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Deutsche und Chinesen. Roald Koch, Shi Ziwei und Torsten Brumme (von links) sparten nicht mit Kritik.

© Mike Wolff

Lange Wartezeiten: Wirtschaftsvertreter kritisieren deutsche Visa-Politik in Fernost

Längst ist China nach den USA Deutschlands wichtigster internationaler Handelspartner. Doch chinesische Geschäftsleute müssen viel Geduld haben, wenn sie nach Deutschland reisen wollen.

Berlin - Berliner Wirtschaftsförderer und Manager chinesischer Firmen kritisieren Deutschlands Visapolitik in Fernost. Chinesische Geschäftsleute und Investoren müssten mitunter ein Jahr und länger warten, bevor sie nach Deutschland reisen dürfen. „Hinter diesem Vorgehen steckt Methode“, klagte Roald Koch vom Standortmarketing Berlin Partner am Donnerstagabend bei einer ChinaPodiumsdiskussion des Berlin-Maximal- Clubs, des Businessnetzwerks des Tagesspiegels. Für das Land Berlin spürt Koch expansionswillige Firmen unter anderem in China auf, um sie nach Berlin zu locken. „Es ist seltsam, dass Menschen, die hier investieren wollen, es so schwer gemacht bekommen“, beklagte er.

Monatelange Verzögerungen bremsen den Ausbau der deutsch-chinesischen Handelsbeziehungen und letztlich auch die wirtschaftliche Entwicklung Berlins, zeigte sich Koch überzeugt. Im Widerspruch dazu steht, dass die Bundesregierung im vergangenen Jahr zu Regierungskonsultationen nach Peking reiste, hauptsächlich um fortan noch mehr Geschäfte mit dem Reich der Mitte zu machen. Längst sind die Chinesen nach den USA Deutschlands wichtigster internationaler Handelspartner.

Eine Willkommenskultur für chinesische Investitionen hat sich hierzulande offenbar trotzdem noch nicht eingestellt. Fast ein Jahr habe er auf sein Deutschland-Visum warten müssen, berichtete Shi Ziwei, Deutschland-Chef von Hainan Airlines. Die Aktiengesellschaft gehört zu den größten Fluggesellschaften Chinas und verbindet seit 2008 unter anderem Berlin und Peking, derzeit mit drei Direktflügen pro Woche. Das schafft Arbeitsplätze und wirft Steuern ab. Umso mehr wunderte sich Shi Ziwei bei seinem Wechsel von Hainan Airlines in Brüssel nach Berlin über die lange Wartezeit.

„Es ist so gut wie unmöglich, Mitarbeiter unseres Mutterkonzerns kurzfristig nach Deutschland zu holen“, erzählte auch Torsten Brumme von der Schiess Tech GmbH. Das Unternehmen aus dem thüringischen Aschersleben baut Maschinen für den Werkzeugbau. Als es 2004 insolvent ging, kaufte die chinesische Shenyang Machine Tool Corporation das Unternehmen auf. Nun hilft die Schiess Tech den Chinesen dabei, eine Europa-Zentrale am Potsdamer Platz aufzubauen. „Berlin und Deutschland profitieren davon“, warb Brumme. Die Shenyang Machine Tool Corporation werde die Schiess-Tech-Maschinen bald in China herstellen, den weltweiten Vertrieb aber über Berlin abwickeln. Die Langsamkeit der deutschen Konsulate in China erschwere die Zusammenarbeit dabei.

Im Auswärtigen Amt ist das Problem bekannt. Eine Sprecherin weist allerdings jede böse Absicht hinter den Wartezeiten zurück: „Wir müssen uns bei der Visavergabe an die Vorgaben aus Brüssel halten.“ Der Hauptgrund für das lange Warten liege vielmehr in der zunehmenden Flut von Anträgen. Insgesamt 340 000 bearbeiteten die vier deutschen Konsulate 2011. Weil die Mitarbeiter damit überfordert waren, beauftragt das Auswärtige Amt seit Herbst 2012 einen privaten Dienstleister mit der Vorabprüfung der Anträge.

Viel schneller sei das Verfahren dadurch nicht geworden, beteuerte Roald Koch von Berlin Partner. „Einige Zuwanderungsregeln sind zuletzt verschärft worden.“ Chinesische Manager, die ein längeres Aufenthaltsrecht beantragen möchten, müssten plötzlich nachweisen, dass sie mindestens 180 Tage im Jahr in Deutschland sind. Arne Bensiek

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