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Das tut man nicht. Aktivisten wollen Konzerne wie RWE, hier der Kohle-Meiler Niederaußem, gesellschaftlich ächten.

© picture-alliance/ dpa

Klimaneutrale Geldanlagen: Aktivisten nehmen Investments von Städten unter die Lupe

Viele Kommunen und Institutionen investieren ihr Geld in fossile Energieträger. Aktivisten wollen derartigen Investments die soziale Akzeptanz entziehen.

Als Stadt „mit einem grünen Herzen“ bezeichnet sich Münster in Nordrhein-Westfalen. Dieses Motto soll bald auch in der Politik gelten. SPD und Grüne verhandeln derzeit über eine Koalition im Rat. Einigen sie sich, soll Münster die erste deutsche Stadt werden, die ihr Geld nicht mehr in fossile Energieträger steckt. Heute ist das noch nicht so. Rund zehn Millionen Euro hat die Stadt beiseitegelegt, mit denen später die Pensionen der städtischen Beamten bezahlt werden sollen. Damit das Geld nicht einfach herumliegt, investiert es die Stadt in zwei Fonds. Diese haben sich Umweltschützer nun genauer angeschaut. Und herausgefunden: Münster investiert die Rückstellungen auch in 15 Firmen, die mit fossilen Brennstoffen oder Kernenergie zu tun haben, darunter Shell, Total und RWE.

Aktivisten gehen in mehreren Städten gegen die Investments vor

In mehreren  Städten, darunter Heidelberg, Karlsruhe und Konstanz, haben sich Gruppen gegründet, die solche Investments aufspüren und kritisieren. Im Fokus stehen dabei neben Kommunen auch Universitäten oder Kirchen. Die Hochschule in Münster etwa hat 1,4 Millionen Euro auf der hohen Kante, verteilt auf vier unselbstständige Stiftungen. Zwei davon werden von der Deutschen Bank verwaltet. Die wiederum macht mit der Kohle-Industrie Geschäfte. Zumindest ein Teil des Geldes fließe daher in den Abbau und die Verbrennung des schwarzen Goldes, kritisieren die Aktivisten.

Die Umweltschützer appellieren an das Gewissen der Manager

Die Umweltschützer appellieren an das Gewissen der zuständigen Manager. Schließlich gilt es, den Klimawandel zu bremsen. „Es ist moralisch falsch, in fossile Energieträger zu investieren“, sagt Melanie Mattauch von 350.org. Die Initiative unterstützt und vernetzt weltweit Gruppen, die sich für den  Abzug von Investitionen in fossile Brennstoffe einsetzen. Die Umweltschützer wechseln damit die Strategie: Statt nur an die Politik zu appellieren, versuchen sie, auf Städte und Institutionen direkt einzuwirken. „Wir wollen Unternehmen, die fossile Energieträger fördern, die soziale Akzeptanz entziehen“, erklärt Mattauch.

Auch andere Städte im Ruhrgebiet haben die Aktivisten im Visier

Die Kohle-Bekämpfer haben nicht nur Münster auf dem Zettel. Essen, Mülheim an der Ruhr und Dortmund besitzen Anteile am Versorger RWE im Wert von mehreren hundert Millionen Euro. Der Dachverband der kritischen Aktionäre warf RWE unlängst vor, die Energiewende mit Kohlekraftwerken zu blockieren. Wer RWE-Aktien besitzt, hat ohnehin ein Problem – das Unternehmen  schreibt tiefrote Zahlen. Die Kommunen mussten schon Millionen Euro abschreiben.

Sinkende Renditen im klassischen Energiegeschäft spielen den Umweltschützern in die Hände

Die sinkenden Renditen aus dem klassischen Energie-Geschäft spielen den Umweltschützern also in die Hände. In den USA, dem Geburtsland der Bewegung, distanzierten sich in den vergangenen Monaten mehrere Institutionen von umweltschädigenden Investments. Im Mai erklärte etwa die Stanford University, sich von Beteiligungen an Kohle-Konzernen zu trennen. Auch Seattle und San Francisco wollen umschichten. Erst vergangenen Montag gab die Familie Rockefeller bekannt, bis zum Jahresende sämtliche Stiftungsgelder aus Konzernen abzuziehen, die mit fossiler Energie ihr Geld verdienen. Die Rockefeller-Stiftung verwaltet 670 Millionen Euro und gründet sich auf dem Vermögen, dass John D. Rockefeller im 19. Jahrhundert mit Öl gemacht hat. „Im angelsächsischen Raum hat die Bewegung schnell an Schwung gewonnen“, sagt Virginia Sonntag-O’Brien. Sie ist Kuratoriumsmitglied der European Environment Foundation. Ihrer Einschätzung nach kann der Rückzug aus Investitionen durchaus den Klimawandel beeinflussen – allerdings eher indirekt. „Wenn die Wirtschaft Richtung Nachhaltigkeit tendiert, gibt das der Politik einen größeren Spielraum“, sagt sie. Sie hofft, dass bis zur nächsten Klimakonferenz Ende 2015 in Paris noch viel mehr Unternehmen der Kohle den Rücken kehren.

Lisa Kolde

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