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Einbahnstraße. Bei einer solchen Firmenkultur, gibt man dem Chef besser kein Feedback.

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Kommunikation: So nicht!

Das persönliche Jahresgespräch gelingt nur, wenn Chef und Mitarbeiter auf Augenhöhe diskutieren. Wie auch kritisches Feedback die Stimmung nicht vermiest.

Um die Jahreswende herum ist es wieder einmal soweit: Vorgesetzte und Beschäftigte setzen sich zusammen, um die Zukunft zu planen. „Das Gespräch soll einem Rückblick auf das vergangene und einem Ausblick auf das kommende Jahr dienen“, sagt Gernold Frank von der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin, der sich als Betriebswirtschaftler mit dem Thema Personalmanagement befasst. In der Regel finden sie zwischen Dezember und März statt. Oft geht es darin auch um eine Beurteilung der Leistungen des Mitarbeiters, manchmal auch um das Gehalt.

Diese jährlichen Mitarbeitergespräche, auch Jahresgespräche genannt, sind in der Privatwirtschaft weit verbreitet, sagt der Wirtschaftspsychologe Rüdiger Hossiep von der Universität Bochum. Bei einer Befragung der 500 größten Unternehmen sowie Banken und Versicherungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz fand er 2005 heraus, dass 99 Prozent der Unternehmen Mitarbeitergespräche durchführten, davon 92 Prozent institutionalisiert, also mit festen Richtlinien. 98 Prozent wollten demnach die persönlichen Gespräche in Zukunft beibehalten. Diese Tendenz sei auf heute übertragbar.

Hervorgegangen aus dem Betriebsverfassungsgesetz von 1973 sollten Jahresgespräche die Mitsprache der Angestellten sichern. Sie seien eine Errungenschaft für die Mitarbeiter, sagt Hossiep. Ein grundsätzliches Recht auf ein Gespräch haben Beschäftigte allerdings nicht (siehe Kasten). Doch nach Ansicht des Wissenschaftlers würden nicht nur die Mitarbeiter – sondern auch alle Unternehmen davon profitieren, sie einzuführen, unabhängig von Betriebsgröße, dem Alter und der Stellung der Mitarbeiter. Die Voraussetzung dafür sei, dass sie professionell und systematisch durchgeführt werden.

Tipps für Vorgesetzte

„Ich spreche und Sie schweigen.“ Diesen Satz hat Felix Langness von der Personal- und Unternehmensberatung Kienbaum aus Düsseldorf tatsächlich schon einmal von einem Klienten gehört, als dieser seine Rolle als Vorgesetzter in einem Mitarbeitergespräch beschrieb. So eine Haltung sei ein Zeichen großer Unsicherheit seitens des Vorgesetzten, vermutet Langness, die bedingt sei durch mangelhafte Kommunikation mit den Mitarbeitern. Nicht nur einmal im Jahr, sondern ganzjährig sollte die Führungskraft mit ihren Leuten reden, dann werde auch das Jahresgespräch entspannter.

Eine gute Vorbereitung sei essenziell. „Wir empfehlen, eine Vorbereitungszeit pro Gespräch fest einzuplanen und das Gespräch bei Unmöglichkeit der Vorbereitung auch abzusagen“, sagt Langness. Dabei sollten Kernfragen, wichtige Formulierungen und argumentative Bandbreiten notiert werden. „So verläuft das Gespräch ruhiger und mit einer Gelassenheit, die schließlich als Souveränität und Professionalität wahrgenommen wird“, sagt Langness. Inhaltlich sollte sich der Vorgesetzte auf die zentralen Leistungen des Mitarbeiters konzentrieren und weniger mit einer Art „Rabattmarken-Mentalität“ übers Jahr negative Eindrücke sammeln.

Der Betriebswirtschaftler Gernold Frank sieht es als einen häufigen Fehler an, dass oft die Sicht auf die letzten drei Monate das Gespräch dominiert. Aus diesem Grund habe sich in der Personalführung die Tendenz zu mehreren Gesprächen im Laufe des Jahres etabliert – und zwar nicht nur mit dem Vorgesetzten: „Bei der Methode des 360-Grad-Feedbacks werden auch die Urteile der Kollegen, Untergebenen und Kunden mit einbezogen“, erklärt der ehemalige Personalverantwortliche der Dresdner Bank. „Allerdings ist diese Methode sehr kostspielig und aufwändig.“

Für ein gelungenes Jahresgespräch findet es Wirtschaftspsychologe Hossiep wichtig, dass der Vorgesetzte glaubwürdig und vertrauenserweckend agiert, dass er seine Aussagen ernst und es mit dem Mitarbeiter gut meint. „Wenn so eine Grundstimmung herrscht, dann kann auch Kritik geäußert werden, ohne dass sie verletzend wirkt“, sagt er.

Beim Ausblick auf das kommende Jahr empfiehlt Unternehmensberater Langness, mit den richtigen Fragen die Identifikation des Angestellten mit der Unternehmensstrategie zu fördern. „Fragen wie ‚Wie siehst Du deine Rolle in diesem Kontext?' oder ‚Welche Verbesserungsvorschläge hast Du?' führen in der Regel zu einem höheren Commitment und Verständnis für das große Ganze“, sagt er.

Ratschläge für Mitarbeiter

Mit der Einladung zum Jahresgespräch erhalten viele Angestellte einen Fragebogen von ihrem Vorgesetzten, anhand dessen sie ihre eigenen Leistungen einschätzen sollen. Die Mitarbeiter sollten sich für die Antworten Zeit nehmen. Sie können auch Stichpunkte mit ins Gespräch nehmen, wenn sie sich dann sicherer fühlen.

„Falls keine Unterlagen vorliegen, kann auch ein kurzes Telefonat klären, worum es gehen soll und wie man sich vorbereiten kann“, sagt Langness von Kienbaum. „So hat man selber Zeit, sich vorzubereiten und fühlt sich nicht überrumpelt oder gezwungen, adhoc Entscheidungen treffen zu müssen.“ Wenn es die Firmenkultur zulasse, könne sich der Angestellte auch ein Feedback für den Vorgesetzten überlegen und es im Gespräch an geeigneter Stelle äußern.

Wer Kritik einstecken muss, sollte sich vergewissern, ob er alles ganz genau verstanden hat: „Klären Sie, was für Sie noch nicht hinreichend deutlich geworden ist“, rät der Wirtschaftspsychologe Hossiep. Er rät, sich nicht sofort zu verteidigen oder zu rechtfertigen, sondern sich Zeit zu nehmen, um in Ruhe über das Gesagte nachzudenken.

Ist das Jahresgespräch ein guter Moment, um eine Gehaltserhöhung anzusprechen? An dieser Frage scheiden sich die Geister. Für Unternehmensberater Langness ist ein Blick auf den Gehaltszettel ein wichtiger Bestandteil des Mitarbeitergesprächs. Gernold Frank dagegen rät eher zur Zurückhaltung. „Wenn die Atmosphäre entspannt ist und alles rund läuft, kann man dieses Thema durchaus ansprechen“, sagt er.

In jedem Fall sollte der Mitarbeiter das Gespräch aber nicht als lästige Pflichtübung verstehen, sondern als Chance und – wenn es in der Betriebsvereinbarung festgeschrieben ist – auch als sein gutes Recht.

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