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Klappe auf, Klappe zu. Praktikanten erfüllen heute oft anspruchsvolle Aufgaben - und werden eher nicht mehr fürs Kopieren eingesetzt.

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Praktika für Studenten: Kopieren, nein danke!

Praktikanten von heute stehen nicht am Kopierer oder kochen Kaffee. Sie bauen Datenbanken auf, recherchieren Literatur, betreiben Produktmanagement – und bekommen dafür auch immer öfter Geld.

Wie soll ich mit diesem Wissen einen Stelle finden, fragte sich Karl-Heinz Arendt zum Ende seines Studiums. Viel Theorie, aber wenig Praxis, hatte er in seinem Masterstudium Personalmanagement an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin gelernt. „Damit wird es schwer, später irgendwo reinzukommen“, dachte sich der 28-jährige Student – und entschied sich, ein Praktikum zu machen. Es war nicht sein erstes – aber es wurde zu seinem vorerst letzten.

Ein Praktikum kann zu unterschiedlichen Phasen im Leben sinnvoll sein: Manche machen ein Praktikum, weil es Voraussetzung ist für die Aufnahme eines Studiums etwa in Elektrotechnik, Ingenieurswesen oder auch Sonderpädagogik. Andere schnuppern in den Semesterferien für kurze Zeit in einen Beruf hinein, um sich zu orientieren. Und wieder andere wollen, so wie Karl-Heinz Arendt, parallel zu ihrem Fachstudium praktisches Wissen in ihrem Arbeitsgebiet sammeln, die Branche besser kennenlernen oder sich spezialisieren. In manchen Studienordnungen ist ein solches Praktikum oder Praxissemester sogar verpflichtend vorgesehen.

Einstiegsticket in eine Firma

Und dann gibt es noch die Praktika, die Absolventen nach der Hochschulzeit absolvieren, weil sie noch Erfahrungen sammeln wollen, bevor sie „richtig“ ins Berufsleben einsteigen, und hoffen, in einem Unternehmen Fuß zu fassen – und eine Stelle zu finden. Immerhin gelingt das laut der Studie „Generation Praktikum“, die im Auftrag der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung erstellt wurde, jedem fünften Praktikanten. Die Untersuchung ist von 2011, aber nach wie vor aktuell, sagt Co-Autor Boris Schmidt.

Die Zeiten, in denen Praktikumsplätze rar waren, sind offenbar vorbei. Firmen suchen wieder Nachwuchs und das zeigt sich auch an den Praktikumsangeboten. Man findet sie über soziale und berufliche Netzwerke wie Xing oder LinkedIn, beim Besuch von Praktikumsbörsen oder auf den Pinnbrettern der Karriereservices von Hochschulen.

Allein bei dem Online-Stellenportal Stepstone stößt man auf über 1000 freie Plätze in Berlin. Dort wird etwa ein Praktikant gesucht, der bei einem Pharma-Konzern den Aufbau einer Datenbank unterstützt und die Literaturrecherche übernimmt, einer, der bei einem Hi-Fi-Hersteller Schaltungen und Module entwickelt oder einer, der bei einem Online-Marktplatz im Produktmanagement eigene Projekte umsetzt.

Erst Praktikum, dann Werkstudent

Auch Karl-Heinz Arendt hat in Karrierebörsen im Internet gesucht. Dort stieß er auf ein Angebot von BASF Services Europe in Berlin. Die Ausschreibung passte zu seinen Vorstellungen. Für den Chemiekonzern sprach auch, dass eine Kommilitonin dort schon einmal ein Praktikum absolviert hatte und sehr zufrieden war. Das Unternehmen beschäftigt 1000 Mitarbeiter – und im Schnitt 20 Praktikanten. Die Praktika sind allein auf Studenten ausgerichtet. Sie dauern zwischen zwei und sechs Monaten und werden mit monatlich 600 Euro vergütet. Folgepraktika sind nicht möglich, mitunter aber der Einstieg als Werkstudent. Für Arendt kam dabei sogar mehr heraus.

Die Pharma- und Chemie-Branche gehört neben der IT- und der Autobranche zu den Wirtschaftszweigen, die ihren Praktikanten wegen Nachwuchssorgen mittlerweile gute Angebote machen, haben die Macher der Absolventa-Umfrage „Praktikantenspiegel 2014“ festgestellt. Medien, kulturelle und soziale Einrichtungen sowie der öffentliche Dienst zahlen laut Absolventa, der Jobbörse für junge Akademiker und Studenten, weiterhin aber kaum oder gar nicht. Im Schnitt erhalten Praktikanten mit Bachelorabschluss demnach 729 Euro pro Monat. Praktikanten mit Master 829 Euro und Praktikantinnen mit Master 798 Euro pro Monat. Die Ergebnisse sind allerdings nicht repräsentativ, weil gut zahlende Branchen in der Studie besonders stark vertreten waren.

Im Vordergrund steht laut dem Autor der Generation-Praktikum-Studie, Boris Schmidt, für die meisten Praktikanten aber sowieso nicht das Geld, sondern das praktische Lernen. Gute Bewertungen gaben Praktikanten ihren Unternehmen, wenn die Praktika abwechslungsreich waren, wenn sie Interessantes dazu lernten und gut betreut wurden, sagt der Wirtschaftswissenschaftler der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin.

Zehn bis zwanzig Prozent der Praktika wurden in der Böckler-Studie als schlecht bewertet. Praktikanten wurden entweder nicht an den Arbeitsabläufen beteiligt oder mit monotonen Hilfstätigkeiten voll eingeplant, bei denen sie keinen Lerneffekt hatten. „50 Prozent der Praktika waren aber richtig gut“, sagt Schmidt: Sie ermöglichten praktische Lernmöglichkeiten sogar mit Vergütung oder zumindest die Gelegenheit, sich im beruflichen Alltag auszuprobieren.

Sehr wichtig sei es deshalb, dass sich Interessenten vorher über Kriterien guter Praktika informieren. Der Career Service der Freien Universität zum Beispiel hat einen eigenen Praktikumskodex entwickelt. Unternehmen verpflichten sich damit, ihren Praktikanten mehr anzubieten als Telefondienst und Botengänge, freiwillige Praktika auf drei Monate zu beschränken – und ein qualifiziertes Praktikumszeugnis auszustellen.

Ändert sich nichts, sollte man abbrechen

Auch die Gewerkschaften und die IHK Berlin informieren über unterschiedliche Formen und den rechtlichen Rahmen. Schmidt rät Praktikanten, ihre Lernziele samt Dauer und Vergütung des Praktikums am besten in einer Vereinbarung mit dem Unternehmen festzuhalten. Auch der Betreuer sollte dort genannt werden. Wenn man nach zwei Wochen als Praktikant nur Routinetätigkeiten abgearbeitet und nichts Neues kennengelernt hat, solle man das Praktikum lieber abbrechen. „Es wird nicht besser“, sagt Schmidt.

Karl-Heinz Arendt ist rückblickend mit seinem Praktikum bei BASF sehr zufrieden. Er arbeitete der Personalabteilung zu, scannte etwa Bewerberunterlagen vor, erstellte Interviewpläne, leitete Stellenausschreibungen an Unis weiter. Und er lernte einiges dazu, indem er etwa bei Telefoninterviews mit Bewerbern zuhörte oder eine Stellenausschreibung formulierte und dafür Feedback bekam. „Das hatte ich vorher noch nie gemacht“, sagt Arendt. Außerdem konnte er seiner Betreuerin, mit der er in einem Büro saß, immer Fragen stellen.

Und Arendt hat es geschafft. Er gehört zu den 20 Prozent der Praktikanten, für die die Testmonate zum Türöffner werden. Er schrieb seine Masterarbeit im Unternehmen – und übernahm anschließend eine Vertretungsstelle.

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