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Wirtschaft: Koalition für Berlin im Siemens-Aufsichtsrat

BERLIN (jhw).Der Elektro-Konzern Siemens plant offenbar, seinen Standort Berlin aufzuwerten.

BERLIN (jhw).Der Elektro-Konzern Siemens plant offenbar, seinen Standort Berlin aufzuwerten.Dann soll Vorstandsmitglied Jürgen Radomski dauerhaft in der obersten Führungsebene als Konzern-Beauftragter für Berlin fungieren.Auch soll er sein Büro in der Stadt haben.Radomski ist seit Oktober als Vorstandsmitglied für die Hauptstadt zuständig.Seinerzeit übernahm er diese Funktion vom früheren Verkehrstechnik-Vorstand Wolfram Martinsen.

Im Aufsichtsrat der Siemens AG, München/Berlin, bildet sich derzeit eine Koalition derer, die den Ort, in dem das Unternehmen vor mehr als 150 Jahren gegründet wurde, aufwerten wollen.Auf seiner nächsten Sitzung Anfang Dezember stellen sich zwei Fragen: Wird er Herbert Steffen, kürzlich zum Martinsen-Nachfolger als Leiter der verlustbringenden Siemens-Verkehrstechnik ernannt, in den Vorstand befördern? Und wird Steffen dann als sogenannter Bereichsvorstand Beauftragter für Berlin? Dieser Schritt gilt derzeit als unwahrscheinlich: Vielen erscheint für diese Position der Berliner Radomski als der richtige Mann - auch Georg Nassauer, Mitglied des Gesamtbetriebsrats und des Aufsichtsrats.

"Seine Person würde den Standort Berlin stärken", ist der Arbeitnehmer-Vertreter überzeugt.Radomski, gerade 57 Jahre alt geworden, ist einer der elf Vorstände von Siemens.Hier gehört er zu den acht Zentralvorständen, die die wesentlichen operativen Entscheidungen des Unternehmens treffen.Er betreut fachlich Einkauf und Logistik, Medizintechnik sowie die Tochter Osram GmbH und ist regional für das Europa-Geschäft des Konzerns zuständig."Wir brauchen einen Fürsprecher im Vorstand, der ein Herz für die Stadt hat", sagt Betriebsrat Nassauer.Deshalb hat er sich im Aufsichtsrat für Radomski eingesetzt, der in Berlin Betriebswirtschaftslehre studiert und im hiesigen Dynamo-Werk gearbeitet hat.Der Vorstand ist bereit, sich dauerhaft für Berlin einzusetzen - auch als Repräsentant im öffentlichen Leben der Stadt.Dafür soll der Leiter der Verkehrstechnik, Steffen, nicht automatisch Berlin-Betreuer im Vorstand werden, sofern der Aufsichtsrat ihn in dieses Gremium beruft.

Radomski hat diese Aufgabe im Oktober übernommen, nachdem der Bereichsvorstand der Verkehrstechnik, Martinsen, das Unternehmen verlassen hatte.Martinsen trat nach 23 Jahren in Diensten des Elektrokonzerns zurück, weil seine Sparte einen riesigen Verlust in dreistelliger Millionenhöhe gemacht hatte.Auch Martinsen hatte die Zuständigkeit für Berlin nicht zuletzt deshalb erlangt, weil er in Berlin geboren wurde.Dagegen wird sich Steffen dem Vernehmen nach darauf konzentrieren, die Verkehrstechnik zu sanieren.Derzeit überprüft er die Zukunftsfähigkeit dieser Sparte, deren Zentrale Siemens vor vier Jahren in die Hauptstadt verlegt hatte.Allerdings traf der Umzug auf harte Kritik, unter anderem auch, weil die jüngste Vergabepolitik der Berliner Verkehrs-Betriebe (BVG) an Siemens vorbeiging: Konkurrent Adtranz erhielt einen lukrativen Auftrag.Siemens-Vorstandschef Heinrich von Pierer sagte daraufhin, die Entscheidung der BVG "berührt eine tiefe Wunde".Das Verhältnis zwischen Konzern und Berlin sei "schwierig wegen hoher Erwartungen, die so nicht erfüllbar sind", sagte der Konzernlenker.So wäre es für Siemens schwierig zu organisieren, einen Zentralvorstand außerhalb der Münchener Zentrale einzusetzen.Mit der Aufwertung des Berlin-Beauftragten im Vorstand würde das Unternehmen ein Signal für den Standort Berlin setzen.Gesamtbetriebsrat Nassauer sieht in diesem Schritt ein Ende für den bisherigen "Flickenteppich" der Aktivitäten seiner Firma in der Stadt, die vielen Siemensianern immer noch eher als eine Art "verlängerte Werkbank" erscheinen, während die Entscheidungen in München fallen.Siemens beschäftigt in Berlin 20 000 Mitarbeiter, die in 15 Werken und Vertriebsstandorten tätig sind.In ganz Deutschland hat der Konzern rund 197 000 Mitarbeiter, weltweit sind es insgesamt etwa 386 000.

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