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Mindestlohn und Mehrwertsteuer: Post-Chef glaubt weiter an den Mindestlohn

Postchef Frank Appel fürchtet keine Folgen des Gerichtsurteils zum Mindestlohn, hat aber Angst um die Mehrwertsteuerbefreiung für Briefe

Frankfurt am Main - Frank Appel, der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Post DHL, sieht keine gravierenden Auswirkungen durch den gekippten Mindestlohn. „Die Auswirkungen des Mindestlohns auf den Wettbewerb werden signifikant überschätzt“, sagte Appel im Gespräch mit dem „Handelsblatt“. Das Bundesverwaltungsgericht hatte am vergangenen Donnerstag den Mindestlohn kassiert, den die Post 2007 in der Regierung durchgesetzt hatte. Danach hätten auch die Rivalen wie TNT oder Pin den Tarif zahlen müssen, den zuvor die Post und die Gewerkschaft Verdi ausgehandelt hatten. Dagegen hatten diese geklagt.

Die Post verdient derzeit ihr Geld noch im Wesentlichen im nationalen Briefgeschäft, das sie mit einem Marktanteil von 90 Prozent dominiert. Dabei genießt sie das Privileg, auf Briefe keine Umsatzsteuer abführen zu müssen. Doch auch dieser Schutzschild soll fallen. Die Regierung will das Steuerprivileg zumindest für Geschäftsbriefe streichen.

Während die Post-Spitze das Thema Mindestlohn offensichtlich weitgehend abgehakt hat, versucht sie, den Fall der Mehrwertsteuerbefreiung mit aller Macht zu verhindern und hat bereits mit einer Klage gegen den Bund gedroht. Das Unternehmen stelle Briefe an den entlegendsten Stellen der Republik zu (Universaldienst). Das müsse steuerlich berücksichtigt werden. „Die Politik muss sich die Frage stellen, was sie will. Will sie einen Universaldienst für alle Bürger und das zu gleichen Preisen für alle, dann muss der Post ein nachhaltiges Geschäftsmodell ermöglicht werden“, sagte Appel.

Doch diese Argumentation wird von Experten angezweifelt. „Da die Post heute nicht mehr gesetzlich verpflichtet ist, einen Universaldienst zu erbringen, gibt es auch keine vernünftige Begründung mehr für diese Mehrwertsteuerbefreiung“, meinte etwa Justus Haucap, der Vorsitzende der Monopolkommission.

Fest steht, dass die einstige Ertragsperle des Unternehmens immer stärker unter Druck gerät. Bereits im dritten Quartal 2009 war das Ergebnis vor Steuern und Zinsen (Ebit) in der Briefsparte um sechs Prozent auf 344 Millionen Euro gefallen. „Noch machen wir im Briefgeschäft zwar Gewinne, aber keiner weiß, wie lange“, sagte Appel. Das Volumen gehe zurück, der Aufwand bleibe aber gleich groß oder steige sogar, „was eine dramatische Reduktion der Erträge bedeutet“. Umso wichtiger ist es, die übrigen Sparten auf Wachstumskurs zu bringen. Doch das ist eine Herkulesarbeit. Im dritten Quartal 2009 sind die Umsätze in allen Sparten jenseits des Briefs deutlich gesunken. So brachen allein im Frachtgeschäft die Erlöse um 30 Prozent ein.

Immerhin hat es die Post geschafft, in der Expresssparte das negative Betriebsergebnis in einen kleinen Gewinn von elf Millionen Euro umzumünzen. In der Sparte Supply Chain brach das Ergebnis allerdings auf minus 81 Millionen Euro ein, nicht zuletzt wegen der Pleite des Großkunden Arcandor, die die Quartalsbilanz mit 141 Millionen Euro belastete.

Appel zeigte sich zuversichtlich, das Unternehmen wieder auf Wachstum drehen zu können: „Ich bin heute optimistischer als vor drei Monaten, dass es 2010 mit der Weltwirtschaft wieder aufwärtsgehen wird.“ Die Post werde 2010 Marktanteile dazugewinnen. Zugleich deutete er weitere Kostenmaßnahmen an. Die Post hat ihr bis Mitte 2010 geplantes Sparprogramm über eine Milliarde Euro bereits Ende 2009 erreicht. Analysten erwarten, dass das Management hier noch einmal draufsattelt.

Nach dem Verkauf der Postbank an die Deutsche Bank verfügte die Post Ende des dritten Quartals über eine Nettofinanzposition von 1,2 Milliarden Euro, hat also mehr liquide Mittel als Schulden. Das führt zu Spekulationen, was Konzernchef Appel mit dem Geld vorhat, doch größere Übernahmen sind offenbar nicht geplant. „Wir werden in Nischen zukaufen“, sagte Appel. Jens Koenen (HB)

Jens Koenen (HB)

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