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Wirtschaft: Konjunktur in Deutschland und der USA: DIW rechnet mit weniger Wachstum

Die deutsche Wirtschaft wird nach Einschätzung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) deutlich weniger wachsen als noch im vergangenen Jahr. "Die Konjunktur gerät in Atemnot", sagte DIW-Präsident Klaus Zimmermann bei der Vorlage der Konjunkturprognose.

Die deutsche Wirtschaft wird nach Einschätzung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) deutlich weniger wachsen als noch im vergangenen Jahr. "Die Konjunktur gerät in Atemnot", sagte DIW-Präsident Klaus Zimmermann bei der Vorlage der Konjunkturprognose. Für dieses Jahr erwartet das DIW ein Wachstum von 2,5 und für 2002 von 2,7 Prozent. Im Jahr 2000 legte die Wirtschaft noch um rund drei Prozent zu. "Damit setzt sich zwar die Aufwärtsentwicklung der deutschen Wirtschaft fort, doch bleibt das Tempo unterhalb des Möglichen", sagte Zimmermann. Verantwortlich dafür sei vorallem "die eng angelegte Geldpolitik".

Damit vergebe man sich aber Beschäftigungschancen, sagte DIW Konjunkturexperte Gustav-Adolf Horn. Für dieses Jahr erwartet das DIW eine Arbeitslosenquote von 8,5 und für das nächste Jahr von 8,0 Prozent. Der Abbau der Arbeitslosigkeit aber könnte deutlich stärker ausfallen. Dafür sei jedoch eine Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) um 0,5 Prozentpunkte nötig. Ein solcher Zinsschritt wäre ein wichtiges Signal. Dies sei schon deshalb zu vertreten, da die Währungshüter ihre straffe Geldpolitik im vergangenen Jahr mit den hohen Ölpreisen und dem schwachen Euro begründeten, mittlerweile habe sich die Situation aber verändert. Die Energiepreise hätten deutlich nachgegeben. Außerdem sehe das Institut auch den Euro auf einem aufsteigenden Ast. "Bis zum Jahresende erwarten wir einen Kurs von 1,05 Dollar", sagte Horn. Seit gut einem Jahr hat die EZB die Zinsen insgesamt um 2,25 Prozentpunkte auf 4,75 Prozent angehoben.

Ein deutliches geldpoltitisches Signal sei auch deshalb wichtig, da die Konjunkturlokomotive USA seit einigen Wochen deutlich ins Stottern gekommen sei. Die US-Wirtschaft werde, so die Prognose des Instituts, dieses Jahr nur um rund 2,5 Prozent wachsen. Im vergangenen Jahr waren es noch rund fünf Prozent. Dies und die straffe Geldpolitik der vergangenen Monate könnte hier zu Lande nicht durch die wachstumsfördernden Effekte wie niedrigeren Ölpreise oder die Steuerreform kompensiert werden.

Alles in allem rechnet das DIW für die USA mit einer so genannten weichen Landung. "Wir gehen davon aus, dass die Amerikaner den Abschwung der US-Wirtschaft zu stoppen wissen," sagte Horn. Schon in der Vergangenheit habe etwa die amerikanische Notenbank relativ zügig in der Geld- und Fiskalpolitik auf Konjunkturveränderungen reagiert. Das DIW ewartet deshalb, dass die Federal Reserve bald die Zinsen senkt. Sollte die weiche Landung allerdings nicht gelingen - etwa weil die wirtschaftspolitischen Maßnahmen falsch oder unzureichend seien, oder der Euro noch stärker aufwertete, könnten die Wachstumpsrognosen für Europa und Deutschland so sicher nicht aufrecht erhalten werden, sagte Horn. Eine expansive Geld- und Fiskalpolitik sei dann in Deutschland umso mehr gefragt.

Kurzfristig müsste die Regierung auch den Sparkurs von Finanzminister Hans Eichel verlassen dürfen, sollte eine zu starke konjunkturelle Abschwächung drohen. Aber auch sonst warnten die DIW-Experten davor, den Konsolidierungsprozess zu überziehen und damit die Konjunktur weiter zu schwächen. Nötig seien beispielweise stärkere Investitionen im Bildungssektor. Zur Unterstützung der Konjunktur forderte das DIW die Tarifparteien auf, auch weiterhin längerfristige Tarifverträge abzuschließen.

Die Ökonomen des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln und anderswo schätzen die konjunkturelle Lage in Europa und Amerika dagegen positiver ein: "Die schwache US-Konjunktur und der stärkere Euro schwächen zwar den Export, andererseits wird die Binnennachfrage durch die Steuerreform gestärkt", sagte der Leiter IW-Konjunkturabteilung Jörg Beyfuß, dem Tagesspiegel. Für Deutschland erwartet das IW für dieses Jahr deshalb ein Wachstum von 2,8 Prozent, nach drei Prozent im Vorjahr. "Bei dieser marginalen Konjunkturberuhigung sehen wir deshalb noch keine Veranlassung für die EZB, die Zinsen zu senken", sagte Beyfuß. Der Präsident des IW, Professor Gerhard Fels sieht sieht Euroland gar am Anfang einer langen Aufschwungphase. "Nachdem die Amerikaner die neunziger Jahre dominiert haben, könnte die erste Dekade des 21. Jahrhunderts das europäische Jahrzehnt werden."

Auch der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung geht weiterhin von etwa 2,8 Prozent Wachstum aus. Die von der Bundesregierung erwarteten drei Prozent seien "möglicherweise etwas zu optimistisch", sagte das Ratsmitglied Rolf Peffekoven in einem Interview mit dem Westdeutschen Rundfunk (WDR). Der Chef-Volkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter, teilt dagegen die Auffassung der Bundesregierung und verteitigt auch die EZB-Politik. "Die EZB liegt mit ihren derzeitigen Zinsen ganz gut", sagte er.

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