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Wirtschaft: Lufthansa-Eklat entfacht Diskussion um Mitbestimmung Experten: Unabhängigkeit der Aufsichtsräte wahren

Berlin (pet). Die spektakuläre Entscheidung der LufthansaAktionäre, dem Vize-Aufsichtsratsratschef und Verdi-Vorsitzenden Frank Bsirske die Entlastung zu verweigern, hat die Diskussion um die gleichberechtigte Beteiligung von Arbeitnehmervertretern in Aufsichtsräten neu entfacht.

Berlin (pet). Die spektakuläre Entscheidung der LufthansaAktionäre, dem Vize-Aufsichtsratsratschef und Verdi-Vorsitzenden Frank Bsirske die Entlastung zu verweigern, hat die Diskussion um die gleichberechtigte Beteiligung von Arbeitnehmervertretern in Aufsichtsräten neu entfacht. „Die gleichberechtigte Beteiligung von Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat ist fachlich und sachlich nicht mehr gerechtfertigt“, sagte Christian Strenger, früher Chef der größten deutschen Fondsgesellschaft DWS und Mitglied in der Corporate-Governance-Kommission der Bundesregierung. Auch Ulrich Noack, Juraprofessor an der Universität Düsseldorf und Mitglied im Kuratorium der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), sagte dem Tagesspiegel: „Das Thema paritätische Mitbestimmung gehört auf die Agenda der Corporate-Governance-Diskussion.“

In einer dramatischen Abstimmung hatten die Lufthansa-Aktionäre dem Chef der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Frank Bsirske, am Mittwoch die Entlastung verweigert und ihn aufgefordert, sein Aufsichtsratsmandat niederzulegen. Sie warfen ihm Interessenkollision vor: Er habe seine Pflicht als Aufsichtsratsmitglied verletzt, weil er im Herbst Streiks an den Flughäfen München und Frankfurt organisiert und dadurch der Lufthansa Verluste in Millionenhöhe beschert hatte. Die gleichberechtigte (paritätische) Verteilung der Aufsichtsratssitze zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern schreibt das Betriebsverfassungsgesetz für Unternehmen ab 2000 Mitarbeitern vor.

„Wir müssen grundsätzlich über die Unabhängigkeit der Aufsichtsräte nachdenken“, sagte Strenger. „Das gilt genauso für die Arbeitnehmer wie für die Vertreter der Aktionäre.“ Grundsätzlich sei die Beteiligung von Arbeitnehmern im Aufsichtsrat zwar sinnvoll, sagte Strenger. Aber eine gleichberechtigte Teilnahme der Arbeitnehmervertreter mache es noch schwieriger, die Unabhängigkeit des Gremiums zu wahren. Es sei fraglich, ob ein Arbeitnehmervertreter seinem Vorstand in wichtigen Fragen tatsächlich entspannt gegenübertreten könne.

Wirtschaftsrechtler Noack forderte, die paritätische Mitbestimmung in die Diskussion um eine größere Transparenz der Aufsichtsräte (Corporate Governance) einzubringen. „Der internationale Standortwettbewerb zwingt uns dazu, die Strukturen zu ändern, um den Standort attraktiver zu machen.“ Das Thema dürfe nicht mehr tabu sein.

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