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1001 PS stark, über 400 Stundenkilometer schnell: Der Sportwagen Veyron war der erste Bugatti, der unter dem Dach des Volkswagen-Konzerns geplant und gebaut worden ist. Frei nach dem Motto des legendären Firmengründers Ettore Bugatti: „Nichts ist zu schön, nichts ist zu teuer.“ Foto: AFP

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Wirtschaft: Man fährt selbst

Molsheim - Der legendäre, später an finanziellen Problemen gescheiterte Automobilenthusiast Ettore Bugatti hatte ein passendes Motto: „Nichts ist zu schön, nichts ist zu teuer.“ Entsprechend sahen seine Autos aus.

Molsheim - Der legendäre, später an finanziellen Problemen gescheiterte Automobilenthusiast Ettore Bugatti hatte ein passendes Motto: „Nichts ist zu schön, nichts ist zu teuer.“ Entsprechend sahen seine Autos aus. Geschosse wie der Rennwagen Typ 35 oder die gewaltige Limousine Royale sorgten für Aufsehen. Doch der wirtschaftliche Erfolg blieb beim bis zu 6,35 Meter langen Royale aus – die Weltwirtschaftskrise Ende der 1920er Jahre machte Bugatti einen Strich durch die Rechnung. Heute zahlen Sammler für eine der sechs gebauten Limousinen zweistellige Millionenbeträge.

Passenderweise war es Volkswagens PS-besessener Patriarch Ferdinand Piëch, der die Marke Bugatti neu belebte und seit 2005 im elsässischen Molsheim wieder Bugatti-Autos von Hand bauen lässt. Die Investitionen in die Molsheimer Manufaktur und das erste Bugatti-Modell der VW-Ära, den 1001 PS starken Veyron, haben viel Geld verschlungen. Gewinn wird der Hersteller von Golf und Polo mit Bugatti wohl nie machen. Doch das ist gar nicht die Rolle der edelsten Automarke der Welt, sagt der neue Chef. „Meine Aufgabe ist, mit Bugatti ein ausgeglichenes Ergebnis zu erarbeiten und unsere Kenntnisse der neuen Technologien dem Konzern zur Verfügung zu stellen“, sagte Wolfgang Dürheimer, Chef der VW-Luxusmarken Bentley und Bugatti dem „Handelsblatt“. „Wir sind im weltweiten Wettbewerb ein Aushängeschild für den Konzern.“ Sein Ziel sei es aber, sicherzustellen, dass Bugatti die Entwicklung eines neuen Modells selbst aus den laufenden Einnahmen finanzieren kann. Bisher muss VW vorschießen. Damit sich das ändert, plant Dürheimer ein neues Modell, die mehr als fünf Meter lange Reiselimousine „Galibier“. Statt nur 300 Stück wie vom Veyron zu bauen, liebäugelt Dürheimer mit einer größeren Anzahl. Nachdem er intern Geschäftsmodelle zwischen 500 und 1500 Einheiten durchrechnen ließ, könnten es Branchenkreisen zufolge am Ende sogar 3000 Autos werden – für Bugatti eine gewaltige Zahl.

„Wir erwarten höhere Stückzahlen als beim Veyron“, sagt Dürheimer sybillinisch. Schließlich habe das Auto einen wesentlich höheren Nutzwert. „Es bietet nicht nur ausreichend Platz für vier bis fünf Insassen, sondern auch für Gepäck. Das Auto ist sowohl für den Chauffeursbetrieb als auch für Selbstfahrer gedacht“, so der Bugatti-Chef. Und wird wie der Veyron mindestens eine Million Euro kosten. Bereits Ende 2012 könnte Branchenkreisen zufolge der Verkauf starten.

Ließen sich Nobelkarossenbesitzer früher in der Regel chauffieren, setzen sie sich in Westeuropa und Nordamerika immer öfter selbst ans Steuer. Das begründete eine ganz neue Klasse an kompakteren Luxusmodellen. Erst machte es Volkswagens englische Tochter Bentley mit dem Einsteigermodell Continental GT vor, vergangenes Jahr folgte dann die BMW-Nobelmarke Rolls-Royce mit dem Modell Ghost.

Die Hersteller starten derzeit eine Modelloffensive: Bei Bentley wird ein exklusiver Geländewagen vorbereitet, die Ferrari-Schwester Maserati will bereits auf der Autoshow IAA in Frankfurt im September eine Studie für einen neuen Luxusgeländewagen vorstellen, und der britische Rivale Aston Martin kündigte an, unter der Marke Lagonda geländewagenartige Luxusautos zu produzieren.

Die neuen Luxuskarossen sind für Selbstfahrer konzipiert und mit einem Preis ab 150 000 Euro deutlich günstiger als die Spitzenmodelle, was den Kundenkreis erheblich erweitert. Doch genau diese Klientel könnte jetzt wieder wie in der Finanzkrise sensibler auf die Unruhe an den Börsen reagieren. Gerade Topmanager in den großen Investmenthäusern orderten in der Vergangenheit angesichts hoher Boni schon mal einen Ferrari-Sportwagen – und strichen die Bestellung wieder, als die Flaute an den Aktienmärkten einzog. HB

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