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Wirtschaft: Krankenkassen: Chefarzt-Visite auch für Kassenpatienten. Wer bessere Leistungen will, muss nicht komplett zur Privaten wechseln

Schlaf ist die beste Medizin - das wussten schon unsere Urgroßmütter. Nach Ruhe und Schlaf sehnt sich auch so mancher Kassenpatient, der sein Krankenhauszimmer mit drei Bettnachbarn teilen muss.

Schlaf ist die beste Medizin - das wussten schon unsere Urgroßmütter. Nach Ruhe und Schlaf sehnt sich auch so mancher Kassenpatient, der sein Krankenhauszimmer mit drei Bettnachbarn teilen muss. Besuch, Telefonklingeln, Schnarchgeräusche, nächtliche Toilettengänge: Da wird der Heilungsprozess zu viert schnell zum Härtetest. Diesem stationären Gruppenzwang können gesetzlich Versicherte durch eine private Zusatzversicherung entgehen. Damit schlagen sie zwei Fliegen mit einer Klappe: Ohne die Auflagen einer privaten Krankenversicherung - wie Mindesteinkommen oder Beitragszahlungen für Familienmitglieder - erfüllen zu müssen, erlangen gesetzlich Versicherte den Status eines Privatpatienten: Eine Zusatzversicherung für stationäre Behandlungen bringt auch Kassenpatienten in den Genuss eines Ein- oder Zweibettzimmers - Chefarztbehandlung inklusive.

Bereits 4,4 Millionen gesetzlich versicherte Arbeitnehmer nutzen diese Möglichkeit, ihre Versorgung im Krankenhaus aufzubessern. Der monatliche Beitrag für den zusätzlichen Versicherungsschutz liegt zwischen 60 und 120 Mark - je nach Versicherungsgesellschaft, Geschlecht und Eintrittsalter. Ebenso bestimmt die Zimmerwahl die Höhe der anfallenden Kosten: Wer sein Krankenzimmer mit niemanden teilen möchte, muss dafür einen Aufschlag von bis zu 20 Prozent auf den Zweibettzimmer-Tarif kalkulieren.

Für den Abschluss einer Zusatzversicherung spricht auch die Möglichkeit der freien Krankenhauswahl. Denn Kassenpatienten müssen mit dem nächstgelegenen Hospital, das für ihre Behandlung geeignet ist, Vorlieb nehmen. Durch die stationäre Zusatzversicherung ist der Versicherungsnehmer von dieser Zwangsverschickung befreit. "Besonders Versicherte, die nicht in Städten mit einem großen Klinikangebot leben, profitieren von der Wahlmöglichkeit", sagt Karl Eberhardt vom Bundesverband der Versicherungsberater.

Wer für den Fall eines längeren Klinikaufenthaltes rundum vorsorgen möchte, kann zusätzlich eine Krankentagegeld-Versicherung abschließen. Das Krankentagegeld - für Selbstständige ein Muss - gleicht Lücken bei der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall aus: Nach der sechswöchigen Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber gibt es Geld von der Krankenkasse - allerdings weniger. Bei dieser Police zählen aber nicht nur die Beiträge. Einige Versicherer zahlen zum Beispiel nicht, wenn der Kunde nach einem Unfall eine Reha-Maßnahme antreten muss.

Auch bei der ambulanten Behandlung in der Arztpraxis können Versicherungskunden die Leistungen der gesetzlichen Kassen aufpeppen. Die privaten Versicherer haben zu diesem Zwecke Ergänzungstarife im Angebot. Diese Tarife ergänzen den Schutz der gesetzlichen Krankenversicherungen. Für einen monatlichen Beitrag zwischen zehn und 60 Mark übernehmen die Privaten einen Teil des Betrags, den der gesetzlich Versicherte selber tragen muss - etwa die Eigenanteile bei Zahnersatz, Brillen und Hörgeräten. "Die Ergänzungstarife decken aber nicht den vollen Eigenanteil der Patienten ab", erklärt Versicherungsberater Karl Eberhardt. Deshalb sei es bei kalkulierbaren Kostenrisiken oft sinnvoller, eigene Rücklagen zu bilden, anstatt Versicherungsprämien zu zahlen - wie etwa bei Sehhilfen. Wer monatlich 25 Mark zur Seite lege, könne sich alle drei Jahre eine Brille für fast 1000 Mark leisten.

Viele Versicherungsgesellschaften bieten ihre Leistungen nur als Paket an. Die Verbraucher Initiative empfiehlt daher, vor Vertragsabschluss abzuwägen, welche Leistungen für den eigenen Bedarf wirklich sinnvoll sind. "Wer nur bestimmte Leistungen in Anspruch nehmen will, sollte mit dem Versicherer handeln, es lohnt sich", rät Georg Abel von der Verbraucher Initiative. Die Versicherungsprämien werden unabhängig vom Einkommen für jede Person erhoben, eine kostenlose Mitversicherung von Familienmitgliedern ist nicht möglich. Und auch vom Arbeitgeber können keine Zuzahlungen erwartet werden.

Bevor eine private Versicherung einen Neukunden aufnimmt, prüft sie ihn auf Herz und Nieren. Patienten, die unter langwierigen oder chronischen Erkrankungen leiden, müssen Risikozuschläge zahlen. Hier lohnt schummeln nicht: Verschweigt der Antragsteller bestehende Krankheiten, kann der Vertrag im Nachhinein für ungültig erklärt werden.

Dagmar Rosenfeld

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