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Banker ohne Job: Dirk Notheis.

© dapd

Mappus-Freund Notheis: „Für Dich mach’ ich doch alles“

Was hatte Morgan-Stanley-Banker Dirk Notheis mit dem Rückkauf des Energiekonzerns EnBW durch das Land Baden-Württemberg zu tun? Genug, um sich nun zurückzuziehen, wie es aussieht.

Stuttgart - Die Freude vom Nikolaustag 2010 ist längst gewichen: Nils Schmid, damals noch SPD-Oppositionsführer, strahlte damals über beide Ohren, als er den Rückkauf des Karlsruher Energiekonzerns EnBW aus der Hand der Franzosen als „Korrektur einer historischen Fehlentscheidung“ lobte. Und CDU-Regierungschef Stefan Mappus sprach stolz von einem guten Tag für Baden-Württemberg. Der Rest ist bekannt: Mappus wurde abgewählt, und der hernach staatliche Atomstromproduzent verlor zwei seiner Meiler und mächtig an Profitabilität.

Den Rest der Geschichte erfährt eine verdutzte Öffentlichkeit aber erst jetzt. Möglicherweise war der Deal gar nicht Mappus’ Idee, sondern die seines Freundes, des Bankers Dirk Notheis, Deutschland-Chef der US-Investmentbank Morgan Stanley. Ein Paket von E-Mails, das dem seit einem halben Jahr um Aufklärung bemühten Landtags-Untersuchungsausschuss vorgelegt wurde, belegt: Mappus agierte an den Fäden seines Freundes. „Was antworten wir auf die Frage, wer den Deal eingefädelt hat?“ fragte die den Kauf begleitende, offensichtlich aber unsichere Werbeagentur. Notheis’ knappe Rückmail: „Der MP natürlich.“

Der Ministerpräsident (MP) in der Statistenrolle: Detailpusselig hatte Notheis den Aktienkauf inszeniert. „Wir brauchen unbedingt eine Storyline für den Verkäufer, warum der Deal für ihn Sinn macht“, fordert er, „wäre schön, wenn wir auch hier mitdenken.“ Überall dachte er mit: Auf zwei eng beschriebenen Seiten gab der Banker dem Politiker Sprechanweisungen („Schlage Dir vor, wie folgt zu kommunizieren …“) bis hin zu kleinen Scherzen für eine bevorstehende Pressekonferenz. Als es um die Verhandlungen mit dem Verkäufer geht, machte Notheis Mappus klar: „Ich leite ein und lege die Agenda fest. Du solltest nach Aufforderung dann Folgendes ausführen …“

Nun hat Notheis aber nicht nur seinen Freund aus Junge-Union-Tagen dirigiert. Er hat, unterstellen Grüne und Rote im Untersuchungsausschuss, auch Doppelpass gespielt mit seinem Kollegen René Proglio, dem französischen Statthalter von Morgan Stanley. René ist der Zwillingsbruder von Henri Proglio, dem EnBW-Verkäufer und Chef des Staatskonzerns Edf. Letzterer hatte darauf gepocht, den Aktienverkauf ohne jedwede Bedingungen abzuschließen, auch ohne Parlamentsbeschluss – was der Stuttgarter Staatsgerichtshof im vergangenen Jahr bereits als verfassungswidrig rügte. Machte Henri Proglio Schwierigkeiten, drohte Notheis dem Bruder mit Mappus’ Einfluss („… sonst ruft Angela im Elysée an. Unterschätzt (Mappus) Stärke nicht. Der kontrolliert 30 Prozent der Delegierten der Partei und kann Angela mit seinen Truppen kalt machen. Ich übertreibe nicht, mein Freund.“). Nicht immer nennt Notheis die Kanzlerin in seinen Mails beim Vornamen, manchmal ist sie auch einfach nur „die Mutti“.

Der hektische Deal kurz vor Weihnachten 2010 war als Win-win-win-Situation gedacht. Er sollte dem wahlkämpfenden Mappus politischen Freiraum schaffen, der Edf die Bilanz aufhübschen und dem bis dato erfolgreichen Notheis neue Türen öffnen. Doch niemand hat noch Freude daran: Die grün-rote Landesregierung hat die Edf verklagt und fordert bis zu zwei Milliarden zurück, der Landesrechnungshof wird an diesem Dienstag eine erste Analyse zur Preisfindung veröffentlichen. Mappus geriet rasch unter Druck und wurde abgewählt, Notheis hingegen bekam erst durch seine Mails Probleme.

So sehr, dass er am Montag eine Auszeit nahm. Notheis’ Aufgaben als Landeschef für Deutschland und Österreich werden mit sofortiger Wirkung vom Aufsichtsratsvorsitzenden der Morgan Stanley Bank AG, Lutz Raettig wahrgenommen. Bis auf Weiteres zieht sich Notheis aus dem operativen Geschäft von Morgan Stanley zurück und ist, wie sein Freund Mappus („Für Dich mach’ ich doch alles“) erst mal ohne Arbeit.

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