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Wirtschaft: Mehr als Börse und Rendite (Kommentar)

Es stimmt schon. Derzeit kann man sich zwar nur schwer vorstellen, dass die Deutsche Bahn AG wie ein Phoenix aus der Asche hervorsteigt und eines Tages wirklich sicher, komfortabel und rentabel sein wird.

Es stimmt schon. Derzeit kann man sich zwar nur schwer vorstellen, dass die Deutsche Bahn AG wie ein Phoenix aus der Asche hervorsteigt und eines Tages wirklich sicher, komfortabel und rentabel sein wird. Vor zehn Jahren jedoch hätten sich Anleger auch nicht träumen lassen, dass ein Nachfolger der Deutschen Bundespost als T-Aktie zu ihren Lieblingen gehören würde.

Doch in der offensichtlichen Krise der Bahn darf es nicht um ihren möglichen Börsengang gehen. Die Bahn ist schließlich nicht irgendein Logistikkonzern, dessen Mitarbeiter die Renditeerwartungen des Vorstands zu erfüllen haben. Und der - wenn sie es nicht schaffen - wie in den 90ern Stellen abbaut, um seine kurzfristigen Renditeziele zu erfüllen, um dann wenig später dennoch den Strukturwandel nicht zu schaffen.

Die Bahn wird, wenn überhaupt, erst zu einem modernen Konzern werden. Dafür ist es sicherlich notwendig, Stellen und Mitarbeiter zu überprüfen. Doch der Personalabbau darf kein Selbstzweck werden. Und die Beschäftigten dürfen nicht Leidtragende einer jahrelang missglückten Verkehrspolitik sein. Denn sie können schließlich nichts für das fehlende Management der von Kanzler Kohl eingesetzten CDU-Frührentner im Vorstand, die einzig zu dem Zweck auf die hohen Sessel gehievt wurden, um den Transrapid zu befördern.

Kurzum: Es ist an der Zeit, sich von alten Ideen zu verabschieden und Platz für neue Gedanken und Taten zu schaffen. Dazu wird - ob es Arbeitnehmerfreunden passt oder nicht - auch eine höhere Automatisierung der Bahn und der damit verbundene Stellenabbau gehören. Doch dazu gehört auch, dass die staatliche Bahn AG in eine neue Verkehrspolitik eingebunden wird. Wenn die Bahn nicht politisch gefördert wird, nützen auch reduzierte Personalkosten nichts. Solange nämlich die Straße im Kabinett Schröder als einziger Weg in die Zukunft gilt und der Verkehrsminister für die Autolobbyisten investiert, hat die Bahn keine Chance - egal wieviel Personal sie abbaut.

So ist es dringend notwendig, dass die Bahn von Trassengebühren, Mineralölsteuer und Mehrwertsteuer befreit wird - so wie in allen anderen EU-Staaten auch. Gleiches gilt für die rund 160 privaten Bahngesellschaften im Land. Denn die Bahn ist nicht irgendein Konzern einer entbehrlichen Altindustrie. In der mobilen Gesellschaft ist es absurd, dass ein Transportunternehmen mit guter, wenn auch teils verrotteter, Infrastruktur keine Chance haben soll. Diese zu stützen, ist Sache des Besitzers - also des Bundes. Denn die Deutsche Bahn AG hat auch eine gesellschaftliche und eine ökologische Funktion. Sie ist ein Massentransportmittel, das täglich Millionen befördert. Nicht immer pünktlich, nicht immer energieeffizient. Auch diese Schwachstellen können mit der richtigen unternehmerischen und politischen Strategie behoben werden.

Ulrike Fokken

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