zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Kasse soll weiter für Freizeit-Unfälle zahlen Gesundheitsministerin Schmidt: Nur riskante Hobbys sollen privat versichert werden

Berlin (ce/brö). Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) will Kassenpatienten nun doch nicht dazu verpflichten, sich gegen alle Freizeitunfälle privat zu versichern.

Berlin (ce/brö). Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) will Kassenpatienten nun doch nicht dazu verpflichten, sich gegen alle Freizeitunfälle privat zu versichern. „Für Unfälle im Haushalt wird auch weiterhin die solidarische Krankenversicherung aufkommen“, sagte sie dem Tagesspiegel am Dienstag. Allerdings sei es eine „berechtigte Forderung“, dass sich Krankenversicherte, die Drachenfliegen, Ski fahren oder Motorrad fahren zu ihren Hobbys zählen, gegen Unfälle privat absichern sollten. Gleichwohl seien die Überlegungen im Bundesgesundheitsministerium zu diesem Thema „noch nicht abgeschlossen“. Schmidt will ihre Gesundheitsreform nach den Landtagswahlen von Niedersachsen und Hessen am 2. Februar vorlegen. Die Ärzte wollen an diesem Mittwoch mit ihren Protestaktionen gegen die Politik der Regierung beginnen.

Anfang der Woche war bekannt geworden, dass das Bundesgesundheitsministerium eine Reform prüft, bei der Unglücke im Haushalt, im Straßenverkehr oder beim Sport nicht mehr von der gesetzlichen Krankenversicherung bezahlt werden. So solle der Kassenbeitrag von derzeit 14,4 Prozent des Lohns auf unter 13 Prozent absinken. Schmidt hält ein solches Modell jedoch deshalb für bedenklich, weil es „für ältere Menschen extrem teuer werden kann, wenn sie sich privat absichern müssten“, sagte sie dieser Zeitung. Als Grund nannte sie das höhere Unfallrisiko von Senioren im Haushalt.

Gegen eine private Absicherung von Unfällen hatte es Protest von Bündnis 90/Die Grünen gegeben. Auch in der SPD regte sich Widerstand gegen das Vorhaben Schmidts. „Ich glaube nicht, dass das der Ansatzpunkt ist, die Finanzen der Krankenkassen in Ordnung zu bringen“, sagte die SPDVizefraktionsvorsitzende Gudrun Schaich-Walch. Die größte Belastung für die Kassen ergäben sich nicht durch Sportunfälle, sondern durch chronisch Kranke. Sie warnte davor, Versicherte durch die private Zusatzversicherung vom Sport abzuhalten. „Wir wollen, dass die Menschen im Sinne von Prävention mehr Sport betreiben“, sagte sie. Der Sozialverband VdK sprach sich grundsätzlich gegen Leistungskürzungen in der Krankenversicherung aus.

Ärzte streiken

Patienten müssen sich unterdessen auf geschlossene Praxen, längere Wartezeiten und Einschnitte bei Arzneien gefasst machen. Aus Protest gegen die Reformpläne der Regierung planen die Kassenärzte in einzelnen Bezirken tageweise Streiks. Die Versorgung mit dem medizinisch Notwendigen soll gesichert bleiben. Für diesen Mittwoch hat der Hartmannbund in Westfalen-Lippe zu Praxisschließungen aufgerufen. Bis zu 5000 der 11 000 Praxen werden nach der Prognose des Verbandes teilnehmen. Auch in Brandenburg und demnächst in Hessen wollen die Ärzte streiken. Vom 29. Januar an wollen auch Berliner Kassenärzte tageweise nicht behandeln. Insgesamt planen 14 der 23 Kassenarzt-Bezirke „Dienst nach Vorschrift“, sagte der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Manfred Richter-Reichhelm, in Berlin.  Dabei sollen die Ärzte ihre Leistungen um bis zu 30 Prozent zurückfahren und nicht-dringliche Fälle auf das nächste Quartal verschieben. Bei Arzneien sollen sie nur günstige Präparate verordnen und umstrittene Mittel meiden.

Das Gesundheitsministerium nannte die Schließungen rechtswidrig. Staatssekretär Klaus Theo Schröder rief Patienten auf, streikende Ärzte bei ihrer Kasse zu melden. Die Kassen warnten die Ärzte vor „Vertrauensbruch gegenüber ihren Patienten und Vertragsbruch gegenüber den Kassen“. Sie drohten Ärzten mit rechtlichen Schritten bis hin zum Entzug der Zulassung.

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false