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Wirtschaft: Mit Privatstraßen ist kein Geschäft zu machen

Pilotprojekt in Rostock rechnet sich noch nicht

Berlin – Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe will mehr privat finanzierte und betriebene Straßen. Damit soll der Staatshaushalt entlastet werden. Doch zehn Jahre nach dem Inkrafttreten des entsprechenden Gesetzes gibt es erst ein Projekt, das von einem privatwirtschaftlichen Konsortium realisiert worden ist, ein zweites ist im Bau. Seit Herbst 2003 zahlen Autofahrer für die Unterquerung der Warnow in Rostock Maut an ein Privatunternehmen. Und im kommenden Jahr ist die Eröffnung des nur teilweise mit Staatsmitteln finanzierten Travetunnels in Lübeck geplant.

Nach deutschem Recht können allerdings nur Brücken, Tunnel oder Gebirgspässe an Private vergeben werden wenn alle Nutzer später Maut zahlen sollen. Der Bau ganzer Autobahnstrecken beispielsweise, wie in der aktuellen Debatte befürchtet, kommt zur Zeit gar nicht in Frage. Laut Verkehrsministerium gibt es neben den Projekten in Rostock und Lübeck acht weitere Vorhaben, die in den nächsten Jahren ausgeschrieben werden sollen. Gesamtvolumen der Projekte rund 2,6 Milliarden Euro.

Das Geschäft wird aber in Deutschland nicht in Schwung kommen. Diese Meinung vertritt Matthias Herrmann, kaufmännischer Leiter der Warnowquerung GmbH. Hauptproblem sei das langwierige und nicht marktgerechte Genehmigungsverfahren für die Höhe der Maut. In Rostock zahlen Nutzer des Tunnels zwei Euro pro Fahrt. Die Betreiber würden aber gern Sondertarife und Rabattkarten für Vielfahrer, Pendler oder Großkunden anbieten. Doch das Gesetz sieht eine Gleichbehandlung aller Nutzer vor. „Wir sind nicht in der Lage, flexibel und nachfragegerecht zu reagieren“, sagt Herrmann. Hinzu kommt: Die Bundesländer bremsen massiv. Sie befürchten, die Hoheit über den Straßenbau zu verlieren. Dafür gibt es aber keinen Grund, sagt die Industrie. Nach 30 Jahren übernehmen Bund, Länder oder Gemeinden ohnehin die privat finanzierten Strecken.

Als Betreiber solcher Projekte treten zumeist Konsortien aus Baufirmen und Banken an: In Rostock sind es der französische Baukonzern Bouygues (30 Prozent) und die australische Finanzierungsgesellschaft ETI-Macquarie. Das Investitionsvolumen belief sich auf 215 Millionen Euro. In Lübeck kooperieren die Baufirmen Hochtief und Bilfinger Berger. Baukosten 161 Millionen Euro, davon 89 Millionen als staatlicher Zuschuss. Der so genannte Herrentunnel soll eine Brücke ersetzen. Die Maut wird voraussichtlich 50 Cent betragen.

Finanzieren müssen die Betreiber ihre Investitionen über Mauteinnahmen. Deshalb sind auch die erwarteten Nutzerzahlen von entscheidender Bedeutung dafür, ob sich ein Projekt privatwirtschaftlich rechnet oder ob der Staat darauf sitzen bleibt. Beispiel Rostock: Gerechnet hatten die Investoren mit täglich 20 000 Durchfahrten. Tatsächlich sind es bislang nur 8000 Autofahrer. Die Betreibergesellschaft tröstet sich mit den „üblichen Anlaufproblemen“.

Der geplante acht Kilometer lange Albaufstieg bei Mühlhausen, als Teilstück der A8, gilt mit mehreren Brücken und Tunneln als eines der interessantesten Projekte, die angeboten werden sollen. Denn das enorme Verkehrsaufkommen, sagt Herrmann, stehe schon jetzt fest. Deshalb werde die Autobahn ja auch ausgebaut. Unter solchen Bedingungen lassen sich die erwarteten Investitionen von 348 Millionen Euro natürlich sichererer kalkulieren. Bei anderen Projekten, die Minister Stolpe gern privat gebaut hätte, winkt die Bauindustrie allerdings ab: „Da schreibt der Bund nur die Ladenhüter aus“, heißt es. fo

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