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Wirtschaft: Kaum Einigungschancen bei Emissionshandel

Regierung sucht fieberhaft Kompromiss zwischen Umwelt- und Wirtschaftsministerium/Vorwürfe der Industrie

Berlin (asi). Wenige Wochen vor dem geplanten Abschluss der Verhandlungen von Bundesregierung und Industrie über den Emmissionshandel, der Anfang 2005 europaweit einsetzen soll, ist eine zeitnahe Konsenslösung fraglich geworden. Damit läuft die Regierung Gefahr, den von Brüssel bis Ende März eingeforderten Verteilungsschlüssel für die deutschen Verschmutzungsrechte nicht mehr rechtzeitig abgeben zu können. Wird diese Frist weit überschritten, drohen Deutschland sogar rechtliche Schritte der EUKommission.

Hintergrund ist, dass das Bundesumweltministerium nach übereinstimmender Auskunft mehrerer Beteiligter am vergangenen Donnerstag den Vertretern der Industrie und des Bundeswirtschaftsministeriums einen nationalen Allokationsplan vorgelegt hat, der die vorher verhandelten Ergebnisse nicht widerspiegelt. Damit sei es nach monatelangen Gesprächen über den Verteilungsschlüssel der Verschmutzungsrechte wieder „vollkommen offen“, wie diese ab nächstem Jahr in Deutschland vergeben werden, hieß es im Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Zwar hätten die Beteiligten für nächste Woche einen neuen Verhandlungstermin vereinbart. Ob der allerdings angesichts der Verstimmungen zustande kommt, sei fraglich.

Umwelt- und Wirtschaftsministerium lehnten es am Montag ab, überhaupt eine Erläuterung zu regierungsinternen Streitereien abzugeben. Die Sprecher beider Ministerien sagten, „über laufende Ressortabstimmungen gibt es keine Informationen“. Der Sprecher von Umweltminister Jürgen Trittin zeigte sich gleichwohl sicher, dass der geplante Termin für die Fertigstellung des Planes, der 31. März, eingehalten wird.

Der Umweltexperte des BDI, Joachim Hein, richtete am Montag schwere Vorwürfe gegen Umweltminister Trittin. Dieser „verdreht andauernd die Tatsachen“, indem er behaupte, die Industrie verweigere sich seinen Plänen, den Kohlendioxydausstoß in Deutschland mit marktwirtschaftlichen Mechanismen zu verringern. Trittin will den rund 2600 in den Emissionshandel eingebundenen Anlagen vorgeben, ihren CO2-Ausstoß bis 2007 um durchschnittlich 7,5 Prozent zu senken. Außerdem unterstützt der Plan des Umweltministers Investitionen in umweltfreundliche Gaskraftwerke.

Die Industrie, die Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) auf ihrer Seite wähnt, wirft Trittin nicht nur vor, er missbrauche den Emmissionshandel, um energiepolitische Ziele durchzusetzen, indem er Gaskraftwerke übermäßig fördere. Sie befürchtet auch Nachteile für energieintensive Branchen wie die Zementindustrie. Wenn Trittins Pläne umgesetzt werden, heißt es beim BDI, dann würde etwa die Produktion von Zement in Deutschland unwirtschaftlich werden. Zu den Schwierigkeiten der Verhandlungen zählt allerdings auch, dass es stark voneinander abweichende Interessen innerhalb der deutschen Industrie gibt.

Einig sind sich jedoch alle Kritiker des Trittin-Plans in der Einschätzung, dass der Minister die Branche mit seiner Forderung, bereits in der ersten Handelsperiode 2005 bis 2007 eine CO2-Reduktion zu erreichen, überfordere. Niemand wisse, welche Wirkungen ein Emmissionshandel auf die Industrie überhaupt habe, sagt der BDI-Unterhändler Hein. Deshalb sei es geboten, bis 2007 das Handelssystem zu testen und Einsparziele erst ab 2008 festzusetzen. Sonst, vermutet Hein, drohe Deutschland im nächsten Jahr die nächste Maut-Pleite.

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