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Wirtschaft: Konjunktur: Auch der Kanzler revidiert jetzt die Prognose

Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) rückt unter dem Eindruck der Frühjahrsgutachten der Wirtschaftsinstitute von der offiziellen Wachstumsprognose ab. In einem Interview mit dem Nachrichten-Magazin "Der Spiegel" sagte Schröder: "Nach dem, was die Institute jetzt gesagt haben, scheint das schwer erreichbar zu sein.

Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) rückt unter dem Eindruck der Frühjahrsgutachten der Wirtschaftsinstitute von der offiziellen Wachstumsprognose ab. In einem Interview mit dem Nachrichten-Magazin "Der Spiegel" sagte Schröder: "Nach dem, was die Institute jetzt gesagt haben, scheint das schwer erreichbar zu sein." Auf eine neue Prognose wollte er sich nicht festlegen. Es gehe nicht darum, "dass man jetzt über zehntel Prozente feilscht". Das Bundesfinanzministerium wies weiter gehende Informationen des "Spiegel" zurück, wonach die Bundesregierung ihre Wachstumsprognose von mindestens 2,6 Prozent auf 2,25 Prozent zurücknehmen werde. "Es gibt schlichtweg noch keine Zahlen", sagte eine Sprecherin auf Anfrage. Die Forschungsinstitute erwarten wegen der deutlich abgekühlten Weltkonjunktur in diesem Jahr anstatt bisher 2,7 Prozent nur noch 2,1 Prozent Wirtschaftswachstum. Der an den Finanzmärkten viel beachtete Index des US-Verbrauchervertrauens ist - nach Angaben der US-Universität Michigan vom Donnerstag - im April überraschend stark gefallen und hat damit die Furcht vor einer starken Abkühlung der US-Konjunktur weiter verstärkt.

Der "Spiegel" berichtet, die Meinungsänderung der Bundesregierung habe sich nach einem ersten Treffen des interministeriellen Arbeitskreises für gesamtwirtschaftliche Vorausschau vergangene Woche abgezeichnet. Offiziell sei der Arbeitskreis noch nicht zusammengetreten, sagte die Sprecherin. Das Gremium berate erst Ende April im Vorfeld der Steuerschätzung Mitte Mai. Dann werde eine Prognose abgegeben. Nach der Steuerschätzung will auch Finanzminister Hans Eichel (SPD) reagieren. Er hatte aber bereits am Dienstag eine Korrektur des Wachstums nach unten in Aussicht gestellt.

Nach Angaben des "Spiegel" hat der interministerielle Arbeitskreis bereits eine Korrektur auf zwei Prozent erörtert, dies aber letztlich ausgeschlossen, da sich Export und private Nachfrage weiter erfreulich entwickelten. Demgegenüber gibt die Umsatzentwicklung im deutschen Einzelhandel gleichwohl eine gewisse Konsumzurückhaltung zu erkennen. Im Februar sanken die Erlöse im Vergleich zum Vorjahresmonat nach Angaben des Statistischen Bundesamtes um 5,6 Prozent. Real, das heißt, preisbereinigt, betrug das Minus sogar 6,7 Prozent. Vor dem Hintergrund gedämpfter konjunktureller Aussichten hielten sich die Verbraucher zurück, erklärte ein Sprecher des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels. Dass das Geschäft auch unabhängig von Witterungsbedingungen oder eingeschränkten Verkaufszeiten leide, zeige die Entwicklung im Versandhandel. Hier wurde im Februar ein Rückgang von 12,5 Prozent und preisbereinigt um 12,7 Prozent verzeichnet.

Wie der "Spiegel" weiter schreibt, erwarteten die Experten des Bundes und der Länder als Folge der Konjunkturabschwächung Steuerausfälle von über zehn Milliarden Mark. Rund fünf Milliarden Mark davon habe der Bundeshaushalt zu verkraften. Schröder erklärte im "Spiegel", er sei von der Konjunkturentwicklung nicht weiter alarmiert, denn die deutsche Volkswirtschaft befinde sich nach wie vor auf einem "robusten Wachstumspfad". Vor der anstehenden Tarifrunde plädierte der Kanzler für eine "sehr vernünftige Tarifpolitik".

Der vom Präsidenten des Deutschen Industrie- und Handelstages, Ludwig Georg Braun, erhobenen Forderung nach einer Nullrunde erteilte Verdi-Chef Frank Bsirske unterdessen eine klare Absage. "Ich halte gar nichts davon," sagte der Vorsitzende der mit fast drei Millionen Mitgliedern weltweit größten Einzelgewerkschaft. Dies sei "moralisch nicht gerechtfertigt" und mit Blick auf die volkswirtschaftliche Lage "hochgradig kontraproduktiv". Braun hatte im Interesse der Arbeitslosen für Nullrunden plädiert. "Wenn man diese Logik zu Ende denkt, müssten Arbeitnehmer noch Geld bringen, damit sie arbeiten dürfen", sagte er. Brauns Vorschlag sei "keine Grundlage für eine ernsthafte und konstruktive Suche nach Lösungen."

Immer mehr Pleiten in Japan

Nicht nur in den USA, auch in Japan haben sich die wirtschaftlichen Verhältnisse verschlechtert. Wie hartnäckig allerdings die Probleme in Japan sind, zeigt sich täglich durch die Statistik. Wie das private Forschungsinsitut Teikoku am Freitag mitteilte, sind die konkursbedingten Schulden in Japan mittlerweile auf den höchsten Stand seit dem Zweiten Weltkrieg gestiegen. In dem per Ende März zu Ende gegangenen Finanzjahr sei die Zahl der Konkurse um zwölf Prozent auf 18 926 Fälle gestiegen. Die Schulden aus diesen Pleiten stiegen sogar um 130 Prozent auf 25,9 Billionen Yen. Das sind umgerechnet rund 470 Milliarden Mark. Die Regierung hat den Banken vor kurzem zwei Jahre Zeit gegeben, um sich ihrer riskantesten Kredite zu entledigen. Die faulen Kredite im Lande werden offiziell auf 230 Milliarden Mark geschätzt.

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