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Wirtschaft: Leitzinsen: US-Notenbank mit überraschender Senkung

Die US-Notenbank (Fed) hat am Mittwoch überraschend die Leitzinsen einen halben Prozentpunkt gesenkt. Der Zinssatz für Geldgeschäfte zwischen Banken liegt künftig bei 4,5 Prozent nach bislang fünf Prozent.

Die US-Notenbank (Fed) hat am Mittwoch überraschend die Leitzinsen einen halben Prozentpunkt gesenkt. Der Zinssatz für Geldgeschäfte zwischen Banken liegt künftig bei 4,5 Prozent nach bislang fünf Prozent. Der eher symbolische Diskontsatz wurde von 4,5 auf vier Prozent vermindert. Damit senkte die Fed bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr zwischen den regulären Sitzungen des Offenmarktausschusses die Leitzinsen. Die Börsen reagierten mit einem Kursfeuerwerk.

"Das ist eine nette Überraschung", freut sich Bill O-Hearn, Portfoliomanager bei Valentine Capital über die Zinssenkung. Der Schritt erfolgte zu einem strategisch günstigen Zeitpunkt: Einerseits war die Stimmung an Wall Street bereits im frühen Handel vor der Zinssenkung recht gut, so dass die Entscheidung auf fruchtbaren Boden fiel. Andererseits fiel das vom Conference Board veröffentlichte Konjunkturbarometer für die USA im März zum fünften Mal in sechs Monaten. Das signalisiert, dass die Erholung der Wirtschaft noch auf sich warten läßt. "Unsicherheit über die Geschäftsaussichten haben der Fed die Hand geführt", sagt Bryan Piskorowski, Analyst bei Prudential Securities. "Das wird extrem positiv vom Markt aufgenommen." Bis kurz vor 22 Uhr gewann die Technologiebörse Nasdaq 8,8 Prozent auf 2092 Zähler. Der Industriewerteindex Dow Jones legte um 4,4 Prozent auf 10667 Punkte zu. Insbesondere High-Techs waren gefragt. Grafik: Der Leitzins Der Zins-Coup beflügelte auch die europäischen Märkte. Der Euro-Stoxx-50 gewann bis Börsenschluss 3,45 Prozent. Dax und Nemax-50 notierten um 3,86 beziehungsweise 12,67 Prozent höher. Jetzt nimmt der Druck auf die Europäischen Zentralbank (EZB) zu, ebenfalls die Geldpolitik zu lockern. So machte sich der geschäftsführende Direktor des Internationalen Währungsfonds, Horst Köhler, für eine rasche Zinssenkung im Euroraum stark. Erst am vergangenen Donnerstag hatte die EZB dem Druck der Finanzmärkte und internationalen Organisationen noch getrotzt und die Zinsen unverändert bei 4,75 Prozent gelassen.

Diese Woche ist die Woche der Wahrheit für die New Yorker Wall Street. Viele wichtige Wachstumsunternehmen und Schwergewichte der Old Economy veröffentlichten ihre Quartalsergebnisse. Am Mittwoch legten unter anderem AOL, Coca-Cola, Hewlett-Packard, General Motors und Texas Instruments ihre Zahlen für die ersten drei Monate auf den Tisch. Obwohl viele Unternehmen von Gewinn- und Umsatzeinbußen berichteten und die Entlassung tausender von Mitarbeitern ankündigten, verbuchten die Anleger satte Gewinne. Analysten und Anleger waren oftmals auf noch traurigere Botschaften gefasst und wurden deshalb angenehm überrascht.

Andy Bryant, Finanzvorstand von Intel, zeigte sich trotz des Umsatz- und Gewinneinbruchs im ersten Quartal optimistisch für die Zukunft. Bryant rechnet mit einer Stabilisierung des für Intel wichtigen PC-Markts. Die Aktie schoss um 22 Prozent nach oben und setzte sich damit an die Spitze der Dow-Werte. Im ersten Quartal brach der Umsatz um 16 Prozent auf 6,7 Milliarden Dollar ein. Mit 16 Cents je Aktie fiel der Gewinn jedoch nicht so mager aus wie befürchtet.

Auch der weltgrößte Medienkonzern AOL Time Warner erfreute die Anlegergemeinde mit plus 12,4 Prozent. Das Unternehmen verringerte seinen Verlust im ersten Quartal. Auf Grund fusionsbezogener Kosten und anderer Sonderfaktoren fiel ein Verlust von 1,4 Milliarden Dollar an - 100 Millionen weniger als im Vorjahr. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Sonderfaktoren stieg allerdings um 20 Prozent. Damit übertraf der Gewinn pro Aktie mit 23 Cents die Erwartungen der Analysten, die mit 20 Cents gerechnet hatten. Der Umsatz sei im Jahresvergleich um neun Prozent auf 9,1 Milliarden Dollar geklettert.

Hewlett-Packard, die Nummer zwei der Computerhersteller, kündigte an, 3000 Stellen zu streichen und warnte, dass der Gewinn im zweiten Quartal des Geschäftsjahres nicht einmal halb so hoch wie prognostiziert sein werde. Der Gewinn je Aktie werde in den drei Monaten bis Ende April zwischen 13 und 17 Cents liegen. Analysten hatten im Durchschnitt mit einem Ergebnis von 35 Cents je Aktie gerechnet. Der Ausblick auf des dritte Finanz-Quartal wurde dagegen kaum verändert.

Auch der weltgrößte Hersteller von Speicherchips für Mobiltelefone, Texas Instruments, plant nach einem Gewinn- und Umsatzrückgang rund sechs Prozent seiner Belegschaft oder 2500 Mitarbeiter zu entlassen. "Wir befinden uns in einer der schärfsten Abwärtsbewegungen, die unsere Branche bisher durchgemacht hat. Das erfordert harte, aber besonnene geschäftliche Entscheidungen", teilte das Unternehmen mit. Der Nettogewinn halbierte sich in den ersten drei Monaten gegenüber dem Vorjahreszeitraum auf 230 Millionen Dollar. Der Gewinn pro Aktie beträgt 18 Cents - zwei Cents mehr, als Analysten erwartet hatten. Der Umsatz ging von 2,76 auf 2,53 Milliarden Dollar zurück. Im zweiten Quartal rechnet der Chiphersteller mit einem Umsatzeinbruch um 20 Prozent.

Am Abend reagierte als erste die Bank of America auf die Zinssenkung druch die Fed und ermäßigte ihre Prime Rate, den Zinssatz für erste Adressen, von acht Prozent auf 7,5 Prozent. Die anderen amerikanischen Kreditinstitute werden diesen Schritt wahrscheinlich rasch folgen.

chn

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