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Wirtschaft: Montis Geheimniskrämerei

Wie verlief eigentlich die Anhörung im EUWettbewerbsverfahren gegen Microsoft? Außer Karen Williams, auf Kommissionsseite für das Verfahren verantwortlich, kann dies wohl offenbar niemand sagen.

Wie verlief eigentlich die Anhörung im EUWettbewerbsverfahren gegen Microsoft? Außer Karen Williams, auf Kommissionsseite für das Verfahren verantwortlich, kann dies wohl offenbar niemand sagen. Denn die Anhörungen selbst waren nicht öffentlich, obwohl sie den Höhepunkt des bislang bedeutendsten Verfahrens der EUWettbewerbskommission bildeten. Alle Beteiligten hielten sich an die Nachrichtensperre, obwohl es für das Schweigegebot keine Grundlage gab.

Viel bedenklicher als der Ausschluss der Öffentlichkeit scheinen jedoch die Befragungen anonymer Zeugen zu sein. Den Beteiligten steht es nämlich frei, sich unter Ausschluss des beschuldigten Unternehmens befragen zu lassen. Die Art der Zeugenvernehmung gehört seit langem zum Arsenal der Kommission, wenn sie angeblichen Wettbewerbsverstößen auf der Spur ist. Es sei, so die Wettbewerbsbehörde, ein sehr nützliches Mittel der Informationsbeschaffung.

Allerdings muss eine freie Gesellschaft immer auch das Interesse an der Verfolgung abwägen mit den Prinzipien eines fairen Verfahrens, zu denen auch das Recht auf eine effektive Verteidigung gehört. Zeugen bleiben in der Regel nur anonym, wenn Fragen der nationalen Sicherheit oder der Schutz von Leib und Leben der Befragten dies gebieten – wie etwa beim Haager Kriegsverbrechertribunal.

Wie skrupellos Microsoft nach Aussage einiger Kritiker aber auch immer gehandelt haben soll, es geht schlicht zu weit, das Software-Unternehmen in Sachen Rücksichtslosigkeit in einen Topf mit Leuten wie Slobodan Milosevic zu werfen. Dagegen gibt es viele Gründe, warum Beteiligte sich über Microsoft beschweren möchten und dabei von Eigeninteresse gefärbte Aussagen gegen das Unternehmen abgeben können. Nicht immer dürfte dies für die Wettbewerbskommission ersichtlich sein. Kein Unternehmen kann sich aber angemessen verteidigen, wenn es über die Person des Beschwerdeführers im Unklaren gelassen wird.

Wenn Wettbewerbskommissar Mario Monti seine Behörde tatsächlich zu einem Regulierer von Weltrang machen will, gehören auch Verfahrensgrundsätze von Weltrang dazu. Mit anonymen Zeugenvernehmungen und Anhörungen hinter verschlossenen Türen ist er davon weit entfernt.

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