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Einfach loslaufen. Wer eine Idee für ein Start-up hat, sollte loslegen. Die Euphorie mitnehmen, gründlich recherchieren, einen Businessplan schreiben. Angst vor Fehlern sollten einen nicht bremsen - im Gegenteil: als Unternehmer lernt man auf dem Weg. Foto: dpa

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Wirtschaft: Keine Angst vorm Start

Wer ein Unternehmen verwirklichen will, braucht ein Netzwerk – Fehler machen aber gehört auch dazu.

Für Stephen Crouch beginnt alles damit sich anzustöpseln. Wer als Start-up-Gründer frisch in Berlin eine Idee verwirklichen will, meint der 43-jährige Brite, für den ist der erste wichtige Schritt das passende Netzwerk zu finden. Sich an die wachsende Szene aus Technologie-begeisterten, jungen, oft internationalen Unternehmensgründern anzudocken. In den letzten Jahren haben Gründer wie Crouch, der selbst vor zwei Jahren mit einer Start-up-Idee aus London nach Berlin gekommen ist, ihre eigenen Strukturen geschaffen, um in offenen Treffen wie Meet-Ups und anderen Foren den offenen Austausch über ihre Ideen und ihre Gründererfahrungen zu fördern. Gerade junge Gründerinnen und Gründer leben davon. Denn um mit ihren Start-ups erfolgreich zu sein, müssen sie tagtäglich den Spagat hinbekommen, gleichzeitig furchtloser, innovativer Enthusiast zu sein, die fachlich neue Wege gehen und Investoren davon begeistern können - und erfahrener, kritischer Realist, wenn es um die Umsetzung geht. Austausch, Unterstützung und ein kritischer Blick von Dritten ist dabei viel wert.

Gerade in der Anfangsphasen haben Menschen mit Ideen kaum Geld für professionelle Beratung, meint Stephen Crouch, der sich mittlerweile auf die lokale Vernetzung von Start-ups konzentriert. Jeden Monat organsiert er das Start-up Berlin, ein offenes Treffen für Gründer, das in den Büros von wechselnden Berliner Start-ups stattfindet. Die Teilnehmer teilen ihr Wissen über Finanzierungsmöglichkeiten und rechtliche Grundlagen, können sich über Probleme mit Behörden-Deutsch und Visa-Bestimmungen austauschen. Sie schärfen aber auch den Blick für konzeptionelle Probleme bei einer Unternehmensgründung: für ein Start-up muss man genau definieren können, worin man gut ist und welches Problem von potenziellen Kunden man durch sein Angebot löst, sagt Crouch. Gerade in der Anfangsphase hätten Gründer vor all den Anregungen und der Aufregung häufig Schwierigkeiten zu fokussieren.

Trotz Austausch, Unterstützung und Hilfe gehöre es aber auch zum Wesen von Start-ups, selbst Fehler zu machen. „Als Unternehmer lernst du auf dem Weg“, sagt Crouch. Die Frage, wie die Gründer mit diesem Stress umgehen, würde sich so oft nicht so stellen. Denn viele der Gründer erleben das Risiko seiner Erfahrung nach nicht als negativen Stress, sagt er, sondern als positive Energie.

Die eigene Euphorie kritisch zu prüfen, rät der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer Christoph Wollny. Wollny berät in Berlin Unternehmen und Start-ups. Manche Unternehmensgründer erledigen seiner Beobachtung nach grundlegende Recherchearbeit nicht. Sie fänden ihre Idee so gewaltig und seien so euphorisch, dass sie teilweise schon eineinhalb Jahre an Design und Internetauftritt arbeiten ohne überhaupt abgeklärt zu haben, ob ein anderes Unternehmen vor Ort schon etwas Vergleichbares anbietet. Man müsse die Unternehmensgründung in einer logischen Kette Schritt für Schritt durchdenken und prüfen, sagt Wollny. Mit wie vielen Kunden kann ich rechnen? Wie viel Geld brauche ich von Investoren? Geben die Investoren ihr Geld erst, wenn ich schon Kunden nachweisen kann? Wenn ja, wie finanziere ich vorab Werbung und komme an Kundschaft? „Fliegt das Ding?“, fasst Wollny die Hauptfragen rund um die Tragfähigkeit einer Geschäftsidee kurz zusammen – eine Frage, die sich auch erfolgreiche, bereits etablierte Unternehmen im Laufe ihrer Tätigkeit immer wieder stellen müssen, um auf veränderte Rahmenbedingungen zu reagieren. Ein guter Berater, sagt Wollny, nimmt dem Start-up nicht einfach ab einen Businessplan für das Unternehmen zu schreiben, sondern prüfe die Grundannahmen einer Geschäftsidee.

Selbst bei der besten Vorbereitung und Umsetzung, gibt es aber für Start-ups keine Garantie auf Erfolg, meint Wollny. In seiner zwanzigjährigen Tätigkeit habe er auch schon Unternehmen mit revolutionären Ideen, die internationale Preise gewonnen haben, scheitern sehen. Allein mit Logik und Vorbereitung seien die Entscheidungen von Investoren, wem sie vertrauen, wo sie ein zukünftiges Geschäftsfeld sehen und wo sie mit Kundschaft rechnen, nicht zu erklären. Denn oft hänge deren Entscheidung und damit die Entscheidung über den Erfolg oder Misserfolg eines Start-ups auch von Bauchgefühl ab.

„Ideen beständig machen“, empfiehlt Anna Berger, die an der Industrie- und Handelskammer den Service für Start-ups als wichtigsten Schritt nach dem ersten Netzwerken sieht. Um eine Idee zu verwirklichen, muss man in Kontakt mit Institutionen kommen. Wo gibt es Förderung? Hatte ich schon Kontakt mit dem Gewerbeamt? Was kommt steuerlich auf mich zu, wenn ich Mitarbeiter anstellen möchte? Diese Fragen gilt es durch sichere Informationen zu klären, für Gründer von Start-ups seien sie jedoch oft weniger attraktiv. Es ist gut und wichtig, dass Gründer euphorisch sind, sagt Berger, man wolle kein Spielverderber sein, aber die Gründungsidee müsse einmal von vorne bis hinten durchgedacht sein.

Die größten Probleme haben Unternehmensgründer ihrer Beobachtung nach nicht in der ersten, noch überschaubaren und vergleichsweise günstigen Gründungsphase, sondern in der zweiten Phase, wenn es darum geht, dass das Unternehmen wächst. Hier bräuchten Start-ups schnell wesentlich mehr Förderung, leicht mehrere hunderttausend Euro. Gleichzeitig gebe es für diese Phase derzeit viel weniger öffentliche Förderung als für die erste Gründungsphase. Kann ich von meiner Gründungsidee leben? Das ist auch eine der weniger attraktiven Fragen, die Anna Berger in Beratungen aufwirft. Angesichts des finanziellen Risikos müsse die Entscheidung auch vom Umfeld und der Familie mitgetragen werden.

Anna Berger beobachtet bei den Beratungen an der IHK unterschiedliche Kulturen, mit dem Risiko zu Scheitern umzugehen: während deutsche Gründer das Risiko eher als Hürde für die Gründung sehen, gehöre es für Gründer, die aus dem angloamerikanischen Raum nach Berlin kommen, eher dazu. „Wer nicht schon mal gescheitert ist, kann gar nicht mitreden“ laute das Motto.

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