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Wirtschaft: Lokführer verschieben Streiks

Gericht untersagt Arbeitsniederlegungen – Gewerkschaftsbund kritisiert Verhandlungstaktik der GDL

Berlin (hop). Die Lokführer bei der Bahn werden in dieser Woche nicht streiken. Das sagte am Dienstag der Sprecher der Gewerkschaft GDL, Maik Brandenburger. Der Deutschen Bahn ist es gelungen, vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main mehrere einstweilige Verfügungen gegen Arbeitsniederlegungen bei Tochtergesellschaften zu erwirken. Am kommenden Freitag soll dazu eine mündliche Verhandlung vor dem Arbeitsgericht stattfinden. Kritisiert wird die GDL jetzt auch im eigenen Lager: Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) lehnt die Taktik der Lokführergewerkschaft ab.

Der zuständige Richter Klaus Sieg hatte bereits am Gründonnerstag einem ersten Antrag auf einstweilige Verfügung stattgegeben, weil nicht in einer angemessenen Zeit geklärt werden könnte, ob die Forderungen der GDL rechtens seien. Deshalb müsse der „unverhältnismäßige Schaden“, der der Bahn durch Streiks entstehen würde, mit der Verfügung abgewendet werden. Gegen die Entscheidung des Frankfurter Gerichts will die GDL Widerspruch einlegen. Sollte die Gewerkschaft vor der mündlichen Verhandlung am Freitag Warnstreiks durchführen, drohen ihr laut Gesetz Ordnungsgelder von bis zu 250 000 Euro – allerdings nur im Extremfall, sagte Richter Sieg.

Gegen ein Urteil des Frankfurter Arbeitsgerichts, das nach der mündlichen Verhandlung erfolgen soll, kann die unterlegene Partei Rechtsmittel bei der nächst höheren Instanz einlegen. Das wäre zunächst das Hessische Landesarbeitsgericht. Entsprechende Schritte kündigte GDLSprecher Brandenburger an. Norbert Bensel, Personalvorstand der Bahn, sagte dem Tagesspiegel: „Wir werden uns wohl vor dem Bundesarbeitsgericht wiedersehen, wenn vorher keine politische Einigung erfolgt.“ Bensel sagte, die Bahn brauche einheitliche Tarifverträge. Nur so könne der Betriebsfrieden sichergestellt werden. „Wir wollen keine Teilung der Belegschaft.“ Die Bahn sei nicht vergleichbar mit Luftfahrtgesellschaften, bei der Piloten und das übrige Personal durch unterschiedliche Gewerkschaften vertreten werden. Er bot der GDL neue Gespräche an.

Die Lokführergewerkschaft hatte ursprünglich für die Zeit nach Ostern Warnstreiks angekündigt. Sie will damit ihrer Forderung nach einem Spartentarifvertrag für Lokführer Nachdruck verleihen. Die Gewerkschaft vertritt nach eigenen Angaben drei Viertel der Bahn-Lokführer. Die übrigen Lokführer sind in den Bahngewerkschaften Transnet und GDBA organisiert. Die beiden haben bereits einen neuen Tarifvertrag abgeschlossen. Ein Schlichtungsverfahren, in dem der GDL empfohlen wurde, den Tarifvertrag der beiden anderen Gewerkschaften zu übernehmen, hatte die GDL vergangene Woche für endgültig gescheitert erklärt. Erneute Verhandlungen wollte sie erst nach Warnstreiks aufnehmen.

Allerdings ist umstritten, ob die Forderung nach einem Spartentarifvertrag rechtens ist. Sie widerspricht dem Prinzip der Tarifeinheit, auf den sich auch die Bahn in ihrer Argumentation stützt. Burkhard Boemke, Professor für Arbeitsrecht an der Universität Leipzig, sagte dem Tagesspiegel, das Prinzip der Tarifeinheit sei verfassungsrechtlich bedenklich – und erhält dabei Unterstützung auch von anderen Arbeitsrechtlern. Die GDL schließt daher einen Gang zum Bundesverfassungsgericht nicht aus. „So weit sind wir aber noch nicht“, sagte Brandenburger.

Der DGB, zu der Transnet gehört, stellte sich gegen die Forderungen der Lokführergewerkschaft. Der DGB-Tarifexperte Reinhard Dombre sagte dem Tagesspiegel: „Die GDL verfolgt den falschen Ansatz.“ Der Konflikt diene weder dem Betriebsfrieden noch der Bildung zukünftiger Tarifgemeinschaften. Mit dem Schlichterspruch sei der Tarifkonflikt eigentlich abgehakt gewesen. „Bei Tarifauseinandersetzungen darf außerdem nicht nur der Tarifpartner beachtet werden“, sagte Dombre. Es müsse auch Rücksicht auf die übrigen Betroffenen – die Kunden – genommen werden. Und Streiks bei der Bahn würden die Masse der Beschäftigten treffen.

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