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Wirtschaft: Mehdorn auf Werbetour

Bahnchef drängt auf Entscheidung zum Börsengang vor 2006/Bensel wird neuer Logistikvorstand

Berlin - Bahnchef Hartmut Mehdorn versucht offenbar, doch noch eine Entscheidung des Bundes über einen Börsengang des Konzerns vor der Bundestagswahl 2006 zu erreichen. In einem Telefonat mit der CDU-Chefin Angela Merkel habe er dafür geworben, erfuhr der Tagesspiegel am Freitag aus verkehrspolitischen Kreisen. Auch bei einem Gespräch mit dem stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Ronald Pofalla, habe die Bahn das Jahr 2006 ins Spiel gebracht.

Im vergangenen Sommer hatte der Aufsichtsrat der Bahn die Diskussion über einen möglichen Börsengang 2006 gestoppt. Der Grund: Die öffentliche Debatte wurde immer heftiger. Auch die Geschäftszahlen der Bahn wurden zwar besser, lagen aber unter den Erwartungen. Insbesondere der Schienengüterverkehr rutschte in die Verlustzone. Daraufhin wurde der Börsengang zu dem von Bahnchef Mehdorn bevorzugten Zeitpunkt als „unrealistisch“ bezeichnet. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sprach daraufhin von einem Börsendebüt bis 2008.

Die Bahn hat jedoch offenbar Sorge, dass die Entscheidung über einen möglichen Börsengang auf die lange Bank geschoben werden könnte, sollte sie nicht schon vor der Bundestagswahl 2006 fallen – insbesondere dann, sollte es zu einem Machtwechsel von Rot-Grün hin zu einer christlich-liberalen Koalition kommen. Mehdorn habe deshalb CDU-Chefin Merkel vorgeschlagen, schon vor der Wahl ein Gesetz zum Börsengang wenigstens in erster Lesung in den Bundestag einzubringen. Dann könne es nach der Wahl relativ schnell verabschiedet und von Merkel möglicherweise nach einem Regierungswechsel als einer ihrer ersten Erfolge präsentiert werden.

Für Aufruhr unter Verkehrspolitikern sorgte ein weiterer Vorschlag Mehdorns gegenüber Merkel. Der Bahnchef will den Konzern integriert – also sowohl die Transporttöchter als auch das Schienennetz – an die Börse bringen. Das stößt im Bundestag auf Ablehnung. Deshalb wurde nach dem ersten Gutachten, das die Investmentgesellschaft Morgan Stanley für den Bund zur Börsenfähigkeit erstellte und das nur die integrierte Variante berücksichtigte, ein zweites Gutachten zu möglichen Alternativen in Auftrag gegeben. Das Ergebnis soll diesen Sommer präsentiert werden. Mehdorn habe Merkel nahe gelegt, dass das zweite Gutachten nicht notwendig sei, hieß es in den Kreisen. Auftraggeber der Gutachten zum Börsengang sind allerdings das Bundesfinanz- und das Verkehrsministerium.

Daneben wurde am Freitag bekannt, dass die Entscheidung bei der Deutschen Bahn über die Neubesetzung des Vorstandspostens für Transport und Logistik offenbar gefallen ist. Wie der Tagesspiegel aus bahnnahen Kreisen erfuhr, soll der bisherige Personalvorstand Norbert Bensel auf den Posten wechseln. Es habe sich weder extern noch intern ein Kandidat gefunden, der unter den Bedingungen des geplanten Konzernumbaus die Stelle des scheidenden Transport- und Logistikvorstands, Bernd Malmström, übernehmen wollte, hieß es in den Kreisen. Malmströms Vertrag war im vergangenen Dezember nach Auseinandersetzungen über die Investitionspolitik nicht verlängert worden.

Allerdings hat die Besetzung mit Bensel auch eine gewisse Logik. Als Personalvorstand hat er den teilweise massiven Stellenabbau bei der Bahn ohne große Verwerfungen organisiert. Und gerade bei der defizitären Schienengüterverkehrstochter Railion wird es wahrscheinlich erhebliche Einschnitte geben.

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