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Fremdprachen im Job: Vokabeln für den Weg nach oben

Neben Englisch werden auch andere Fremdsprachen im Job immer wichtiger. Wie Berliner Firmen ihre Mitarbeiter fit machen.

Contrat, Résiliation, Rescisión – wer im Job mit Kunden und Kollegen aus aller Welt zu tun hat, für den gehört Wirtschaftsvokabular in einer fremden Sprache zum Alltag. Für manch einen bedeutet der Griff zum Telefon oder das Geschäftsessen mit ausländischen Partnern aber auch den reinsten Horror. Denn fehlende Sprachkenntnisse machen nicht nur unsicher, sondern können auch zu Fehlern mit teuren Konsequenzen führen. Im Zeitalter der Globalisierung pflegen nicht nur große, sondern auch viele kleine und mittelständische Betriebe Kontakte ins Ausland. Und immer mehr von ihnen investieren in die Sprachfertigkeit ihrer Mitarbeiter.

Diesen Trend bestätigt auch eine Umfrage des Bundesinstituts für Berufsbildung und der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: Dabei gab jeder zweite Arbeitnehmer an, im Job Fremdsprachen-Grundkenntnisse zu benötigen. Jeder Vierte musste regelmäßig Englisch sprechen, mehr als 20 Prozent brauchten hier sogar fortgeschrittene Kenntnisse.

Bei international agierenden Unternehmen wie Bayer Schering Healthcare, Siemens oder der Deutschen Post ist Englisch sogar erste oder zweite Konzernsprache. Die drei Firmen bieten deshalb grundsätzlich allen Mitarbeitern Fortbildungskurse an. „Gewisse Vorkenntnisse in Englisch sind bei uns Voraussetzung für die Vertragsunterzeichnung“, erklärt die Sprecherin von Bayer Schering, Gabriele Liebmann-El Badry. Schließlich sollen sich die Mitarbeiter der in aller Welt ansässigen Tochtergesellschaften miteinander verständigen können.

Von etwa 4000 Angestellten des Pharmakonzerns am Standort Berlin absolvierte knapp die Hälfte im vergangenen Jahr einen Sprachkurs. 560 Lehrgänge bot das Unternehmen an – und übernahm komplett die Kosten. Allein 45 interne Sprachtrainer kümmern sich bei Bayer Schering Healthcare um die Sprachkenntnisse der Mitarbeiter. Der Schwerpunkt liegt dabei zu 90 Prozent auf Englisch. Weil aber auch viele Arbeitnehmer aus dem Ausland nach Berlin kommen, ist Deutsch als Fremdsprache inzwischen genauso gefragt wie etwa Französisch- und Spanischkurse. Auch Italienisch, Portugiesisch, Japanisch, Chinesisch und Russisch werden angeboten.

Bei Siemens dagegen können die 11 000 Mitarbeiter in der Region Berlin-Brandenburg ihre Sprachkenntnisse auf der betriebsinternen Weiterbildungsplattform „Learning Campus“ weiterentwickeln, berichtet Gerhard Niedermair, der das Fremdsprachentraining betreut. Um möglichst gezielt auf die Bedürfnisse einzelner Abteilungen einzugehen, gibt es bei dem Elektrokonzern zusätzlich „Training on the job“: Sprachlehrer üben mit den Mitarbeitern direkt während der Arbeitszeit. In regelmäßigen Gesprächen wird gemeinsam mit den Vorgesetzten überlegt, welche Sprachfortbildungen sinnvoll sind.

Einzelunterricht,Gruppentrainings, Sprachreisen – bei den großen Konzernen ist so gut wie alles möglich. Gerade letztere sind besonders effektiv, meint Anne Scherer, die mit ihrer Firma „Scherer Bildungsreisen“ Sprachfortbildungen im Ausland für Unternehmen organisiert. Denn: „Sie haben den Vorteil, dass man wirklich in die Sprache eintaucht.“ Die Teilnehmer können in Gastfamilien, WGs oder Hotels wohnen. Große Unternehmen lassen sich oft maßgeschneiderte Programme zusammenstellen, erzählt Scherer. Auch für die Mitarbeiter der niedersächsischen Firma Biochem, die Futtermittelzusätze herstellt, organisiert der Berliner Veranstalter seit zwei Jahren Sprachreisen ins Ausland. Die Kosten übernimmt die Firma, sagt Sprecherin Kerstin Grambke. Die Angestellten sind allerdings nicht minder motiviert – und opfern für eine 14-tägige Sprachreise sogar fünf Tage Urlaub.

Die meisten mittelständischen Unternehmen trainieren die Fremdsprachenkenntnisse ihrer Mitarbeiter allerdings in Deutschland. Jana Hädicke etwa arbeitet als Assistentin des Geschäftsführers bei der Berliner Agentur Spacedealer, die auf Internetmarketing spezialisiert ist und zwölf Mitarbeiter beschäftigt. Zusammen mit der Geschäftsführung nimmt Hädicke seit November an einem Englischkurs teil, da die Agentur häufig im Ausland zu tun hat. Dabei kann sie ihre Einheiten zu Hause online bearbeiten und ihr Lernpensum flexibel gestalten. Ist eine Lerneinheit abgeschlossen, trifft sie sich mit einer Gruppe der Sprachschule, um das Gelernte auszuwerten. Hädicke sieht ihre Mühe dabei nicht nur auf beruflicher Ebene belohnt: „Auch wenn man mal verreist, hilft es definitiv weiter.“

Auch die Berliner Firma Andres Industries, die Schutzgehäuse für PDAs – also kleine Computer – herstellt, plant derzeit eine Sprachfortbildung für einen Teil der 35 Mitarbeiter. Englisch und Französisch soll in Einzelkursen trainiert werden, berichtet die Assistentin des Vorstandes, Britta Schlösser. Vor allem Mitarbeiter, die internationale Kontakte pflegen, etwa im Marketing, sollen so bei der Fachterminologie fit gemacht werden.

Angesichts des großen Bedarfs bei den Firmen hatte der für Lehrbücher bekannte Berliner Cornelsen Verlag eine Geschäftsidee: Seit 2005 entwickelt er maßgeschneiderte Lernangebote für Unternehmen – von Onlinekursen mit Präsenzphasen bis hin zu klassischen Lehrbüchern. „Wir wollen dem Kunden genau das bieten, was seine Mitarbeiter lernen sollen“, sagt Isabel Schneider, Leiterin von Cornelsen Corporate Solutions. Also werden die Kurse je nach Einsatzszenario entwickelt. Grundsätzlich sei in jeder Firma Sprachenlernen möglich, meint Schneider, „sei es per CD-Rom oder im Einzelunterricht für 80 Euro pro Stunde“.

Orte, an denen Fremdsprachen besonders gefragt sind, sind natürlich auch die Berliner Flughäfen. 1500 Mitarbeiter müssen dort täglich für einen reibungslosen Ablauf sorgen. „Englisch ist Voraussetzung“, sagt Flughafensprecher Ralf Kunkel. In Einstufungstests wird bewertet, welche Sprachkenntnisse bereits vorhanden sind. Dann können sich die Angestellten in Gruppen- oder Einzelunterricht weiterbilden. Neben Englisch bieten die Flughafenbetreiber auch Kurse in weiteren Fremdsprachen.

Dass manche Mitarbeiter auch mal außergewöhnliche Wünsche haben, erlebte Gabriele Liebmann-El Badry von Bayer Schering Healthcare erst kürzlich. Ein Angestellter wollte auf Firmenkosten einen Lateinkurs belegen. Das habe das Unternehmen dann aber doch abgelehnt, erzählt sie. Im Angebot seien eben leider nur moderne Sprachen.

Maria Marquart

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