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Wer muss seinen Hut nehmen? Die Gewerkschaft IG Bau hat Widerstand gegen einen Stellenabbau angekündigt. Foto: dpa

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Wirtschaft: Neue Versprechen bei Hochtief

Der frisch gewählte Vorstandschef Verdes weist Gerüchte um eine Zerschlagung des Baukonzerns zurück.

Berlin - Der neue Hochtief-Chef Marcelino Fernandez Verdes versuchte am Dienstagabend in Essen die Gemüter zu beruhigen: Kurz nach seiner Wahl durch den Aufsichtsrat erklärte der vom spanischen Mutterkonzern ACS entsandte Manager zwar, dass er Hochtief profitabler machen wolle. Eine Zerschlagung oder Filetierung aber sei und werde „kein Element der Strategie“ sein. Hochtief werde ein börsennotiertes deutsches Unternehmen mit Sitz in Essen bleiben. Damit reagierte der 57-Jährige Manager, der als enger Vertrauter des ACS-Chefs Florentino Pérez gilt, auf die Gerüchte um die Zukunft des deutschen Baukonzerns, die der überraschende Führungswechsel ausgelöst hatte. Auch der Chef der Gewerkschaft IG Bau, Klaus Wiesehügel, der Mitglied des Hochtief-Aufsichtsrats ist, betonte, eine Zerschlagung des Konzerns sei „weder geplant noch tatsächlich möglich“. Die Arbeitnehmervertreter in dem Kontrollgremium hatten ebenfalls geschlossen für Verdes gestimmt.

Wie die neue Strategie des spanischen Managers aussehen soll, der den bisherigen Vorstandschef Frank Stieler nach nur anderthalb Jahren an der Hochtief-Spitze ablöst, blieb am Dienstagabend offen. Die Pläne würden innerhalb der nächsten „drei bis vier“ Monate vorgelegt, hieß es.

Auch ACS beteuerte, die Veränderungen in der Hochtief-Führung hätten keinen Einfluss auf die Art der Zusammenarbeit mit der Essener Tochter. Der spanische Baukonzern hatte seinen Anteil an Hochtief in den vergangenen Jahren kontinuierlich aufgestockt und hält nun mit 54 Prozent die Mehrheit. Seit Mai 2011 sitzen drei direkte ACS–Vertreter im Aufsichtsrat. Am Dienstag erklärte Hochtief nun, dass auch das Kontrollgremium einen neuen Chef bekommt: Thomas Eichelmann wird Nachfolger von Manfred Wennemer, der sein Amt als Vorsitzender zum Jahresende niederlegt. Auch diese Wahl sei einstimmig erfolgt, teilte Hochtief mit.

Aktionärsschützer blieben auch nach den beruhigenden Ankündigungen in Essen skeptisch. Der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Marc Tüngler, nannte die Aussagen der Konzernspitze eine „Beruhigungspille“, die nicht zuletzt für die Arbeitnehmer bestimmt sei. Man dürfe derartige Äußerungen nicht überbewerten, schließlich seien sie vor Gericht nicht einklagbar, sagte er.

Denn die Renditehoffnungen durch die Hochtief-Übernahme haben sich für ACS bisher nicht erfüllt. Nach dem Übernahmekampf hatten die im M-Dax notierten Titel kräftig gelitten und so in den vergangenen zwei Jahren rund 40 Prozent an Wert eingebüßt. Zudem schreibt der spanische Baukonzern, der schwer von der Immobilienkrise in seinem Heimatmarkt getroffen wurde, tiefrote Zahlen und hat mittlerweile mehr als neun Milliarden Euro Schulden angehäuft. Ein Verkauf von so lukrativen Unternehmensteilen wie der Hochtief-Töchter Leighton in Australien oder Turner in den USA könnte wieder Geld in die Kassen der Spanier spülen.

Auch Analysten rechnen damit, dass die Spanier bald Teile von Hochtief veräußern könnten. Aufgrund der angespannten Finanzsituation des Großaktionärs ACS wachse die Wahrscheinlichkeit von Verkäufen von Vermögensteilen bei Hochtief mit möglicherweise nachfolgenden Sonderausschüttungen, schrieb Hans-Peter Kuhlmann, Analyst bei der Landesbank Baden-Württemberg. Dies müsse nicht negativ für die freien Aktionäre sein, solange auf einen fairen Verkaufspreis geachtet und die langfristige Ertragskraft nicht belastet werde. Allerdings ist es Experten zufolge fraglich, ob es dem Konzern gelingt, hohe Preise für seine Beteiligungen zu erzielen. Bisher stockt bereits die schon längst beschlossene Veräußerung der Flughafenbeteiligungen, etwa in Hamburg oder Athen, sowie die Trennung von der Immobilientochter Aurelis. Ein Verkauf von Unternehmensteilen unter Marktwert könnte die Hochtief-Aktie noch weiter unter Druck bringen.

Zudem gibt es Spekulationen um einen Umbau des schwächelnden Europa-Geschäfts, der auch die Gewerkschaften besorgt. Die „Wirtschaftswoche“ hatte berichtet, dass auf Druck des spanischen Großaktionärs ACS bei Hochtief in Deutschland rund 700 Stellen gestrichen werden sollen. Ein Unternehmenssprecher hatte am Dienstag jedoch erklärt, es seien keine Beschlüsse zu einem Personalabbau gefasst worden. Auch Wiesehügel sagte: „Es gibt keine Aussagen, dass Arbeitsplätze wegfallen sollen.“ Man müsse aber abwarten, welche Strategie der Vorstand nun ausarbeite. mit dapd/rtr

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