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Wirtschaft: Neuer Umweltminister überholt Trittin

Gabriel will, dass die erneuerbaren Energien bis 2020 ein Viertel des Strombedarfs decken

Berlin - Die erneuerbaren Energien können im Jahr 2020 bereits ein Viertel des deutschen Strombedarfs decken. Das geht aus einer Studie hervor, die Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) am Donnerstag in Berlin vorgestellt hat. Insgesamt sollen demnach 150 Terawattstunden aus Sonne, Wind, Wasser, Biomasse und Erdwärme gewonnen werden. Das wäre dreimal so viel wie heute. „Der dynamische Ausbau der erneuerbaren Energien wird sich weiter fortsetzen“, sagte Gabriel. Die Kosten zu ihrer Förderung sollen hingegen leicht steigen.

Mit der Studie gibt sich das Bundesumweltministerium noch optimistischer als die alte rot-grüne Bundesregierung. Diese hatte sich bis 2020 lediglich 20 Prozent erneuerbare Energien als Ziel gesetzt. Derzeit liegt deren Anteil an der deutschen Stromerzeugung bei zehn Prozent. Allerdings war die Studie, die das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt, das Wuppertal-Institut für Klima, Umwelt und Energie sowie das Zentrum für Sonnenenergie und Wasserstoffforschung erstellt haben, noch unter Gabriels Vorgänger Jürgen Trittin (Grüne) in Auftrag gegeben worden.

„Die erneuerbaren Energien sind heimische Energien“, erklärte Gabriel. „Sie leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit.“ Nach dem russisch-ukrainischen Gas-Streit war die deutsche Energieversorgung wegen ihrer starken Abhängigkeit vom Ausland stark in die Kritik geraten. Die Union hatte daraufhin längere Laufzeiten für die deutschen Kernkraftwerke gefordert.

Diesem Ansinnen erteilte Gabriel erneut eine Absage. Die vorgelegte Studie belege, dass Deutschland auf die Kernkraft mit ihren 140 Terawattstunden pro Jahr nicht angewiesen sei. „Unsere anspruchsvollen Klimaziele können wir auch ohne die Kernenergie erreichen“, sagte Gabriel. Demnach würden durch die erneuerbaren Energien im Jahr 2020 insgesamt 110 Millionen Tonnen des Treibhausgases CO2 eingespart. Zum Vergleich: Heute sind es 50 Millionen Tonnen. Die Zahl der Arbeitsplätze in der Branche soll sich von derzeit 130 000 bis 2020 verdoppeln. Gabriel zufolge sind in der Atomwirtschaft dagegen nur 30 000 bis 40 000 Menschen beschäftigt.

Die Kosten für den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien beziffert die Studie mit maximal 2,80 Euro im Monat für einen durchschnittlichen Drei-Personen-Haushalt. „Das ist absolut vertretbar“, erklärte Gabriel. Derzeit bezahlen die Verbraucher über ihre Stromrechnung monatlich 1,50 Euro für die Förderung der erneuerbaren Energien. Gabriel zufolge werden die Kosten wegen der zunehmenden Effizienz aber schon ab 2015 wieder sinken. Langfristig hätten die erneuerbaren Energien sogar eine preisdämpfende Wirkung. Die wahren Preistreiber seien die Stromkonzerne, die im europäischen Vergleich viel zu hohe Netznutzungsentgelte verlangten.

Die Branche der erneuerbaren Energien kritisierte die Ergebnisse der Studie. „Die Autoren gehen von einem viel zu moderaten Strompreisanstieg aus“, hieß es. Würde man hingegen die starken Erhöhungen der vergangenen Monate fortschreiben, wären die erneuerbaren Energien schneller wettbewerbsfähig als prognostiziert. Auch die Autoren selbst räumten ein, dass ihre Annahmen „sehr konservativ“ seien. Umweltminister Gabriel rechtfertigte dieses Vorgehen jedoch: „Andernfalls hätte man die Studie leicht diskreditieren können.“

Kritik von der etablierten Stromwirtschaft kam dennoch. Die Effizienz der Förderung erneuerbarer Energien müsse gesteigert werden, forderte der Verband der Elektrizitätswirtschaft (VDEW).

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