zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Mehr als Meilen sammeln

Mit Kundenkarten versuchen die Unternehmen, die Kunden an sich zu binden – Rabatte und Sondervergünstigungen winken

Von Susanne Schmitt

Rabatte sind derzeit das Thema Nummer eins. Der Streit um privat verflogene, aber dienstlich gesammelte Bonusmeilen hat sich zu einer handfesten politischen Krise ausgewachsen. Um Rabatte geht es aber auch im laufenden Schlussverkauf, bei dem der Handel versucht, mit kräftigen Preissenkungen die Kauflust seiner Kunden zu wecken. Außerhalb der Schlussverkaufszeiten sind die Möglichkeiten, großflächig Preisnachlässe zu gewähren, jedoch begrenzt. Hier setzt der Handel vor allem auf ein Instrument: die Kundenkarten.

In vielen Geldbeuteln stecken sie schon und in den großen Kaufhäusern werden sie überall angeboten. An der Kasse liegen die Anmeldeformulare aus, die schnell ausgefüllt sind, und schon ist man im Besitz einer Kundenkarte, die mindestens ein Prozent, im besten Fall sogar fünf Prozent Rabatt gibt. Einfach und bequem gibt der Käufer die Karte beim Bezahlen an der Kasse ab, der Einkauf wird gebucht und die Rabattpunkte eingetragen. Später kann man sich die erworbenen Punkte auszahlen lassen. Vielleicht gibt es auch eine Prämie oder Freikarten fürs Kino. So einfach ist das.

Deutsche handeln nicht

Die Anbieter von Kundenkarten setzen genau auf diesen Effekt und wollen es ihren Kunden möglichst leicht machen, denn der Wunsch mancher Verbraucherschützer, die Deutschen würden nach dem Wegfall des Rabattgesetzes zu einem Volk von Feilschern, hat sich als Illusion erwiesen. Feilschen ist nicht zum Volkssport geworden. Nur beim Autokauf sind die Deutschen gewohnt zu handeln, sonst halten sie sich lieber zurück.

„Wer zu schüchtern oder zu faul ist und nicht handeln will, für den ist eine Rabattkarte sicher eine feine Sache", meint Manfred Dimper vom Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv). Die Verbraucherzentralen wollen aber herausgefunden haben, dass trotz der vielen verschiedenen Rabattsysteme die meisten Verbraucher immer noch da einkaufen, wo es am billigsten ist. Jedenfalls hat das eine Untersuchung des Emnid-Instituts im Auftrag des vzbv ergeben. Gleichzeitig soll aber die Kundenkarte für viele Leute nach der Krankenversicherungs- und der ec-Karte die wichtigste Karte im Geldbeutel geworden sein. Auch das hat Emnid herausgefunden - im Auftrag des größten Kundenbindungssystems Payback, in dem Konzerne wie Metro (Real, Kaufhof), Obi, Dea oder dm zusammengefasst sind.

Der Rabatt wird in unterschiedlichsten Formen gewährt. Mehr als fünf Prozent bei hohen Umsätzen sind nicht drin. Am Ende einer gewissen Zeit kann man sich den Rabatt auszahlen lassen oder wie bei Payback auch an Unicef spenden. Peek & Cloppenburg verrechnet die Bonuspunkte nach einem Jahr mit dem nächsten Einkauf. Kleinere Anbieter gewähren einen Sofortrabatt bei jedem Einkauf. So funktioniert auch die Bahncard, die natürlich erst einmal etwas kostet. Dann aber wird die Fahrt mit dem Zug billiger. Ab Dezember, wenn das neue Tarifsystem der Bahn eingeführt wird, gibt es 25 Prozent Nachlass auf alle Preise, auch auf Sonderfahrscheine. Das ist bisher noch nicht möglich.

Seit dem Fall des Rabattgesetzes probieren viele Anbieter - Handelskonzerne, Bahn, Lufthansa und die Deutsche Telekom - aus, was sich alles mit Kundenkarten machen lässt. Man kann Meilen bei der Lufthansa sammeln, die Deutsche Telekom verteilt, bald gemeinsam mit Karstadt-Quelle, „Happy-Digits", ein Bahncard-Besitzer bekommt nicht nur eine Ermäßigung auf den Fahrpreis, er kann auch an großen Bahnhöfen in einer Lounge auf den Zug warten und seine Fahrkarte an einem extra eingerichtenen Schalter lösen - ohne Warteschlange. Payback- und Karstadt-Kundenkarten kann man mit einer Kreditkarten-Funktion haben. Neben den großen Konzernen bieten insbesondere Textilhandelsketten wie Sinn Leffers oder der Schuhhändler Goertz Kundenkarten an. Wer etwa bei Goertz seine ec-Kartennummer speichern lässt, kann mit der Kundenkarte auch bezahlen.

Sonderaktionen für Kartenbesitzer

Der eigentliche Rabatt tritt dabei in den Hintergrund. In der Regel ist er mit einem bis höchstens fünf Prozent bei einem entsprechend hohen Umsatz auch relativ gering und oft schon einkalkuliert. So wollen die Handelshäuser die Verbraucher mit Prämien oder Eintrittskarten zu Sportveranstaltungen oder Konzerten locken. Kartenbesitzer bekommen bei Sonderaktionen Kupons zugestellt, die ihnen einen noch höheren Rabatt von 10 oder gar 20 Prozent bei bestimmten Produkten einräumen. Ein KarstadtQuelle-Kartenbesitzer wird zu einer Modenschau eingeladen oder darf vor einer Neueröffnung schon mal das neue Kaufhaus besichtigen.

„Auf den Rabatt kommt es gar nicht so an", sagt Verbraucherschützer Manfred Dimper. „Die Anbieter wollen, dass die Kunden immer wieder kommen." „Wir wollen unsere Kunden besser kennen lernen", heißt es etwa bei Karstadt-Quelle. Grundlage aller Rabatt- oder wie es inzwischen heißt „Kundenbindungssysteme", ist der Umsatz. Der wird in der Regel gespeichert, und dann gibt es irgendwann den entsprechenden Rabatt. Die Inhaber der Kundenkarten bekommen aber auch Werbung direkt zugestellt. Peek & Cloppenburg wirbt zum Beispiel damit, dass Kundenkartenbesitzer von Sonderangeboten früher erfahren. Wer dann einkauft, wird registriert. Und der Anbieter weiß, was den Kunden interessiert und kann noch gezielter werben. Schon mit den wenigen Daten, die auf Anmeldeformularen abgefragt werden, wie Alter und Geschlecht, kann die Marketingabteilung Kundenprofile erstellen.

Daten werden gesammelt

Zwar kann man bei den meisten Anträgen ablehnen, dass Daten gespeichert werden, doch vielen Anbietern erscheint es zu aufwendig, die Daten der Kunden, die zugestimmt haben, von den anderen zu trennen, und so werden munter Daten gesammelt, obwohl es nicht erlaubt ist. Konkrete Verstöße sind aber schwer nachzuweisen. Wer sich beschweren will kann das bei den Landesbeauftragten für Datenschutz tun. „Den meisten Leuten ist der Datenschutz nicht so wichtig", glaubt Manfred Dimper. Die Verbraucherschützer empfehlen,, die Preise gerade bei größeren Anschaffungen zu vergleichen und dann gebenenfalls doch zu handeln. Dimper: „In einem Fachgeschäft bei einem kompetenten Verkäufer lässt sich oft ein höherer Rabatt aushandeln als mit einer Kundenkarte."

NAME

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false