und interessante Projekte verwirklicht haben, seien rar. Fast 20 Stellen hat die Agentur zu vergeben.

Nicht nur die Neue Digitale sucht nach Mitarbeitern. Nach dem Börsencrash vor sieben Jahren hat sich die Medienbranche gefangen – wächst sogar wieder. Und: „Berlin gehört zu den international wichtigen Standorten, und steht auf einer Stufe mit New York und Hamburg“, sagt Gerd Woweries von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Berlin. In den Bereichen Medien und Kommunikation sind im Umfeld der Hauptstadt rund 100 000 Mitarbeiter sozialversicherungspflichtig beschäftigt, hinzu kommen zahlreiche Freiberufler. Sie arbeiten als Webdesigner, Spiele-Entwickler, Informatiker, Mediendesigner oder Medienmanager in überwiegend kleinen und mittelgroßen Agenturen, die als Dienstleister alle möglichen Formen digitaler Kommunikation anbieten. Sie gestalten Internetseiten für Firmen, betreuen Videoportale oder stellen digitale Firmenpräsentationen her.

Eine Reihe von Ausbildungen und Studiengängen qualifizieren für die Branche. Die Mediadesign Hochschule MDH in Berlin bietet zum Beispiel Gamedesign und TV-Design mit Bachelorabschluss und eine Ausbildung zum Mediengestalter an. Am Institut für Digitale Kommunikation L4 kann man den Bachelor für 3D-Design, Visual Design oder Videojournalismus erwerben, an der Universität der Künste Experimentelle Mediengestaltung oder Leadership für Digitale Kommunikation studieren.

Unter den Ausbildungsberufen spielt der Fachinformatiker eine große Rolle (siehe Kasten), sagt Woweries, der bei der IHK als Bereichsleiter für die Berufsausbildung zuständig ist. Die Lehre findet in einem Betrieb, dual, also parallel in Betrieb und Schule, oder auch an Fachhochschulen wie dem L4-Institut statt. Sehr nachgefragt ist auch der Beruf des Mediengestalters. Seit neun Jahren gibt es diese Ausbildung. Das mögliche Tätigkeitsfeld ist sehr vielfältig. Bei einer Onlineagentur entwickelt ein Mediengestalter vielleicht kleine Animationen. Im herkömmlichen Arbeitsumfeld hingegen erstellt er zum Beispiel Kataloge für einen Reiseanbieter, ein Schwerpunkt wäre dann die Bildbearbeitung.

In welchem Bereich jemand seinen Beruf später ausübe, hänge aber nicht nur vom fachlichen Know-how, sondern sehr stark vom Engagement ab, meint die Studienberaterin der MDH, Angela Hau. Außerdem kann man in kleinen Unternehmen ganz schnell die Chance bekommen, Verantwortung zu tragen: „Gerade in den Neuen Medien werden viele Praktikanten eingesetzt. Da kann es durchaus sein, dass ein Mediengestalter schon Verantwortung für deren Projekte und damit eigentlich Leitungsfunktionen übernehmen muss“, so Hau. Das sei auch durch die Firmenstruktur der Branche bedingt. In kleinen Unternehmen sei man auf jeden Mitarbeiter angewiesen. Für die Ausbildung allerdings kann das Schwierigkeiten bergen, meint Gerd Woweries von der IHK: „Betriebe, die eigentlich nur aus ein oder zwei Personen bestehen, tun sich schwer, die Anforderungen zu erfüllen.“ Die Kammer bietet deshalb Unterstützung bei der Bildung von Ausbildungsverbünden an.

Ein anderes Merkmal des Marktes sind die stetig steigenden Anforderungen. Der Beruf des Webdesigners zum Beispiel hat sich sehr gewandelt, sagt der Arbeitsmarktexperte des Branchenverbandes Bitkom, Stephan Pfisterer. „Früher ging es beim Internetseiten-Geschäft um die reine Gestaltung der Oberfläche, heute gilt es für die Designer auch viel über die IT-Anwendungen zu wissen, die dahinter stehen, über Datensicherheit und Bezahlsysteme.“ Technisches Wissen müsse zwar kaum umgesetzt werden, aber doch vorhanden sein.

Bei angehenden Fachinformatikern wiederum erwarten die Unternehmen nicht nur sehr gute Kenntnisse in Mathematik, sondern auch in Fremdsprachen, erklärt auch Woweries. Denn: Englisch ist heute Fachsprache für Techniker und Aufträge werden zunehmend international vergeben.

Auch wenn Hochschulabsolventen in der Branche sehr gefragt sind und zwei Drittel der Beschäftigten einen entsprechenden Abschluss in der Tasche haben: „Die duale Ausbildung ist inzwischen ein sinnvoller Weg. Die Absolventen haben eine hohe Qualifikation und machen einen guten Job“, meint Bitkom-Experte Pfisterer. Wer sich jedoch für ein Studium entscheidet, dem rät er, bereits währenddessen praktische Erfahrungen zu sammeln. „Man muss gesehen haben, wie Kreativagenturen funktionieren.“

In der Branche sind kreative Köpfe gefragt, die außerdem eine solide Professionalität mitbringen, sagt Pfisterer. Dann seien hohe Tagessätze von bis zu 1000 Euro im Konzeptionsbereich und 600 bis 700 Euro für die technische Umsetzung möglich. Es könne sich also durchaus lohnen, sich selbstständig zu machen.

Yvonne Holl

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