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Hallo, Roboter. Manager sollten versuchen, Algorithmen hinter den Technologien zu verstehen. Und sich auf Themen einlassen, mit denen sich Datenexperten befassen. Dazu gehören einige Grundkenntnisse in Datenbanken und ein Einblick ins Open Source Prinzip.

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Weiterbildung: Keine Angst vor Bits und Bytes

Führungskräfte müssen keine Experten für Datenanalytik sein. Sie brauchen aber mehr Datenkompetenz – in allen Branchen.

Egal ob im Maschinenbau, in der Zuliefererindustrie, im Handel, im Finanzwesen oder auch Tourismus: Digitalisierung und Big Data macht vor keiner Branche halt. Es mag sein, dass im Maschinenbau vornehmlich von Industrie 4.0 gesprochen wird, die Landwirtschaft nennt es Smart Farming, die Energiebranche Smart Grid und der Handel einfach nur Big Data oder Customer Analytics, im Kern geht es jedoch immer um das Sammeln und Nutzen von Daten in unterschiedlichsten Formaten.

Die einen können es nicht mehr erwarten, die anderen schon nicht mehr hören: Die Digitalisierung und die Nutzung der dadurch ansteigenden Datenmengen ist die wohl größte Chance für die Unternehmen, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern – oder das größte Risiko.

Dies gilt auch für Führungskräfte, denn zukünftig wird kaum noch eine Führungskraft ohne zumindest Grundlagenwissen über Datenpotenziale ihren Führungsaufgaben gerecht werden und den Kurs des eigenen Unternehmens auf die Zukunft ausrichten können. Wer sich hingegen jetzt schon mit erfolgreichen Projekten mit Datennutzung profilieren kann, dem stehen alle höheren Karriere-Türen offen.

Der digitale Wandel steht für neue Geschäftsmodelle

Die Digitalisierung steht für die Umstrukturierung von Prozessen über digitale Wege, darauf aufbauend steht der digitale Wandel für neue Geschäftsmodelle. Während viele Unternehmen bereits erste Schritte zur Digitalisierung hinter sich haben, andere Unternehmen sogar bereits den digitalen Wandel erleben, der sich meistens in Form von neuen Geschäftsbereichen oder Start-Ups ausdrückt, gibt es auch etliche Unternehmen, die all das noch vor sich haben. Große Potenziale für das Geschäft stecken in diesen Daten, behaupten Unternehmensberater, IT-Unternehmen und längst auch die Bundesregierung. Einige Pioniere in diesem Bereich kommen aus dem Silicon Valley, aber längst nicht alle. Auch einige deutsche Industrieunternehmen belegen eindrucksvoll den Wahrheitsgehalt dieser These.

Nach den Pionieren kommen viele Nachzügler und sicherlich auch einige Unternehmen, die diese Kurve nicht mehr nehmen werden. Einige Unternehmen verlassen sich sicherlich auf Zukäufe kleinerer Start-ups oder auf junge kreative Köpfe, die unter hohem Aufwand und mit langer Anforderungsliste gesucht werden. Doch diese jungen Leute steigen in Strukturen ein, in denen sie nur schwerlich etwas bewegen können. Der Antrieb zur Bewältigung der Herausforderung muss von der Führungskraft selbst ausgehen, denn nur sie verfügt über die Entscheidungsbefugnis und das Budget. Daher hilft es wenig, sich nur auf das Recruiting zu verlassen. Das beste Innovationsteam bringt keinen Mehrwert, wenn die Führungsriege nicht mitdenkt oder entsprechende Entwicklungen sogar blockiert.

Können Sie den Begriff "Netzwerkprotokoll" erklären?

Data Science, Datenbank, NoSQL, Front-End, Back-End, Netzwerkprotokoll, asynchrone Verschlüsselung oder maschinelles Lernen – können Sie diese Begriffe aus dem Stegreif in wenigen Sätzen kurz und knackig mit einem kleinen Beispiel erklären? Dann darf man Ihnen gratulieren, denn Ihrer Karriere sollte nichts mehr im Wege stehen, die Datenkompetenz darf man Ihnen unterstellen.

Gehören Sie nicht dazu, dann jetzt bloß nicht den Kopf hängen lassen, denn für ein Grundverständnis dieser Begriffe braucht es nicht gleich ein neues Studium. Die Verweigerung „brauch ich nicht für meinen Job“ könnte sich hingegen bald rächen, Sie müssten schon kurz vor dem Ruhestand stehen oder in einer besonders traditionellen Nische arbeiten, um in den nächsten Jahren nicht mehr mit diesen Begriffen konfrontiert zu werden, sofern nicht längst geschehen.

Es ist keine Panikmache, dass gerade etliche Medienberichte eine neue Welle von Arbeitsplatzverlusten dank digitaler Prozesse und autonomen Entscheidungen durch künstliche Intelligenz prophezeien – auch wenn bislang davon vor allem ausführende Mitarbeiter betroffen sind. Führungskräfte besetzen Positionen mit Verantwortung und der Notwendigkeit von weitsichtiger Entscheidungskompetenz, die generell schwer zu automatisieren sind. Damit Führungskräfte den Veränderungen jedoch weiterhin gerecht werden, müssen sie diese Veränderungen nachvollziehen – also auch technisch verstehen – und verbessern können.

Im Klartext: Nur wenige Manager müssen fürchten, von datengetriebenen Algorithmen ersetzbar gemacht zu werden, wohl aber durch aufstrebende Newcomer, die eben jene Algorithmen und die anzapfbaren Datenquellen und verwertenden Technologien verstehen. Sie müssen kein Datenwissenschaftler werden.

Daten-Experten sind rar

Sicherlich brauchen Unternehmen für die Bewältigung dieser Herausforderungen gut ausgebildete Datenexperten. Das Berufsbild des sogenannten Data Scientists oder Data Engineers ist derzeit sehr gefragt. Die internen Bezeichnungen sind unterschiedlich: Ob Analyst, Scientist oder Quant genannt, es sind in jedem Fall Fachexperten, die sich tief in die informationstechnische und mathematische Materie einarbeiten und zu deren Arbeitsalltag das Beschaffen, Verknüpfen und Analysieren der Daten aus unterschiedlichsten Quellen gehört. Diese Leute sind rar gesät, aber keineswegs unauffindbar.

Noch mehr jedoch sind Führungskräfte gefragt, die keine Angst vor der digitalen Welt und der Nutzung von Daten haben, ja im Gegenteil sogar ganz offensiv an dieses Thema herangehen, denn nur so entsteht die begehrte Geschäftsinnovation. Dafür brauchen Sie nicht viel mehr als ein Verständnis der wichtigsten Vokabeln, die vorgenannte Datenexperten verwenden. Data Scientist müssen Sie nicht werden, Erkenntnisse aus den Daten ziehen und verständlich aufzubereiten ist ja gerade deren Job. Mit einem Data Science Team – oft auch als Data Lab bezeichnet, dabei bleibt es unerheblich wie es genannt wird – können Sie Ihre Führungsposition deutlich ausbauen. Denn wenn Wissen wirklich Macht bedeutet, dann ist eine solche Stabstelle das Nervenzentrum für die unternehmerische Feinmotorik.

Grundkenntnisse in Datenbanken sind hilfreich

Als Führungskraft müssen Sie selbst kein Experte für Datenanalytik werden. Gleichwohl ist es hilfreich, sich auf die Themen einzulassen, mit denen sich jene Datenexperten befassen. Dazu gehören einige Grundkenntnisse in Datenbanken und ein Einblick in die Gedankenwelt des Open Source Prinzips. Bestenfalls sind Sie fähig, einfache Analysen selbst durchzuführen, beispielsweise mit SQL. Diese Datenbankabfragesprache wird nur auf vorstrukturierte Daten angewendet und ist auch für Kaufleute leicht zu erlernen und – mit wenig Einarbeitung – auf sämtliche Daten aus allen gängigen ERP- oder CRM-Systemen anwendbar. Selbst abgehobene Nerds verwenden unter anderem SQL zur Datenanalyse, so dass diese durchaus als gemeinsame „Sprache“ benutzt werden kann, um einige Analysen nachvollziehbarer zu machen. Auch über Datenschutz und Datensicherheit sollten Führungskräfte mehr wissen, als sie es bislang tun: Es ist ein Irrglaube, dass Datenschutz nur ein Thema für Datenschutzbeauftragte ist. Mit der Fähigkeit, Daten auswerten zu können, ist die Verantwortung verbunden, dabei den gesetzlichen Datenschutz nicht zu überschreiten. Unwissenheit hierüber schützt bekanntlich vor Strafe nicht.

Hacker greifen oft Führungskräfte an

Führungskräfte sollten sich außerdem mit dem Themenkomplex der Datensicherheit vertraut machen, die keinesfalls mit dem Datenschutz verwechselt werden darf. Datensicherheit heißt, die Daten vor dem Zugriff durch Unbefugte zu sichern. Ob mit oder ohne Digitalisierungsfortschritte, für Hacker sind Führungskräfte ein lohnenswertes Ziel und oft leicht persönlich angreifbar. Es ist nur empfehlenswert, sich beim Aneignen der Datenkompetenz auch mit Themen wie Dateizugriffsrechten, Authentifizierungsmethoden oder Verschlüsselung von sensiblen Daten zu beschäftigen – auch das ist eine der vielen Facetten der Datenkompetenz.

Der Autor unterrichtet Masterstudenten in Data Science an der Hochschule für Technik & Wirtschaft Berlin. Außerdem ist er einer der Gründer von Datanomiq, einem Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen für angewandte Datenwissenschaften. Er betreut im Verein Connected Industry e.V. den fachlichen Austausch zwischen Führungskräften und Experten mit Digitalisierungsauftrag.

Benjamin Aunkofer

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