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© Kai-Uwe Heinrich

Konjunktur: Rezession in Raten

Ersten Daten zufolge ist die Wirtschaft im dritten Quartal erneut geschrumpft. Nun wird diskutiert, ob das schon ein Abschwung ist.

Berlin - Neue Prognosen zur Entwicklung der deutschen Wirtschaft haben die Angst vor einer Rezession wieder geschürt. Nach einer am Mittwoch von der EU-Kommission vorgelegten Konjunkturprognose schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) seit April zwei Quartale in Folge. Damit wären die technischen Voraussetzungen für eine Rezession zumindest erfüllt. Auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) geht davon aus, dass die deutsche Wirtschaftsleistung im Sommer erneut zurückgegangen ist.

Der Rückgang zwischen Juli und September beträgt nach Angaben der Kommission 0,2 Prozent, nach 0,5 Prozent im vorigen Quartal. „Der Wachstumsausblick für die zweite Hälfte dieses Jahres hat sich klar verschlechtert“, erklärte EU-Wirtschaftskommissar Joaquín Almunia mit Blick auf die Bundesrepublik. Grund sind die hohen Energie- und Lebensmittelpreise sowie die weltweite Finanzkrise. Für das Gesamtjahr rechnet Almunia wegen des starken ersten Quartals dennoch weiter mit einem Wachstumsplus von 1,8 Prozent in Deutschland.

Das DIW sagt für das laufende dritte Quartal ein Minus von 0,1 Prozent zum Vorquartal voraus. Zuvor hatten die Berliner Forscher noch ein leichtes Plus von 0,1 Prozent prognostiziert. Derzeit schwächele die deutsche Wirtschaft, sagte DIW-Konjunkturexperte Stefan Kooths. „Eine konjunkturelle Krise ist aber nicht in Sicht.“ Besonders schlecht werden die Aussichten für die Industrie eingeschätzt: Für das Produzierende Gewerbe sagt das DIW einen Rückgang um 1,5 Prozent vorher. Die Dienstleistungssektoren seien dagegen im Aufwind.

Anders als die Berliner Forscher sieht das gewerkschaftsnahe Konjunkturinstitut IMK Deutschland auf dem Weg in eine Rezession. „Die Zahlen für das dritte Quartal deuten darauf hin. Besonders die Produktionszahlen von Juli sind ein sehr starkes Indiz“, sagte IMK-Direktor Gustav Horn dem Tagesspiegel. Auch wenn das schlechte zweite Quartal vor allem eine Anpassung an die überraschend starken ersten drei Monate des Jahres gewesen sei: „Die Aussichten sind nicht gut.“

Auch der Internationale Währungsfonds schließt einen Abschwung in Deutschland offenbar nicht aus. Wie „Zeit Online“ unter Berufung auf einen Entwurf des neuen Weltwirtschaftsausblicks berichtet, hält der Fonds eine Rezession „für möglich“. 2009 werde die deutsche Wirtschaft demnach um weniger als ein Prozent wachsen.

Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln, warnte indes davor, das Wort „Rezession“ zu verwenden. „Wir sind zwar derzeit in einer wirklich miesen Situation, und dem Aufschwung geht die Luft aus – aber das auf einem hohen Niveau“, sagte Hüther dieser Zeitung. Für eine echte Rezession sei etwa der Arbeitsmarkt viel zu robust.

Das sieht Allianz-Chefvolkswirt Michael Heise ähnlich. „Die derzeitige Entwicklung lässt sich nicht mit der Situation Anfang der 80er oder 90er Jahre vergleichen“, sagte er dem Tagesspiegel. „Die Nachfrage ist wegen des Preisanstiegs bei Energie und Lebensmitteln zwar deutlich eingebrochen.“ Aber diese Belastung löse sich so langsam auf, wie der sinkende Ölpreis zeige. Da der Arbeitsmarkt und die Wirtschaftslage stabil seien, deute derzeit nichts auf eine Rezession hin. Im Gegenteil: „Ich gehe davon aus, dass sich der private Verbrauch schon zu Beginn des vierten Quartals leicht erholen wird.“

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Juliane Schäuble

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