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Wirtschaft: Lotto bald ohne Fee?

Verband warnt vor neuen Spielregeln

Berlin - 51 Jahre lang lief alles rund. Am Sonntag, den 9. Oktober 1955 wurden zum ersten Mal die Lottozahlen „6 aus 49“ gezogen. „Lotto ist ein Teil unserer Kultur“, sagt Norman Faber, der Präsident des Deutschen Lottoverbands und hauptberuflich Chef der Faber-Tippgemeinschaft. Doch nun soll diese Tradition einfach weggefegt werden. Das befürchtet zumindest der Verband.

Konkret geht es um einen neuen Staatsvertrag zum Glücksspielwesen, den die Ministerpräsidenten der Länder am Donnerstag beraten wollen. „Wenn der Staatsvertrag kommt, werden wir uns von vielen Institutionen verabschieden müssen“, warnt Faber. Die Lotto-Fee, die ARD- Fernsehlotterie, die Aktion Mensch – all das werde es in Zukunft nicht mehr geben. Auch Werbung für Lottospiele, Direktmarketing und private Vermittler – wie zum Beispiel Faber selbst – würden verboten.

Grund für den neuen Staatsvertrag ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom März. Darin heißt es, dass private Anbieter von Glücksspielen im Prinzip zugelassen werden müssen. Ein Glücksspiel-Monopol für den Staat dürfe es nur dann geben, wenn er die Bekämpfung der Spielsucht in den Vordergrund stellt. Allerdings hatten sich die Richter gar nicht mit Lotto beschäftigt, sondern nur mit Sportwetten.

Trotzdem kommt das Urteil den Ländern gelegen. Denn es liefert eine Rechtfertigung, um die beim Lotto etablierten privaten Vermittler zu verdrängen. Das vermutet zumindest der Lottoverband, der die privaten Anbieter der Branche vertritt – neben Faber zum Beispiel auch Fluxx oder Tipp 24. „Alle 25 Millionen Lottospieler sollen als süchtig stigmatisiert werden, nur damit die Länder das Monopol an sich reißen können“, sagt Faber. Dabei gebe es andere Spiele wie im Casino oder am Automaten, die ein deutlich höheres Suchtpotenzial hätten. Ziel der Länder sei es, den gesamten Markt für sich allein zu haben. Dabei geht es um viel Geld: Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland 8,1 Milliarden Euro für Lotterien und Wetten eingesetzt.

Allerdings werde die Rechnung nicht aufgehen, warnt der Verband. Denn ohne private Anbieter gebe es keine Lotto-Werbung, und ohne Werbung sänken die Umsätze. Am Ende würden auch die Länder weniger Geld einnehmen – nach einer Ifo-Studie bis zu eine Milliarde Euro jährlich. Betroffen wären davon auch Kultur- und Sporteinrichtungen. Denn sie erhalten einen Teil der Lottoeinnahmen und müssten in Zukunft mit deutlich weniger auskommen. Für die privaten Anbieter selbst sieht es noch schlimmer aus. 35 000 Arbeitsplätze seien gefährdet, jede zehnte Lottoannahmestelle stehe vor dem Aus. „Es geht um unsere Existenz“, sagt Rainer Jacken von Fluxx. Er behalte sich deshalb eine Verfassungsklage vor. Die Länder waren am Dienstag zu keiner Stellungnahme bereit. Berichten zufolge bröckelt ihre Front aber: Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz wollen den Staatsvertrag offenbar nicht unterzeichnen.

Eine Entscheidung gibt es dagegen schon bei Sportwetten. Nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Dresden darf bwin weiter Wetten anbieten. Damit wurde eine Verfügung des Regierungspräsidiums Chemnitz vom August aufgehoben.

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