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Wirtschaft: Lautlos schleichen sich die Münchner ins Vermögensgeschäft

Das Geschäft mit Versicherungen verspricht keine attraktiven Wachstumsraten mehr. Der Kauf von Pimco war nur der AnfangThomas Magenheim-Hörmann Spinnen jagen lautlos.

Das Geschäft mit Versicherungen verspricht keine attraktiven Wachstumsraten mehr. Der Kauf von Pimco war nur der AnfangThomas Magenheim-Hörmann

Spinnen jagen lautlos. Das trifft vor allem auf die Münchner Allianz AG zu, die oft als Spinne im Netz der deutschen Wirtschaft bezeichnet wird. Angesichts dieser Praxis laufen sogar wegweisende Coups der Münchner Gefahr, in der breiten Öffentlichkeit nicht als solche erkannt zu werden. Ein solches Ereignis war die jüngst verkündete Mehrheitsübernahme des US-Vermögensverwalters Pimco. Denn erst damit kann die größte Versicherung der Welt eine neue Phase ihrer Konzerngeschichte beginnen und in einem lange Jahre nur Banken vorbehaltenen Geschäft in großem Stil international auf den Plan treten.

Seit etwa drei Jahren spricht Konzernchef Henning Schulte-Noelle öffentlich davon, die Verwaltung privater Vermögen zur dritten Geschäftssäule neben der Personen- und Sachversicherung zu machen. Mit Pimco haben die Münchner alle Chancen dazu. Zusammen hat das Duo über 1,2 Billionen Mark an internationalen Finanzmärkten angelegt und ist damit statistisch die neue Nummer sechs dieser Sparte. Bislang entfällt mit etwa 50 Milliarden Mark nur ein relativ kleiner Teil der Allianz-Gelder auf Asset Management für Privatpersonen. Das Gros legen die Münchner auf eigene Rechnung an, um damit ihr traditionelles Kerngeschäft mit Versicherungen zu speisen. Insgesamt hatten sie zuletzt 713 Milliarden Mark auf den Finanzmärkten in aller Welt investiert.

Der gut sechs Milliarden Mark teuere Pimco-Kauf und die damit verbundene Strategie leistet sich der Versicherer aus zwei Gründen. Zum einen verschwimmen traditionelle Grenzen zwischen Banken und Versicherungen im Zuge von Großfusionen und liberalisierter Finanzmärkte. Zum anderen mindert die globale Konsolidierung der Assekuranz die Versicherungsmargen. In Deutschland kommt speziell bei Lebensversicherungen steuerlich bedingter Druck auf dieses Kerngeschäft dazu. Das zwingt die Allianz und ihren Chef Schulte-Noelle, nach neuen Ertragsquellen Ausschau zu halten. Da wiederum in Deutschland das staatliche Rentensystem wankt und privater Vorsorge immer mehr Bedeutung zukommt, ist der neue Fokus auf Vermögensverwaltung für die Allianz eine logische Konsequenz. Immerhin schätzen Experten das Wachstum für Vermögensverwaltung in Deutschland bis 2005 auf jährlich mindestens 15 Prozent. Im internationalen Vergleich sind Deutsche in Fonds deutlich unterinvestiert. Während Bundesbündesbürger pro Kopf derzeit im Schnitt 5000 Mark in Investmentfonds stecken haben, beträgt diese Summe bei Franzosen 18 000 Mark und in den USA 36 000 Mark.

Daraus folgert nicht nur Schulte-Noelle einen "immensen Nachholbedarf". Von diesem aufgehenden Kuchen wollen will er ein großes Stück abschneiden und dabei die Erfahrung der Allianz mit Geldanlage nutzen. Nun muss dieses Wissen für Dritte vermarktet werden. Zu einem "großen Allfinanzbrei" soll das zumindest im Fall der Allianz nicht führen, hat Schulte-Noelle vor kurzem zu Protokoll gegeben. Ein derartiges Gemisch würde der Konzernstratege in der Vollfusion mit einer Bank sehen. Weit davon entfernt ist die Allianz aber nicht. An der Dresdner Bank hält sie als größter Aktionär knapp 22 Prozent. Bei der mit ihrem Segen fusionierten Bayerischen Hypo- und Vereinsbank (BHV) beträgt ihr Anteil über 17 Prozent. Das und die auf Vermögensverwaltung zielende Allianz- Strategie schaffen Raum für Spekulationen. So pfeifen die Spatzen von den Dächern, dass Dresdner und BHV vom Trauzeugen Allianz kommendes Jahr verheiratet werden. Ob die geschwätzigen Tiere die Wahrheit wissen, ist freilich noch nicht entschieden. Für die Allianz käme eine solche Fusion aber nicht ungelegen. Die Dresdner ist in Deutschland bei der Vermögensverwaltung für Dritte über ihre Fondgesellschaft DIT mit 13,5 Prozent Marktanteil Nummer drei hinter Deutscher Bank mit ihren DWS-Fonds und den Sparkassen mit Deka. Die BHV hat ihr Geschäft mit Publikumsfonds soeben unter dem Namen Activest neu gestartet und damit ehrgeizige Wachstumsziele verknüpft. Binnen fünf Jahren wollen die Münchner Banker in diesem Segment im heimischen Markt mit dann zehn Prozent Marktanteil mindestens zur Nummer vier aufsteigen. Zusammengerechnet wären DIT und Acitvest deutscher Marktführer in dieser Wachstumssparte. In einem weiteren Schritt könnte DIT/Activest mit der Allianz- Vermögensverwaltung verbandelt werden. Schon jetzt kooperiert der Versicherer mit der Dresdner dabei über ihre gemeinsame Tochter Adam Service GmbH technisch und im Vertrieb in einzelnen Ländern.

Größe ist gerade für dieses Geschäft wettbewerbsentscheidend, bekannte Schulte-Noelle zur Pimco-Übernahme. Denn die Kosten für Marktbeobachtung und Verwaltung seien einerseits unabhängig vom Umfang des verwalteten Vermögens. Wenn sie sich aber auf immer mehr Anleger verteilen, erhöhe das die Rendite stetig. Mit Pimco und der Bündelung der Kräfte mit Dresdner und BHV wäre die Allianz in der Vermögensverwaltung dann einer der aussichtsreichsten Wettbewerber. Über die in den vergangenen acht Jahren unter Schulte-Noelle durch Großakquisitionen betriebene Globalisierung könnten die Münchner dieses Geschäft in alle Welt exportieren. Asien ist schon jetzt fest im Visier nicht nur für das Assekuranzgeschäft.

Thomas Magenheim-Hörmann

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