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Wirtschaft: Keine Tricks

Tony Blair reiste vergangene Woche nach Washington, um für eine Schuldenbefreiung der Entwicklungsländer zu werben. Geht es nach dem Willen des britischen Premierministers, erlassen die sieben führenden Industrienationen und Russland (G8) den ärmsten Ländern der Welt ihre Schulden.

Tony Blair reiste vergangene Woche nach Washington, um für eine Schuldenbefreiung der Entwicklungsländer zu werben. Geht es nach dem Willen des britischen Premierministers, erlassen die sieben führenden Industrienationen und Russland (G8) den ärmsten Ländern der Welt ihre Schulden. Darüber soll Anfang Juli auf dem G8Gipfel in Schottland verhandelt werden. Am Samstag einigten sich die G8-Finanzminister im Grundsatz auf einen Schuldenerlass. Letzte Einzelheiten müssten aber noch geklärt werden, hieß es.

Nach dem Besuch von Blair geißelten viele die USA als geizig und das Treffen als Enttäuschung für den engagierten Blair. Dabei sind sich der US-Präsident George W. Bush und Blair einig, dass reiche Länder den armen Nationen helfen sollten. Sie haben nur unterschiedliche Vorstellungen, wie das geschehen sollte.

Großbritannien schlägt vor, die Goldreserven des Internationalen Währungsfonds (IWF) anzuzapfen. Die irrige Vorstellung: Das Gold liege herum und könne daher ebenso gut ausgegeben werden. Dabei gibt es kein „IWF-Gold“. Die Reserve – deren Wert auf rund 45 Milliarden Dollar geschätzt wird – gehört den 128 Mitgliedern des IWF und damit zu einem Viertel auch den Entwicklungsländern. Der Fonds kann nichts an die Banken verkaufen, was ihm nicht gehört.

Daher schlagen die Befürworter der Goldverkäufe einen Bilanzierungstrick vor: Der IWF „verkauft“ sein Gold zum Marktwert von 430 Dollar pro Unze und kauft sie sofort zum gleichen Preis zurück. Damit verbuche er einen „Gewinn“. Bisher sind die Reserven in den IWF-Büchern nur mit 52 Dollar angesetzt.

Das Problem ist, dass es das „neue Geld“ nur auf dem Papier geben wird. Der IWF selbst wird ein Darlehen aufnehmen müssen. Das heißt, dass der Währungsfonds die Zinsen für die Kreditgeber senken und die Zinsen der armen Schuldnerländer erhöhen muss. Die Kosten der neuen Hilfsgelder würden also zur Hälfte von Geber- und Schuldnerländern getragen.

Es gibt eine bessere Alternative, wie die USA aufzeigt. Zuerst muss man die Weltbank und andere Banken zwingen, faule Kredite und Kreditausfälle offen zu legen. Seit 1985 erhalten die Entwicklungsländer stetig neue Gelder, um ihren Schuldendienst bedienen zu können – so dass sie noch tiefer in die Verschuldung geraten sind.

Der zweite Schritt: Die Industrieländer dürfen nur leistungsorientier- te Kredite vergeben, um die Rechenschaftspflicht der Nehmerländer zu erhöhen. Außerdem sollte der IWF die Goldreserven an die Mitgliedsländer zurückgeben. Das fordert Adam Lerrick, Wirtschaftsprofessor an der US-Universität Carnegie Mellon. So erhielten die Entwicklungsländer rund zehn Milliarden Dollar.

Die Industrieländer wiederum könnten mit ihren Goldreserven Entwicklungshilfe finanzieren. Sie sollten die Gelder – 30 Milliarden Dollar – nur Ländern geben, die politische Reformen umsetzen oder Entwicklungsziele erreichen. Der Erfolg: Die armen Länder müssten Rechenschaft für empfangene Mittel abgeben. Und die Industrieländer kämen darum herum, in 20 Jahren das gleiche Schuldenerlass-Spiel zu wiederholen.

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