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Wirtschaft: Letzter Platz für den Standort Deutschland Internationales Ranking von 21 Industrienationen

Düsseldorf Der Wirtschaftsstandort Deutschland erlebt seit über zehn Jahren einen stetigen Niedergang, der sich trotz des weltweiten Konjunktur-Booms und der Reformen der Agenda 2010 im ersten Halbjahr 2004 nahezu ungebremst fortgesetzt hat. Das ist das zentrale Ergebnis einer gestern veröffentlichten Studie der Bertelsmann-Stiftung, in der die Arbeitsmarkt- und Wachstumsperformance von 21 Staaten verglichen wird.

Düsseldorf Der Wirtschaftsstandort Deutschland erlebt seit über zehn Jahren einen stetigen Niedergang, der sich trotz des weltweiten Konjunktur-Booms und der Reformen der Agenda 2010 im ersten Halbjahr 2004 nahezu ungebremst fortgesetzt hat. Das ist das zentrale Ergebnis einer gestern veröffentlichten Studie der Bertelsmann-Stiftung, in der die Arbeitsmarkt- und Wachstumsperformance von 21 Staaten verglichen wird. „Die Bilanz ist wirklich deprimierend“, sagte der Münsteraner Ökonomie-Professor Ulrich van Suntum, Co-Autor der Studie. „In Deutschland herrscht sowohl im Zielbereich Wachstum als auch im Zielbereich Beschäftigung Alarmstufe Rot“, lautet das alarmierende Fazit des am Donnerstag erstmals präsentierten „Internationalen Standortrankings“ der Bertelsmann- Stiftung.

Seit 1991 habe sich die wirtschaftliche Gesamtperformance der Bundesrepublik Jahr für Jahr kontinuierlich verschlechtert – im ersten Halbjahr 2004 war sie gar so schlecht wie in keinem anderen der 21 untersuchten Länder. Der Präsidiumsvorsitzende der Bertelsmann-Stiftung, Heribert Meffert, betont: „Deutschland muss seine Reformbemühungen deutlich verstärken, um nicht langfristig den Anschluss zu verlieren.“ Am besten stünden derzeit Irland, die USA und Australien da. „Deutschland lag noch hinter den ebenfalls sehr schlecht abschneidenden Ländern Frankreich, Italien, Spanien und Portugal“, heißt es in der Untersuchung. „Das Ausmaß der deutschen Misere ist wirklich erschreckend und hat mich selbst überrascht", sagte van Suntum.

Die Studie, die künftig halbjährlich aktualisiert wird, soll die ökonomische Gesamtperformance von 21 Industrieländern auf einen Blick vergleichbar machen. Dafür hat van Suntum einen Indikator entwickelt, in den vier Kennzahlen zur Arbeitsmarkt- und Wachstumsentwicklung eingehen: das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf, das Wachstumspotenzial, die Arbeitslosenquote und das Wachstum der Zahl der Erwerbstätigen. In diesem so genannten „Erfolgsindex“ kommt Deutschland mit 66 Punkten gerade einmal auf etwas mehr als die Hälfte der maximal möglichen Punktzahl von 120 – Anfang der neunziger Jahre kam der Standort Deutschland dagegen noch auf 108 Zähler.

„Das schlechte Abschneiden Deutschlands seit Anfang der 90er Jahre kann man nicht mit der deutschen Einheit begründen“, sagt van Suntum. Wegen des niedrigeren Lebensstandards in den neuen Ländern sei zwar das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen der Bundesrepublik gesunken – „eigentlich hätte man aber von diesem niedrigeren Niveau aus höhere Wachstumsraten erwarten müssen“. Für die wirtschaftliche Misere seien dagegen ein Bündel anderer Gründe verantwortlich: „Der Investitionsanteil am Bruttoinlandsprodukt ist mit 12,3 Prozent viel zu niedrig, der Staatsanteil mit 49 Prozent dagegen zu hoch“, heißt es in der Studie. Zudem sei die Lohnpolitik zu aggressiv gewesen und die Steuerbelastung der Einkommen enorm. Erhebliche Mängel attestieren die Ökonomen auch dem deutschen Arbeitsmarkt: „Eher schlecht stehen in Deutschland die Chancen für Arbeitslose, wieder ins Arbeitsleben zurückzufinden, was der mit 47 Prozent weit überdurchschnittliche Anteil der Langzeitarbeitslosen zeigt“, schreiben die Autoren.

Die in der Agenda 2010 skizzierten Reformen reichen laut van Suntum nicht aus, um Deutschland wieder fit zu machen. „Wir müssen noch weit mehr tun – und selbst dann wird es Jahre dauern, bis sich die Performance wieder merklich verbessert.“ Nötig sei vor allem die Schaffung eines Niedriglohnsektors für gering Qualifizierte. ost/HB

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