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© dpa

Mobilfunkfrequenzen: Datenautobahn in die Provinz

Heute beginnt die Auktion für Mobilfunkfrequenzen, mit denen ländliche Regionen Zugang zum schnellen Internet bekommen sollen. Derzeit besitzen nur rund 64 Prozent aller deutschen Haushalte einen schnellen Internetzugang über das Festnetz.

Thomas Jansen hat es geschafft. Seit Ende vergangenen Jahres hat er endlich einen schnellen Anschluss an die vernetzte Welt. „Das ist genial“, sagt der Stadtplaner. Die Telekom hat die ersehnte Internetleitung nach Blumenthal gelegt. Nun können die 762 Einwohner des Dorfes südwestlich von Wittstock im Internet surfen, ohne am langsamen Aufbau der Seiten zu verzweifeln. Und Stadtplaner Jansen muss seine Pläne nicht mehr mit dem Auto zu seinen Kunden fahren, er kann sie elektronisch schicken. Andere Dörfer in Brandenburg haben es nicht so gut getroffen.

Derzeit besitzen nur rund 64 Prozent aller deutschen Haushalte einen schnellen Internetzugang über das Festnetz. Das hat der Hightech-Verband Bitkom ermittelt. Während aber in den Großstädten praktisch jeder Haushalt Zugang zum schnellem Internet hat, sind viele ländliche Gebiete – gerade auch in Brandenburg – noch völlig ohne Anschluss. Der Grund: Es lohnt sich für die Telekommunikationsanbieter nicht, die teuren Leitungen dorthin zu verlegen, wo am Ende nur wenige Nutzer dafür bezahlen.

Die Bundesregierung möchte diese digitale Kluft zwischen Stadt und Land schließen. Die Lösung: Statt Leitungen teuer zu verlegen, sollen die ländlichen Gebiete per Funk ans weltweite Datennetz angeschlossen werden. Am heutigen Montag beginnt die Versteigerung der dafür nötigen Frequenzen in Mainz.

Vier Bewerber steigern mit: T-Mobile, Vodafone, O2 und E-Plus. Versteigert werden unter anderem Frequenzen aus dem Bereich um 800 Megahertz. Sie werden auch als „digitale Dividende“ bezeichnet, weil sie frei geworden sind, als die TV-Sender auf das digitale Fernsehen umgeschaltet haben. Die Frequenzen sind bei den Mobilfunkern begehrt, weil sie aus physikalischen Gründen zur Versorgung von großen Flächen besonders wirtschaftlich sind. Deshalb ist der Zuschlag für die digitale Dividende an Auflagen gekoppelt: Zunächst sind damit Gemeinden mit bis zu 5000 Einwohnern zu versorgen. Erst danach dürfen Ballungsräume mit höherem Ertragspotenzial erschlossen werden.

Das zur Auktion stehende Frequenzspektrum ist in verschiedene Blöcke unterteilt. Jeder Bewerber musste darlegen, wie viele Frequenzblöcke er maximal ersteigern möchte. Er erhält dafür eine bestimmte Anzahl Bietrechte. Wie lange die Auktion dauern wird, ist offen. Die letzte große Frequenzversteigerung im Jahr 2000 – damals ging es um die Lizenzen für UMTS – lief über 173 Runden und dauerte drei Wochen. Damals war allerdings erheblich weniger Spektrum im Angebot.

Klar ist nur, dass der Staat bei dieser Auktion nicht annähernd die 50 Milliarden Euro einnehmen wird, die er im Jahr 2000 erzielte. „Im besten Fall gehen die Schätzungen von fünf Milliarden Euro aus“, sagt Klaus von den Hoff von der Unternehmensberatung Arthur D. Little. „Wir rechnen eher mit 2,5 Milliarden Euro.“ Dass die Summe niedriger ausfalle als 2000, habe verschiedene Gründe: „Zum einen gab es 2000 einen Hype, der keine Grenzen des Wachstums in der Telekommunikation erkennen ließ. Das ist heute anders.“ Zum anderen gibt es nur vier Bieter, und die Auflagen, die an die Vergabe geknüpft sind, sind hoch.

Doch leer ausgehen wird der Staat nicht: Die Frequenzblöcke reichen nicht für alle vier Anbieter. Das könne den Preis wiederum in die Höhe treiben, meint von den Hoff. Und: „Bis zum Jahr 2025 wird es keine weitere Auktion geben“, sagt von den Hoff. „Es ist also die letzte Chance – und Frequenzen sind Mangelware.“

Die Netzbetreiber brauchen mehr Spektrum, weil mobiles Surfen beliebter wird. „Wir gehen davon aus, dass der mobile Datenverkehr bis zum Jahr 2015 um den Faktor 32 steigen wird, er wird sich also explosionsartig entwickeln“, sagt von den Hoff. Zum einen gibt es immer mehr Anwendungen, die hohe Bandbreiten erfordern – etwa Videos. Zum anderen gibt immer mehr Geräte, die mobiles Surfen attraktiv machen. „Wir erwarten, dass bis 2015 rund 60 Prozent aller Handys in Europa Smartphones sind“, sagt von den Hoff. Doch nicht alle freuen sich, dass die Netzbetreiber bald auf noch mehr Frequenzen funken können. Die Rundfunkanstalten haben sich lange gewehrt, ihre frei werdenden Frequenzen herzugeben. Nun befürchten sie, dass die neue Mobilfunktechnik LTE (Long Term Evolution), die Nachfolgerin von UMTS, Störungen bei anderen Funkdiensten wie etwa dem terrestrischen Digitalfernsehen (DVB-T) verursacht. Um dies abschließend in der Praxis zu testen, sei die LTE-Technik noch nicht weit genug entwickelt, sagt auch Michael Bobrowski vom Bundesverband der Verbraucherzentralen.

Das von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten finanzierte Institut für Rundfunktechnik (IRT) hat LTE-Messungen durchgeführt. „Dass es Störungen geben wird, ist unstrittig“, sagt Jochen Mezger, Leiter der Abteilung Programmverbreitung. „Nur das Ausmaß ist noch unklar.“ Wenn ein Nachbar die LTE-Technik nutzt, könne es gut sein, dass das eigene Fernsehbild massiv gestört werde. „Die Störungen sind ein völlig ungelöstes Problem, das der Netzagentur ziemlich egal zu sein scheint“, kritisiert Bobrowski. Der Verbraucherschützer fordert, dass, bevor die neuen Frequenzen genutzt werden, zumindest die Verantwortung für mögliche Störfälle festgelegt wird. „Es muss klar sein, dass der Verursacher dafür aufkommt, eine Störung zum Beispiel mit einem speziellen Filter zu beheben, und nicht etwa der Verbraucher selbst“, sagte Bobrowski.

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