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Wirtschaft: Neue Zumutungen für Bauern und Beamte?

Politiker von SPD und Grünen arbeiten an neuen Streichlisten – die EU-Kommission droht mit neuen Auflagen

Berlin (asi/fw/mot). Mit seinem Vorschlag, zur Rettung der leeren öffentlichen Kassen den Sparerfreibetrag ab 2005 abzuschaffen, ist Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) nicht nur in den eigenen Reihen auf Ablehnung gestoßen. Die Koalitionsfraktionen bereiten sich gleichwohl darauf vor, mit weiteren Sparvorschlägen Milliardenlöcher in den Haushalten des Bundes ab 2005 zu stopfen – unabhängig davon, ob Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) wirklich vorhat, sein Kabinett hinter einem neuen Konsolidierungsprogramm zu versammeln.

Nach mehreren Treffen der Haushaltsexperten von SPD und Bündnis 90/Die Grünen in den letzten Wochen hieß es am Dienstag, man sei sich einig, die Neuverschuldung des Bundesetats 2005 „so gering, wie es irgendwie geht“ zu halten. Angesichts sinkender Steuereinnahmen rechnen die Haushaltspolitiker damit, dass die Defizite im Bundeshaushalt weit größer werden als geplant. EUHaushaltskommissarin Michaele Schreyer drohte für diesen Fall indirekt mit weiteren Schritten im Defizitverfahren gegen Deutschland: „Der Stabilitätspakt ist nicht tot, die Kommission ist weiterhin die Hüterin des Paktes“, sagte sie dem Tagesspiegel.

Nur wenige Tage vor der offiziellen Steuerschätzung, die wahrscheinlich – auch nach erster Einschätzung von Finanzminister Hans Eichel – neue Milliardenlöcher in den Finanzplanungen von Bund, Ländern und Gemeinden vorhersagen wird, ist der Streit um den richtigen Kurs in der Finanzpolitik damit voll entbrannt: Um mehr Geld zu sparen, wollen die Parlamentarier erneut zum Abbau verschiedener Subventionen aufrufen. Völlig offen ist dabei allerdings, wer sie beim Sparen noch unterstützt. Denn sowohl der Bundesfinanzminister als auch die Fraktionsspitzen haben andere Pläne: Insbesondere solche Subventionen, die kleinere Verdiener und Rentner treffen – wie den von Clement zur Disposition gestellten Sparerfreibetrag – wollen die Koalitionsabgeordneten aus politischen Gründen in diesem Sommer und Herbst nicht zur Debatte stellen.

Bei den Haushältern hieß es dagegen, man wolle „alle bekannten Ausgaben wieder aufrufen“. Dies betreffe den Sparerfreibetrag genauso wie Subventionen im Agrar- und Umweltbereich. Auch die Verlängerung der Arbeitszeit von Bundesbeamten auf 40 oder sogar 41 Wochenstunden müsse erneut geprüft werden. Bei den Subventionen wollen vor allem die Grünen die staatlichen Hilfen für Flugbenzin und bei grenzüberschreitenden Flügen anpacken. Auch die bisher fast völlig verschonten Landwirte müssten bei der nächsten Runde Opfer bringen, heißt es. Die Bauern waren bei der letzten Sparrunde zwischen Regierung und Opposition im Dezember 2003 auf Wunsch der CDU/CSU fast völlig von den Subventions-Streichlichsten verschont geblieben.

Protest gegen Steuerpflicht für Sparer

Die Deutsche Steuer-Gewerkschaft lehnt die vom Bundeswirtschaftsminister geforderte Streichung des Sparerfreibetrages (siehe Lexikon, Seite 18) ab. „Wenn künftig jeder ersparte Euro versteuert werden müsste, käme viel Kleinkram auf unsere Steuerbehörden zu“, sagte der Gewerkschaftsvorsitzende Dieter Ondracek dem Tagesspiegel. Der bürokratische Aufwand rechtfertige die Steuermehreinnahmen nicht. „Viele Arbeitnehmer müssten sich wegen ihrer kleinen Ersparnisse zur Einkommensteuer veranlagen lassen“, warnte Ondracek. Zugleich sei zu befürchten, dass bei einem Wegfall des Freibetrages „sofort über eine Anhebung der Werbungskostenpauschale diskutiert würde“, sagte Ondracek.

Auch das Deutsche Aktieninstitut (DAI) bezeichnete den Sparerfreibetrag als ein „wichtiges Element der Steuervereinfachung“, das erhalten werden müsse. Clements Sparvorschlag sei nicht hilfreich. „Er schadet dem Bürger, bläht die Bürokratie auf und entlastet den Staatshaushalt kaum“, sagte DAI-Leiter Rüdiger von Rosen. Dagegen verteidigte der Wirtschaftsweise Peter Bofinger den Plan: Es sei nicht vernünftig, Sparen zu subventionieren, wenn man gleichzeitig den Konsum ankurbeln wolle, sagte er.

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