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Neue TV-Landschaft: Zwei Senderfamilien gehören zwei Verlagskonzernen

Wer in Deutschland den Fernseher einschaltet, hat bundesweit die Wahl unter mehr als 30 frei empfangbaren Programmen. Trotz dieser großen Auswahl, die regional noch wesentlich größer sein kann, landet fast die Hälfte aller Zuschauer bei einer der beiden großen privaten Senderfamilien.

Hamburg (05.08.2005, 14:29 Uhr) - ProSiebenSat.1 und die RTL-Gruppe haben mit ihren Sendern zusammen einen Marktanteil von fast 50 Prozent, bei der werbewirtschaftlich interessanten Altersgruppe der 14- bis 49-Jährigen sind es über 60 Prozent. Wenn das Bundeskartellamt nicht noch interveniert, wird nach RTL auch ProSiebenSat.1 einem Verlagskonzern, der Axel Springer AG, gehören.

Mit der am Freitag verkündeten Übernahme von ProSiebenSat.1 durch Springer entsteht nach Bertelsmann der zweite integrierte Medienkonzern mit starker Position sowohl auf dem Print- als auch TV- Markt. Deutschlands größter Zeitungsverlag («Bild», «Die Welt», «Hörzu») hat dann auch das Sagen bei ProSieben, Sat.1, Kabel 1 und N24. In einer ähnlichen Lage ist die Bertelsmann AG, der nicht nur Europas größter Zeitschriftenverlag Gruner + Jahr («Stern», «Geo», «Brigitte») gehört, sondern auch mehrheitlich die RTL-Gruppe mit den Sendern RTL, RTL II, Super RTL, Vox und n-tv.

Während es für die bisherigen Investoren um Haim Saban wohl vor allem um eine profitable Anlage auf Zeit ging, verfolgt Springer offensichtlich eine längerfristige Strategie. Mit dem Fernsehgeschäft bekommt der Verlag ein zweites Standbein neben dem Printsektor, wo die Auflagenzahlen in den vergangenen Jahren rückläufig waren und besonders die Rubrikenanzeigen Inserenten an das Internet verloren. Hinzu kommen Möglichkeiten der Mehrfachvermarktung in den verschiedenen Medien («cross-media»).

Das Bundeskartellamt will sich einige Monate Zeit lassen für die Prüfung, ob durch die Übernahme eine marktbeherrschende Stellung entsteht. Auch die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK), die regelmäßig die Entwicklung bei den Privatsendern prüft, wird die neue Situation unter die Lupe nehmen. Die KEK hat vor allem darauf zu achten, ob durch die Fusion eine «vorherrschende Meinungsmacht» entsteht.

Diese Frage haben die Gewerkschaften bereits bejaht. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) sprach sofort von einem «Meinungsmonopol mit gewaltigem Einfluss auf die öffentliche Meinung» und appellierte an das Bundeskartellamt, der Übernahme nicht zuzustimmen. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi verlangte eine «Begrenzung von Meinungsmacht» in Form von Regelungen der Konzentrationskontrolle für die gesamte Medienwirtschaft.

Bei Springer ist man zuversichtlich, dass das Milliardengeschäft mit ProSiebenSat.1 die Hürde Kartellamt nehmen kann. Schließlich gibt es das Beispiel Bertelsmann. (Von Klaus Koch, dpa)

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