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Wirtschaft: Mobilcom bricht zusammen

Großaktionär France Télécom macht Bundesregierung für Pleite mitverantwortlich – Bundeskanzler prüft Hilfen

Berlin (fo/Tsp). Die unvermeidbare Insolvenz des Mobilfunkanbieters Mobilcom hat zu einen heftigen Streit um die Verantwortung geführt. Das Management und Firmengründer Gerhard Schmid bereiten jeweils Schadenersatzklagen gegen France Télécom vor. Der französische Wirtschafts- und Finanzminister Francis Mer wies den Vorwurf zurück, der französische Staat als Mehrheitseigner von France Télécom habe Mobilcom fallen lassen. Für Mer sind die teuren UMTS-Versteigerungen in Deutschland Auslöser der Krise. Die Bundesregierung bietet dem in Zahlungsnot geratenen Unternehmen Hilfen an.

Das Tauziehen zwischen Großaktionär France Télécom und seiner deutschen Beteiligung Mobilcom (28,5 Prozent) um die Finanzierung der Expansion hat ein vorläufiges Ende. Der hochverschuldete französische Telekomkonzern drehte in der Nacht zum Freitag Mobilcom mit seinen 5400 Beschäftigten den Geldhahn zu. France Télécom zog seine beiden Vertreter aus dem Mobilcom-Aufsichtsrat umgehend ab. Zwar stellte Mobilcom am Freitag noch keinen Insolvenzantrag. Dies sei aber am Wochenende oder in der kommenden Woche wahrscheinlich, teilte ein Sprecher am Abend mit.

Die Nachricht vom Ende für Mobilcom mobilisierte in Deutschland Landes- wie Bundespolitiker. Am Sonntag will Wirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) mit Unternehmenschef Thorsten Grenz und dem Land Schleswig-Holstein nach Lösungen suchen. Die Banken werden zunächst nicht eingebunden. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) schließt zur Unterstützung von Mobilcom offenbar auch ein finanzielles Engagement der Bundesregierung nicht aus. Schröder sagte der „Neuen Presse“ in Hannover, die Bundesregierung werde alles in ihrer Macht stehende zur Rettung der Arbeitsplätze bei Mobilcom tun. „Wir sind bereit, uns zu engagieren. Zunächst bei der Erarbeitung von Konzepten. Dann wird man sehen, was darüber hinaus erforderlich und in der Sache geboten ist“, sagte Schröder. Dabei dürfe staatliches Handeln den Markt jedoch nicht verzerren, fügte er hinzu. Der Kanzler sagte weiter, er habe im Vorfeld der Entscheidung des Verwaltungsrats von France Télécom mit Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac in der Angelegenheit gesprochen, um eine Trennungsentscheidung zu verhindern. Das sei ihm aber nicht gelungen. Die französische Seite habe argumentiert, dass es Kleinaktionäre gebe, deren Interesse der Staat nicht einfach übergehen dürfe.

Mobilcom-Gründer Gerhard Schmid sieht die Ursachen für den Zusammenbruch ausschließlich bei France Télécom, dem Aufsichtsrat, der Politik und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. Bund und Land hätten sich zu spät eingeschaltet, die Aufsicht habe sich als „Papiertiger“ erwiesen, sagte Schmid, der rund 50 Prozent der Mobilcom-Aktien hält, in Hamburg. Der Aufsichtsrat habe nach seiner Entlassung nichts unternommen, „um die Zukunft des Unternehmens zu sichern“, sagte Schmid. Und France Télécom habe sich „ausschließlich getrieben von eigenen Interessen aus der Verantwortung gestohlen und Mobilcom behandelt wie eine koloniale Bananenplantage“.

Für fünf Millionen Mobilcom-Kunden bleibt der Betrieb im Mobilfunk-, Festnetz- und Internet-Bereich nach Firmenangaben vorerst uneingeschränkt bestehen. Auch Kunden der Tochterfirmen Cellway und Telepassport könnten weiter per Handy und Festnetz telefonieren sowie das Internet nutzen.

Wenn es Mobilcom gelingt, sich von dem Mühlstein UMTS zu trennen, sehen Experten gute Chancen für eine profitable Zukunft. Dazu müsste sich das Büdelsdorfer Unternehmen auf das Kerngeschäft, die Werbung von Kunden für andere Netzbetreiber, konzentrieren. Etwa 1000 Mitarbeiter sind heute im UMTS-Geschäft beschäftigt, das vor allem für den Schuldenberg von sechs Milliarden Euro verantwortlich ist. Durch das Insolvenzverfahren könnte Mobilcom sich von den Schulden befreien.

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