zum Hauptinhalt
Für Alte und Junge. Zukünftige Betreuungsassistenten müssten ein „aufrichtiges Interesse und Geduld für Menschen, die den Überblick über ihr eigenes Leben verlieren“, mitbringen, heißt es in der Beschreibung des Kursanbieters. Wer hingegen die Ausbildung zum Sozialassistenten beginnt, arbeitet nicht nur mit pflegebedürftigen Menschen, sondern auch mit Kindern.

© picture alliance / dpa

Weiterbildung: Leben helfen

Der soziale Bereich zählt zu den Wachstumsbranchen. Nicht zuletzt wegen des Demographiewandels. Umschulungen und Ausbildungen, in denen man lernt, mit Betreuungsbedürftigen zu arbeiten, bieten gute Chancen.

Wenn Ronja Sander an ihr Praktikum in einer Berliner Tagesstätte für Kinder mit Behinderungen zurückdenkt, kommt ihr sofort jenes siebenjährige Mädchen in den Sinn, das manchmal den ganzen Tag schrie. Von morgens bis abends. Das Mädchen hatte häufig starke Schmerzen. Doch wenn man ihm zum Beispiel sein Lieblingsbuch vorlas konnte es sich entspannen und wurde ruhig. Genau das tat Ronja Sander also. Sie heißt eigentlich anders, ihr richtiger Name soll aber nicht in der Zeitung stehen, weil sonst vielleicht die Menschen erkennbar würden, von denen sie erzählt. All jene Menschen wie das siebenjährige Mädchen, die sie während ihrer Ausbildung zur Sozialassistentin schon getroffen hat.

Sozialassistenten betreuen und pflegen Menschen mit Unterstützungsbedarf - von jung bis alt, mit und ohne Behinderungen. Sie arbeiten in Berlin etwa in Altenheimen oder WGs für Menschen mit Behinderungen. Sie sind in ambulanten sozialen Diensten beschäftigt, in Kitas oder auch als persönliche Assistenz in Privathaushalten. Und sie stehen dabei vor der Aufgabe, herauszufinden, wie sie Menschen am Besten helfen können. Denn jeder ist anders.

"Was mit Menschen"

Nach der Schule hatte Ronja Sander zunächst eine Ausbildung für modernen Bühnentanz begonnen. Die brach die heute 25-jährige aber ab und wollte stattdessen gern „was mit Menschen" machen – am liebsten wollte sie sich auf die Arbeit mit Kindern spezialisieren. Für die Ausbildung zur Erzieherin fehlte ihr aber das Abi oder eine abgeschlossene Berufsausbildung. Deswegen begann sie im September 2013 bei dem privaten Ausbildungsanbieter Forum Berufsbildung in Berlin die Ausbildung zur Sozialassistenz. „In meiner Gruppe sind die Teilnehmer ganz gemischt. Es sind auch viele Mitte bis Ende zwanzig – mit den unterschiedlichsten beruflichen Hintergründen“, sagt sie.

Das Forum Berufsbildung ist ein Aus- und Weiterbildungsanbieter, der viele Lehrgänge im sozialen Bereich anbietet. Vom Erzieher über den Sozialassistenten und den Betreuungsassistenten für Pflegebedürftige bis hin zum Fachwirt im Gesundheits- und Sozialwesen, Pflegeberater oder zum Sozialmanager. „Der soziale Bereich zählt zu den Wachstumsbranchen. Und es mangelt gerade in dieser Branche an Fachkräften mit ausreichenden Qualifikationen“, heißt es beim Forum Berufsbildung. Die Arbeitsagentur fördere etwa gern die Fortbildung zum Betreuungsassistenten, wenn sich Arbeitslose umorientieren wollen. Dabei lernt man vor allem, sich um Menschen mit Demenz zu kümmern. Die Teilnehmer lernen Medizinische und theoretische Grundlagen zum Krankheitsbild Demenz und zu anderen Alterserkrankungen, pflegepraktische Grundlagen, etwa den Umgang mit Schmerz, mit Einschränkungen in der Beweglichkeit und mit Inkontinenz. Außerdem steht auch Biografiearbeit, Erinnerungspflege, Aromaöltherapie, tiergestützte Therapie auf dem Stundenplan. Ebenso wie Alltagsgestaltung für Menschen mit eingeschränkter Beschäftigungsfähigkeit.

Sozialassistenten arbeiten auch in Pflegeheimen

© picture alliance / dpa

Einiges davon findet sich auch in der staatlich anerkannten Berufsausbildung zur Sozialassistentin wieder: zum Beispiel die Biografiearbeit. Die kam auch in Ronja Sanders Ausbildung vor. Eine ihrer Kolleginnen in einem Altenheim regte so zum Beispiel eine alte Frau mithilfe von Fotos aus ihrem Zimmer und anderen Kleinigkeiten aus dem Alltag an, aus ihrem Leben zu erzählen. Im Laufe des Gesprächs stellt sich heraus, dass die Frau früher gern gehäkelt hatte. Die Sozialassistentin animierte die alte Frau dazu, ihr beizubringen, wie das geht. In einem weiteren Schritt begannen auch andere Bewohner des Altenheims mitzuhäkeln. Am Ende häkelten sie gemeinsam eine Decke für einen Gemeinschaftsraum im Heim. Die alte Frau fühlte sich so wieder nützlich und kam in sozialen Kontakt. Die Erfahrung von Menschen in Heimen und Einrichtungen sind häufig passiv, erzählt Sander. Sozialassistenten sollen sie unterstützen, selbst aktiv zu werden.

Die Ausbildung zum Sozialassistenten bereitet etwas breiter gefächert auf die Unterstützung von Menschen mit Hilfsbedarf vor als die Fortbildung zum Betreuungsassistenten: Die Teilnehmer lernen Essenszubereitung, Putzen, Wickeln und Füttern sowie die richtigen Handgriffe für die Pflege von alten und kranken Menschen, wozu auch Waschen und Körperhygiene gehört. Sie lernen Methoden für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen und künstlerische Ansätze für den Alltag wie etwa Theaterarbeit – ein Bereich, der Ronja Sander besonders interessiert. Nach Ende ihrer Ausbildung im Sommer möchte sie ein Studium „Kunst und Pädagogik“ beginnen. Viele Azubis bekommen zwar schon während der Ausbildung Arbeitsangebote in sozialen Einrichtungen. Ihnen wird aber empfohlen, sich weiter zu qualifizieren. Der Verdienst und die Möglichkeiten Verantwortung zu übernehmen seien dann besser.

Nähe und Distanz reflektieren

Wichtig für Sozialassistenten ist es auch, Nähe und Distanz zwischen ihnen und den versorgten Personen zu reflektieren. Das ist zum einen ganz praktisch, physisch gemeint: bei der Arbeit, etwa beim Waschen, kommt man den Menschen sehr nahe, auch im Intimbereich Aber ist die Berührung dem Pflegebedürftigen gerade unangenehm? Wie erkenne ich das, auch wenn die Person vielleicht nicht sprechen kann? Sozialassistenten haben hier eine große Verantwortung. Nonverbale Signale für Unwohlsein wären etwa, wenn sich der Körper einer Person ganz versteift, das Gesicht rot wird, die Gesten unruhig werden oder sie ständig mit dem Blick ausweicht, sagt Sander. Der Sozialassistent könnte dann zum Beispiel während der Körperpflege singen oder etwas erzählen, um die Situation aufzulockern. Durch eine geschulte Wahrnehmung und ein Repertoire an verschiedenen Handlungsoptionen können Sozialassistenten eine Situation schnell erkennen und passend reagieren. In der Ausbildung reflektieren die Azubis auch eigene Reaktionen wie Scham oder Ekel in manchen Situationen. „Wir haben gelernt, dass das normale Gefühle sind und wir uns dafür nicht schämen müssen", sagt Ronja Sander. Sie hat auch gelernt, dass Abgrenzung wichtig ist. Dass man zum eigenen Schutz lernen muss am Abend abzuschalten. Sonst ist die Arbeit auf Dauer nicht möglich.

Für Sander gab es während der Ausbildung aber auch diese Momente, an die sie sich mit Freude erinnert: etwa in der weiteren Arbeit mit dem Mädchen mit den starken Schmerzen und dem Lieblingsbuch. Im Laufe ihrer Praxiszeit in der Tagesstätte beobachtete Sander, dass das Kind aufgrund ihrer Behinderungen häufig Einzelbetreuung bekam, aber wenig direkt mit der Gruppe machte, obwohl das Mädchen Freude daran hatte, Teil der Gruppe zu sein und die anderen Kinder zu beobachten. Deswegen gestaltete Sander über mehrere Wochen hinweg mit allen Kindern gemeinsam Puppen, um schließlich die Lieblingsgeschichte, die die das Mädchen immer beruhigte, gemeinsam aufzuführen. Die positiven Reaktionen des Mädchens und der Kinder machten das auch für Sander zu einem besonderen Tag. Auch nach der Aufführung hätten die Kinder noch häufig von sich aus die Lieblingsgeschichte des Mädchens nachgespielt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false