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Magna-Chef: "Das höchste Gut sind unsere Arbeitnehmer"

Magna-Chef Siegfried Wolf wirbt in Berlin für den kanadisch-österreichischen Konzern. Das Unternehmen sei kein Finanzjongleur und wolle kein Abenteuer.

Von Antje Sirleschtov

Auf den ersten Blick scheint der kanadisch-österreichische Automobilzulieferer Magna ein ganz normaler Investor zu sein. 1957 von dem nach Übersee ausgewanderten Österreicher Frank Stronach gegründet, beschäftigt Magna in fast 300 Firmen auf fünf Kontinenten rund 70000 Mitarbeiter, ist sowohl inhaltlich als auch regional breit aufgestellt und als börsennotiertes Unternehmen natürlich an einer ordentlichen Rendite interessiert. Wenn es ums Auto geht, dann liefert Magna alles außer Glas und Reifen. Selbst ganze Fahrzeuge, zuletzt für BMW und Mercedes, schraubt man zusammen. Firmengründer und Mehrheitsaktionär Frank Stronach hat es damit zu einem Milliardenvermögen gebracht.

Nun allerdings sind die Kanada-Österreicher – zusammen mit russischen Partnern – auf der Suche nach einem lohnenden Investment, das man bei der Übernahme der europäischen Opel-Werke nebst einer beachtlichen Milliardenbürgschaft des deutschen Steuerzahlers zu ergattern hofft. Und weil über den Opel-Verkauf in diesen Tagen die amerikanischen GM-Eigentümer und über die Bürgschaft deutsche Politiker im Wahlkampf entscheiden müssen, zeigt sich Magna von einer ganz anderen, man könnte sogar sagen, einer ganz und gar untypischen Investorenseite.

Kurz bevor Siegfried Wolf, CEO bei Magna und damit so etwas Ähnliches wie ein Vorstandschef, am Freitagvormittag einigen Hauptstadtjournalisten in einem gut zweistündigen Vortrag die „Magna- Charta“, die Unternehmensphilosophie also beschreibt, muss ihm jemand ausführlich erläutert haben, was man in Berlin gern hört und was ein potenzieller Investor überhaupt nicht sagen darf. Zumal, wenn er zuvor mit so viel Wohlwollen von den Gewerkschaften und der Spitze der Sozialdemokratie bedacht wurde. Und so meidet der Magna-Manager Wolf alles, was irgendwie nach herzlosem Risk-Management oder kalter Abzocke klingen und die rund 25000 Opel-Mitarbeiter zum Zittern bringen könnte. Und er sagt dafür in wärmendem österreichischen Slang unablässig Sätze wie diesen: „Wir sind doch keine Finanzjongleure und wollen keine Abenteuer.“ Oder den: „Das höchste Gut in unserem Unternehmensverbund sind die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Nur, wenn es ihnen gut geht, geht es auch uns gut“. Kein Zweifel: Hört man Siegfried Wolf so reden, man könnte es sofort glauben, dass nichts den Opelanern mehr zum Vorteil gereichen wird, als unter das Magna-Dach zu schlüpfen. Und nirgendwo sonst auch die staatlichen Bürgschaften besser aufgehoben sind.

Wenn, ja wenn da nicht so hässliche Details wären. Die Frage zum Beispiel, wie Magna es mit den Opel-Standorten in Deutschland, Belgien, Spanien und Polen halten will und wie lange die Jobs in Deutschland zugesichert werden, bevor sie womöglich nach Russland abwandern, wo Wolf den Opel-Absatzmarkt der Zukunft sieht. „Nein“, weist der solche Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Magna-Charta zurück, man wolle keinesfalls mit der „großen Motorsäge“ herumlaufen und in den Opel-Werken eine „Blutspur“ hinterlassen. Genaueres jedoch erst, wenn man den Zuschlag für Opel bekommen hat. Denn das gebietet die Magna-Charta: „Erst fleißig arbeiten, etwas von der Sache verstehen, Tiefgang bekommen. Und dann reden.“

Spätestens in 24 Monaten übrigens will Magna bei Opel schwarze Zahlen sehen. Diese Botschaft muss dem CEO allerdings rausgerutscht sein. Antje Sirleschtov

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