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Wirtschaft: Länder wollen Läden länger öffnen

Mehrheit plant Freigabe an Werktagen rund um die Uhr. Ausnahme Sonntag

Berlin - Am freizügigsten halten es die Küstenländer – und das liegt auch am Strand. Kein Bundesland will bei der Neuregelung der Ladenschlusszeiten so weit gehen wie der Ostsee-Anrainer Mecklenburg-Vorpommern. „Unser Ziel ist es, die Öffnungszeiten ganz freizugeben“, sagte ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums dem Tagesspiegel. Auch an den Sonntagen sollen die Geschäfte grundsätzlich verkaufen dürfen – „abgesehen von den Gottesdienstzeiten“, wie der Sprecher mit Rücksicht auf die Kirchen betont. Ermöglicht werden könnte das durch eine Kombination aus erweiterten Ladenschluss-Zeiten und einer Verlängerung der Ausnahmeregeln, die es den Bädern schon jetzt erlauben, während der Tourismus-Saison an den Sonntagen zu verkaufen. Mit ähnlichen Plänen liebäugelt auch Schleswig-Holstein.

Mit der Föderalismusreform, über die der Bundesrat am heutigen Freitag abstimmt, werden auch die Zuständigkeiten beim Ladenschluss neu verteilt. Künftig können die Bundesländer selbst bestimmen, wie lange die Händler ihre Geschäfte öffnen dürfen. Bisher hat das der Bund für alle einheitlich festgelegt. Die meisten Länder haben sich bereits entschieden: Eine Mehrheit will die Öffnungszeiten werktags von Montag bis Samstag rund um die Uhr freigeben. Nur am Sonntag sollen die Geschäfte – von Ausnahmen abgesehen – dicht bleiben.

Auch Berlin und Brandenburg liegen mit ihren Plänen im Mehrheitstrend. Beide Länder wollen werktags den Verkauf komplett freigeben. Berlin hat sich nach Auskunft einer Sprecherin des Sozialverwaltung aber noch nicht festgelegt, ob die Händler künftig an vier oder sechs Sonntagen im Jahr öffnen dürfen. „Das kann der amtierende Senat auch nicht mehr entscheiden“, sagte die Sprecherin mit Verweis auf die Wahl im September. Brandenburg plant dagegen die Freigabe an vier Sonntagen im Jahr.

Hessen hatte sich bereits am Wochenende für diese Variante entschieden, auch Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Hamburg und Nordrhein-Westfalen planen eine entsprechende Ausweitung der Ladenöffnungszeiten. In Baden-Württemberg hat sich die Landesregierung dafür ausgesprochen, im Gegenzug zur vollständigen Liberalisierung an den Werktagen den Händlern künftig nur noch an zwei – statt bisher vier – Sonntagen im Jahr den Verkauf zu erlauben. „Wir wollen die Sonn- und Feiertage stärken“, sagte eine Sprecherin des Sozialministeriums. Das kommt den Kirchen erwartungsgemäß entgegen. „Der Dreh und Angelpunkt ist für mich der Sonntag“, sagte Bischof Wolfgang Huber, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland. Es müsse dabei bleiben, dass der Sonntag arbeitsfrei ist und in seinem Charakter als Gottesdienstag, der Muße und Begegnung gestärkt werde.

Das sehen auch die Bayern so, der Sonntag bleibt tabu. Derweil bahnt sich in der Staatsregierung ein Streit über die Freigabe an den Werktagen an. Wie die „Passauer Neue Presse“ berichtet, sprach sich Wirtschaftsminister Erwin Huber für eine Freigabe der Öffnungszeiten von Montag bis Samstag rund um die Uhr aus. Seine CSU-Kollegin und Sozialministerin Christa Stewens hatte dagegen gesagt, sie könne sich höchstens vorstellen, „die Öffnungszeiten von Montag bis Samstag weiter zu flexibilisieren“.

Der Einzelhandelsverband HDE begrüßte gestern die Liberalisierungspläne. „Das ist für die Händler optimal“, sagte Sprecher Hubertus Pellengahr. „Wenn sich die lange Öffnung nicht rechnet, werden die Läden früher wieder dichtmachen.“ Darum sei die Befürchtung der Gewerkschaften auch völlig unbegründet, dass sich Mitarbeiter bis in die Nacht die Beine in den Bauch stehen müssten.

Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi sieht das ganz anders. Sie gehört zu den schärfsten Kritikern der weiteren Liberalisierung. „Es gibt keine wirtschaftliche Notwendigkeit dafür“, sagte Handelsexperte Ulrich Dalibor. Die Umsätze würden sich erfahrungsgemäß nur verlagern. Die Gewerkschaft, deren Mitglieder bereits gegen die langen WM-Öffnungszeiten vor Gericht gezogen waren, befürchtet, dass die Liberalisierung vor allem zu Lasten der Beschäftigten geht – und schließt weitere rechtliche Schritte nicht aus. „Ich gehe davon aus, dass Betroffene zu uns kommen werden, um dagegen zu klagen“, sagte Dalibor.

Maren Peters

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